Zum Hauptinhalt springen

Ein schwer nachvollziehbarer Vergleich

Von Nina Flori

Politik

Tag zwei des U-Ausschuss bringt Ex-Minister Darabos in den Untersuchungsausschuss.


Wien. Im Eurofighter-Untersuchungsausschuss sagt am Donnerstagvormittag der frühere Verteidigungsminister Norbert Darabos zum von ihm
ausverhandelten Vergleich mit EADS 2007 aus. Der heutige burgenländische
Landesrat erschien kurz vor 9 Uhr und ging mit einem "guten Gefühl" in
die Befragung, erklärte er gegenüber Journalisten. Ein Strafverfahren
fürchte er nicht.

Dabei geht es um den umstrittenen 2007 geschlossene Vergleich mit EADS. Um Kosten zu senken, hatte Darabos damals drei der 18 Kampfjets abbestellt. Schon in seinen Berichten 2008 und 2013 hat der Rechnungshof (RH) den  Vergleich mit dem Eurofighter-Verkäufer EADS (heute Airbus) heftig kritisiert. Die Liste der Beanstandungen dabei ist lang: Sie reicht von zu geringen Preisnachlässen für die Abbestellung von drei Eurofightern (von 18 auf 15) und die Anschaffung von nur zwei gänzlich neuen und 13 gebrauchten Flugzeugen bis hin zu nicht nachvollziehbaren Restforderungen. Hinzu kommen Abbestellungskosten in Höhe von 57 Millionen Euro, deren Zusammensetzung bis dato ein Rätsel ist.

"Haben Bruch gesehen"

Birgit Caesar-Stifter, Abteilungsleiterin im Rechnungshof, die beide Prüfberichte betreute, wurde am Mittwoch als erste Auskunftsperson drei Stunden lang im Untersuchungsausschuss befragt. Sie gab an, dass dem RH Daten, Unterlagen und Rechnungen fehlten, um eine vollständige Gesamtbeurteilung des Vergleichs durchzuführen. Der Bitte um Nachreichung sei man im Verteidigungsministerium nicht nachgekommen. Als weiteren Kritikpunkt führte sie die fehlende Dokumentation der Vergleichsverhandlungen an. Protokolle über Gespräche habe es nur bis zu jenem Zeitpunkt gegeben, bis zu dem der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, in das Geschehen eingebunden war. "Wir haben danach einen Bruch gesehen", sagte Caesar-Stifter. Es habe keine Dokumente mehr gegeben. Die Einbindung der Finanzprokuratur in die Verhandlungen mit EADS ist laut RH zweckmäßig gewesen. Warum Peschorn zu den entscheidenden Vergleichsverhandlungen im Mai und Juni 2007 nicht mehr beigezogen wurde, konnte das Verteidigungsministerium dem RH nicht schlüssig erklären. Peschorn, der als zweiter Befragter im Ausschuss zu Gast war, gab an, dass er im April 2007 von "Parallelverhandlungen" erfahren habe.

Kurz darauf hätte ihm Darabos‘ Kabinettschef in einem "unaufgeregten Telefonat" mitgeteilt, dass er auf Wunsch eines Eurofighter-Managers keine führende Rolle mehr bei den Verhandlungen spielen sollte. Offenbar war der Jurist EADS zu unbequem. "Ich bin nicht so beliebt, aber das betrifft manchmal auch die Republik selbst", sagte Peschorn und kein Minister sei verpflichtet, die Finanzprokuratur in Verhandlungen einzubeziehen. Schon damals hätte Peschorn den Vergleichsabschluss "nicht empfohlen", wie er sagte. Es sei 2007 allerdings nicht so klar wie heute gewesen, dass Darabos gänzlich aus dem Vertrag aussteigen hätte können. Als die möglichen Lieferprobleme für die Jets 2007 absehbar wurden, hätte man jedoch durchaus die wenigen Wochen bis zu den ersten Lieferterminen zuwarten können. Schon eine verspätete Lieferung der Kampfjets hätte seiner Erinnerung nach 200 Millionen Euro Pönale auslösen können.

Es habe eine breite Palette an Szenarien gegeben, betonte Peschorn. Ein Ausstieg aus dem Vertrag sei jedenfalls auch 2007 "zumindest eine Möglichkeit gewesen, die man nicht verwerfen musste."

Gegen die Möglichkeit eines Ausstiegs sprach allerdings die Einschätzung des Juristen und Professors für Zivilrecht, Helmut Koziol. Er wurde mündlich zur Erstellung eines Gutachtens beauftragt und erhielt dafür 39.000 Euro. Dieser Betrag liegt gerade unter der Grenze von 40.000 Euro, ab der laut dem damaligen Vergaberecht eine Ausschreibung nötig gewesen wäre. Insgesamt erhielt Koziol für Beratertätigkeiten schlussendlich 112.000 Euro.

Brisant ist zum einen, dass ein externer Berater beauftragt wurde, der eine Expertise lieferte, die auch die Finanzprokuratur abgeben hätte können (auch diese Tatsache kritisierte der RH in seinem Bericht). Hinzu kommt, dass Koziol eine gemeinsame universitäre Laufbahn mit dem Eurofighter-Berater Meinhard Lukas verbindet.

"Unglaublich viele Fehler"

Peschorn merkte an, auch er habe den Eindruck gehabt, dass sich "die beiden gut kennen und sich nahe stehen, obwohl sie verschiedene Parteien vertreten haben". "Wir müssen in erster Linie die politische Verantwortung für den Vergleich klar herausarbeiten", sagte die grüne Abgeordnete Gabriela Moser zur "Wiener Zeitung" nach dem Ausschuss. Es sei "unglaublich, wie man so viele Fehler auf einmal machen und überall bei den Verhandlungen die schlechteste Variante wählen könne". "Es ist Koalitionsbedingung der ÖVP gewesen aus dem Eurofighter-Vertrag nicht auszusteigen", sagte Moser. Ob aber Darabos oder Gusenbauer "hinter dem Vergleich stecken", sei nun zu klären.

Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer wird am 20. Juni im Untersuchungsausschuss befragt. Heute stehen Darabos und Koziol dem Ausschuss Rede und Antwort. Die Fraktionsführerin der ÖVP, Abgeordnete Gabriele Tamandl, zeigte sich mit den ersten beiden Befragungen sehr zufrieden. NEOS-Mandatar Michael Bernhard betonte Darabos habe "fahrlässig" gehandelt. "Ein bissl wie im Wilden Westen." FPÖ-Fraktionsführer Walter Rosenkranz kritisierte die Macht von EADS sich Verhandlungspartner auszusuchen. Dass sich Eurofighter seine Verhandlungspartner aussuchen konnte, sieht SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl jedoch als Interpretation mancher. "Das kann ich mir nicht vorstellen", meinte er.