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Studiengebühren versus "Stipendien für alle"

Von Pia Feiel

Politik

Bei der ÖH-Wahl von 16. bis 18. Mai soll Wahlbeteiligung wieder steigen.


Wien. "Es keat oanfach viel mehr gwÖHlt!" Mit diesem Slogan wirbt die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) für die bevorstehenden ÖH-Wahlen. Podiumsdiskussionen und eine Kooperation mit dem Politik-Blog Neuwal.com sollen helfen, die bei der vergangenen Wahl mit 25,9 Prozent sehr geringe Beteiligung anzuheben. Der bundesweiten Wahl von 16. bis 18. Mai stellen sich insgesamt neun Fraktionen (siehe Kasten), rund 330.000 Studenten an Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Privatunis und der Donau-Uni Krems sind wahlberechtigt, das sind um rund 5000 mehr als bei der vergangenen ÖH-Wahl 2015.

Die verschiedenen Fraktionen widmen sich im ÖH-Wahlkampf sehr ähnlichen Themen: Studienplatzfinanzierung, freier Hochschulzugang, leistbares Wohnen, preiswerte Öffi-Tickets, Gleichberechtigung. Die Meinungen und Forderungen dazu sind freilich oft konträr: Während die linken Fraktionen traditionsgemäß gegen jede Form der Zugangsbeschränkung eintreten, haben die Junos (die früheren Julis, die nun Teil der Neos sind) mit der Forderung nach Studiengebühren auf sich aufmerksam gemacht. Ihr Drei-Punkte-Konzept zur Finanzierung österreichischer Hochschulen umfasst neben verstärkten Investitionen in Bildung und Erhöhung der Drittmittel-Finanzierung auch einen Beitrag der Studierenden. Dieser soll maximal 500 Euro pro Semester ausmachen und mittels staatlichen Bildungsdarlehens finanziert werden, das jeder Student nach Abschluss des Studiums schrittweise zurückzahlt.

Anders sieht man das beim sozialistischen VSStÖ: "Eine Zugangsbeschränkung ist in jeder Form eine Abschreckung", stellt Sandra Velebit, Spitzenkandidaten an der Universität Wien, fest. Auch Frederike Schuh, bundesweite Spitzenkandidatin der kommunistischen KSV-LiLi sieht das ähnlich und bezeichnet Eignungstests und Studiengebühren als "Vorselektion" darüber, "wer mitspielen darf im Uni-Game".

Billigere Öffi-Tickets und Studenten-WG im Gemeindebau

Bei der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft (AG) wiederum steht ein anderer Aspekt der Finanzierung des Studentenlebens im Zentrum: die Mobilität. Die AG fordert 360 Euro im Jahr für ein österreichweites Studententicket. Auch eine Erhöhung der Studentenheimförderung und Zugang zum sozialen Wohnbau sollen das studentische Budget entlasten. "Ich sehe nicht ein, warum ein Peter Pilz in einer Gemeindewohnung wohnen kann, eine Studenten-WG aber nicht", argumentierte Alexander Grün, Spitzenkandidat an der Universität Wien, jüngst bei einer Podiumsdiskussion im Audimax in Anspielung auf die Wohnung des grünen Abgeordneten im Goethehof in Wien-Donaustadt.

Die grünen Studenten (Gras) fordern in puncto finanzielle Unterstützung "Stipendien für alle" in Form eines monatlichen Grundstipendiums von 844,46 Euro für jeden Studierenden. Finanziert werden soll das durch den Wegfall der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags sowie durch eine Entlastung des Arbeitsmarkts, da Studenten bei einem gesicherten Grundeinkommen ihre (oft geringfügige) Erwerbstätigkeit neben dem Studium niederlegen würden, was wiederum für einen rascheren Abschluss sorgen könnte.

Soll die ÖH nur innerhalbder Universitäten mitreden?

Auch in der Frage, inwieweit die ÖH sich auch in Belange außerhalb des Hochschullebens einmischen darf und soll, herrscht unter den Fraktionen Uneinigkeit. "Die ÖH wird von der Regierung nicht mehr ernst genommen, weil sie sich nicht auf Hochschulprobleme konzentriert", warnt Johanna Wallner, die für die Junos auf Hochschulebene an der Universität Wien kandidiert. Sie verlangt "klare Konzepte" und "eine Erneuerung der ÖH". Ein Wegfall der ÖH-Pflichtmitgliedschaft aller Studierender würde einen größeren Anreiz schaffen, gute Politik zu machen, ist sie überzeugt.

