Wien. (jm) Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) ist optimistisch, das Schulautonomiepaket der Regierung vor dem Sommer durch das Parlament zu bringen. Mit dem Koalitionspartner gebe es zwar "unüberbrückbare Hindernisse", wie sie meint. Dennoch geht Hammerschmid davon aus, "dass wir das schaffen".

Die Grünen ließen am Mittwoch hingegen offen, ob sie dem Schulautonomiepaket der Regierung zustimmen werden oder nicht. SPÖ und ÖVP brauchen die Stimmen der Grünen, um die Materie umzusetzen. Am Sonntag endete jedenfalls die Frist für Stellungnahmen zum Schulautonomiepaket der Regierung, was die Grünen abgewartet haben. Die Partei möchte nachverhandeln.

"Wir sind in Gesprächen", sagte Grünen-Klubchefin Eva Glawischnig. Für die Ökopartei sind noch Hürden zu bewältigen. "Unser Wunsch ist es schon, hier etwas zustandezubringen", so Glawischnig.

Bund-Länder-Problem


Weit weniger Freude mit den Reformplänen der Unterrichtsministerin hat der Initiator des Bildungsvolksbegehrens 2011, Hannes Androsch. Mit den darin eingeflossenen Kompromissen sei die ursprünglich "beachtliche Reform" nun "bis zur Unkenntlichkeit verwässert worden", so Androsch am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Dafür macht er unter anderem die zaghaften Regierungsparteien verantwortlich, die der Lehrergewerkschaft eine Macht beimessen, die sie nicht hat.

"Wir haben weiter ein Kompetenz-Wirrwarr", so Ex-Rechnungshof-Chef Josef Moser, derzeit Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria. Nach wie vor seien im Schulwesen Bund, Länder und Gemeinden eingebunden, trotz der Schulcluster solle es weiter Schulsprengel geben. Auch die neuen Bildungsdirektionen wären ein Rückschritt: "Derzeit ist wenigstens der Landesschulrat eine unmittelbare Bundesbehörde." Die als gemischte Bund-Länder-Behörde eingerichteten Bildungsdirektionen gingen dagegen weg von klaren Zuständigkeiten. Das zeige sich etwa an der Person des vom Minister auf Vorschlag des Landeshauptmanns ernannten Bildungsdirektors, der Weisungen sowohl vom Bildungsminister als auch von Landesseite bekommen könne. "In dieser Kaskade wird sich jeder Bildungsdirektor schwertun, seine Aufgaben im Sinne der Schüler zu erledigen."

Auch der Buchautor und Ex-"Kurier"-Schüleranwalt Andreas Salcher kritisierte das Abrücken von den ursprünglichen Vorhaben. "Was 2015 angekündigt wurde, ist nicht einmal mehr in homöopathischen Dosen erkennbar." Sämtliche systemverändernden Elemente wie eine verpflichtende laufende Lehrerfortbildung am Standort, die unabhängige Bestellung von Direktoren sowie Einstellung und Kündigung von Lehrern durch den Schulleiter seien nicht mehr enthalten. Außerdem seien das aktuelle Lehrerdienstrecht und Schulautonomie unvereinbar, für die Pädagogen brauche es ein selektives Aufnahmeverfahren samt ständiger Weiterbildung und leistungsorientierter Bezahlung.

Sowohl Androsch als auch Salcher forderten ein Abgehen von der Aufrechterhaltung kleiner Schulstandorte. Man könne nicht gleichzeitig 2000 Schulen mit weniger als 100 Schülern aufrechterhalten und neue Schulen in den wachsenden Ballungsräumen bauen, so Salcher.

"Verhöhnung der Teilnehmer"


Der Sprecher der von der ÖVP gestellten Landesschulratspräsidenten, der Oberösterreicher Fritz Enzenhofer, wirft Bildungsministerin Hammerschmid die "Verhöhnung" der Teilnehmer an der Begutachtung des Schulautonomiepakets der Regierung vor. Die Ministerin hatte wiederholt angekündigt, die Eckpunkte der Reform trotz Kritik unverändert zu lassen.

"Die Begutachtungen zu ignorieren, ist eine Verhöhnung aller, die sich damit beschäftigt haben", so Enzenhofer zur Austria Presse Agentur. Er selbst habe sich anstrengen müssen, die zahlreichen, von Experten seines Hauses aufgelisteten Punkte zusammenzufassen. "Das ist unheimlich komplex. Jetzt zu sagen, das interessiert mich nicht, ist ein starkes Stück." Aus Hammerschmids Vorgehen weht für Enzenhofer der "Geist des Zentralismus": "Man spricht von Autonomie und sagt in Wirklichkeit: Ich habe die Macht und ignoriere alles andere."