Welchen Beitrag leistet das Arbeitsmarktservice?

Ist er in einer Tagesstruktur tätig, dann ist das Arbeitsmarktservice nicht für ihn zuständig. Die Stigmatisierung nimmt ihren Lauf. Menschen mit Behinderung sind am stärksten von der Arbeitslosigkeit betroffen, und in dieser Gruppe steigt sie weiter an. Daher bräuchte es einen eigenen Schwerpunkt beim Arbeitsmarktservice für Menschen mit Behinderung, wie es ihn für Ältere, Frauen, Jugendliche und Migranten gibt.

Ist das angesichts der allgemeinen Arbeitslosigkeit, die zwar zuletzt gesunken, aber dennoch hoch ist, nicht ein hehrer Wunsch?

Ja und nein. Es gibt beispielsweise Tätigkeiten, für die autistische Menschen besonders gut geeignet sind. Sie können sich lange Zahlenreihen gut merken, was etwa für Mobilfunkanbieter interessant wäre. Daher wäre es so wichtig, dass man sich speziell auch diese Menschen und ihre Fähigkeiten anschaut. Außerdem gibt es ja Unterstützungssysteme wie Lohn-Unterstützung und Beratung für Firmen, die Menschen mit Behinderung aufnehmen. Damit Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen in die Arbeit kommen, gibt es für den Weg hin und zurück und die Unterstützung am Arbeitsplatz die persönliche Assistenz. Das ist einheitlich geregelt. Für den Freizeitbereich und für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen gibt es das nicht, das sollte auch flächendeckend einheitlich geregelt werden.

Ein Ende der Diskriminierung ist also offenbar nicht erreicht, obwohl das Behindertengleichstellungsgesetzes von 2006 im Vorjahr nach der zehnjährigen Übergangsfrist voll in Kraft getreten ist. Bis dahin hätte der Zugang zu allen Lebensbereichen, Waren, Dienstleistungen und zu Information barrierefrei sein müssen. Wie weit sind wir davon entfernt?

Die Barrierefreiheit im öffentlichen Bereich ist schon recht fortgeschritten, im privaten noch lange nicht. Dabei muss sie nicht immer ein Kostenfaktor sein, sondern kann auch eine Chance sein, Kundenkreise zu erschließen. Betroffene können seit 2006 auf Schadenersatz klagen, seit 2016 auch bei bestehenden Gebäuden. Was sie aber nicht einklagen können, ist die Barrierebeseitigung, das sollte geändert werden. Im Vorjahr gab es zwar mehr Schlichtungsverfahren, viele zögern aber, gerichtlich vorzugehen, weil der Kläger das volle Kostenrisiko trägt. Daher fordere ich, dass sich die Rechtslage zugunsten der Menschen mit Behinderung ändert - zum Beispiel, dass man Kriterien des Sozialrechts anwendet, und sie nur die eigenen Kosten tragen, falls sie verlieren.

Haben Sie selbst Diskriminierung erfahren?

Wegen meiner körperlichen Beeinträchtigungen habe ich in Wien die Sonderschule besucht, bin dann aber -und das verdanke ich meinen Eltern - ins normale Gymnasium gewechselt.

Für die Mitschüler war das gar kein Problem, für mich ist das ein Grund mehr für Inklusion. Ich konnte vielleicht nicht so gut Fußball spielen wie die anderen, aber das lässt sich alles lösen. Für die damalige Zeit war das ein ungewöhnlicher Weg, den ich meinen Eltern verdanke. Denn das erste, das der Arzt über mich zu meiner Mutter gesagt hat, war: "Schiebt’s den ab ins Heim." Dann wäre mein Weg ein ganz anderer gewesen. Wenn du die Chance nicht bekommst, kannst du nichts beitragen. Ohne Chance verkümmert alles. Auch das Gehirn.