Durch die automatische ÖH-Mitgliedschaft ist grundsätzlich jeder und jede an einer Universität Inskribierte wahlberechtigt, sofern der Semesterbeitrag von 19,20 Euro (ÖH-Beitrag und Versicherung) fristgerecht bis 28. März eingezahlt wurde. Auch ausländische Studenten, die in Österreich studieren, dürfen an der ÖH-Wahl teilnehmen. Für Studenten, die im Wahlzeitraums nicht anwesend sein können, besteht die Möglichkeit einer Briefwahl. Ende der Antragsfrist dafür ist der 9. Mai.

Anders als die FPÖ bei der Gemeinderatswahl in Wien gilt der FPÖ-nahe Ring Freiheitlicher Studierender (RFS) unter den Studenten als Außenseiter. Der RFS versteht sich als "einzige Alternative gegen die linksextreme ÖH". In seinem Wahlkampfprogramm finden sich nicht nur Forderungen nach einem österreichweiten Öffi-Ticket und Kindergärten an den Hochschulen, sondern auch nach einem Verschleierungsverbot. Weiters spricht sich der RFS gegen die mittlerweile an vielen Universitäten verpflichtende gendergerechte Sprache in wissenschaftlichen Arbeiten aus. Vor allem der RFS klagt im Vorfeld der Wahl über Beschädigungen und Entfernungen seiner Wahlplakate und hat zu deren Schutz gar eine private Sicherheitsfirma engagiert.

19 junge Männer bilden eine antifeministische Spaßpartei

Auf Bundesebene am Start ist auch die antifeministische Partyfraktion No Ma’am (deren Name stammt aus der TV-Serie "Eine schrecklich nette Familie"): "Wir von No Ma’am sind (partei)unabhängig. Unsere Hauptverpflichtung sehen wir darin, uns um das leibliche Wohl und den Spaß der Studenten zu kümmern", heißt es auf www.no-maam.at - dabei machen die 19 männlichen Mitglieder der Spaßpartei auch keinen Hehl daraus, dass ihnen Studenten und Hochschulpolitik relativ egal sind.

Ob sich auch nach dieser ÖH-Wahl wieder eine Koalition der linken Gruppierungen ausgehen wird, ist ungewiss. Der Verzicht der Fraktion engagierter StudentInnen (FEST) auf eine Kandidatur bei den bundesweiten Wahlen und die innerparteilichen Konflikte der Grünen mit ihrer Parteijugend machen es spannend. Die Gras-Wahlwerber in Wien geben sich jedenfalls zuversichtlich. Sie wollen sich lieber auf Inhalte und Hochschulpolitik als auf die Abspaltung der Jungen Grünen konzentrieren. Marie Fleischhacker, seit 2013 mit Unterbrechungen für die Gras in der ÖH-Bundesverterung, beschreibt das Verhältnis zu den Grünen als "freundschaftlich-kritisch" und meint: "Innerhalb der Gras finden wir es sehr schade, dass dieser Streit so eskaliert ist und die Jugendorganisation dem quasi geopfert wurde." Und sie betont, dass nicht jedes Gras-Mitglied auch Mitglied bei den Grünen sei. "Das ist die Entscheidung jedes Einzelnen."

Die Österreichische Hochschülerschaft vertritt die Interessen der Studierenden gegenüber den zuständigen Ministerien und der Rektorenkonferenz und wird alle zwei Jahre gewählt. Gewählt wird auf drei Ebenen: die Studienvertretung für die jeweilige Fachrichtung, die Hochschulvertretung für die jeweilige Universität sowie die bundesweite Vertretung, die die 55 Mandate des Studierendenparlaments besetzt. Bis auf die unterste Ebene, die Studienvertretung, handelt es sich um Listenwahlen.

Auf Bundesebene treten bei der ÖH-Wahl von 16. bis 18. Mai insgesamt neun Fraktionen an: die derzeit stimmenstärkste bürgerliche Aktionsgemeinschaft (AG; Spitzenkandidatin Silvia Grohmann), die von den Grünen unterstützten Gras (Grüne & Alternative Student_innen; Marita Gasteiger), der SPÖ-nahe VSStÖ (Verband Sozialistischer Student_innen Österreichs; Hannah Lutz), der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS; Felix Mayrbäuerl), die Fachschaftslisten Österreich (FLÖ; Johanna Zechmeister), die Junos (Junge liberale Neos; Yannick Shetty), die kommunistischen Fraktionen KSV-LiLi (Frederike Schuh) und KSV-KJÖ (Lukas Haslwanter) sowie die Spaßpartei No Ma’am. Die Fest (Fraktion engagierter StudentInnen) und die Liste (eine Satire-Fraktion) treten diesmal auf Bundesebene nicht an.


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