Wien. (rei/apa) Für das ehrwürdige Hohe Haus am Ring ist es ein historischer Tag. Nach mehr als 2400 Sitzungen findet heute, Donnerstag, die letzte reguläre Plenarsitzung im Parlament statt. Der Nationalrat wird - gemäß Übereinkunft der Fraktionen - die vorzeitige Beendigung der laufenden, 25. Gesetzgebungsperiode beschließen.
Die kommenden drei Jahre werden die Parlamentarier in Ausweichquartieren am Heldenplatz und im Bibliothekshof der Hofburg arbeiten. Die Plenarsitzungen finden in den Redoutensälen der Hofburg statt. Die Sitzung am Donnerstag könnte für die kommenden drei Jahre die letzte Sitzung im alten Plenarsaal am Ring sein - gesetzt den Fall, dass keine Sondersitzungen anberaumt werden. Sollte es Sondersitzungen geben, werden diese bis zum 15. August noch im alten Plenarsaal stattfinden, danach bereits in den Redoutensälen.
Mobiliar soll teilweise versteigert werden
Die Übersiedlung ist in vollem Gange, insgesamt werden über 740 Arbeitsplätze ins Ausweichquartier verbracht. Von den insgesamt neun Übersiedlungstranchen sind die ersten drei bereits abgeschlossen, planmäßig soll die Übersiedlung am 10. August abgeschlossen werden. Die Übersiedlungsarbeiten finden schwerpunktmäßig an den Wochenenden statt.
Teile der historischen Ausstattung, darunter auch die alten Leder-Drehstühle der Parlamentarier im am 8. Juni 1956 eingeweihten Plenarsaal, sollen im Dorotheum versteigert werden. Wie viele Drehstühle und Einrichtungsgegenstände ersteigerbar sein werden, ist laut Gerhard Marschal, Sprecher für die Parlamentsübersiedlung, noch nicht festgelegt: "Ein Teil des historischen Mobiliars ist auch im Ausweichquartier in Verwendung, ein Teil wurde im Parlamentsgebäude eingelagert und wird dort nach der Renovierung wieder zum Einsatz kommen." Museen wie das neue Haus der Geschichte oder das Hofimmobiliendepot haben ebenfalls großes Interesse an der historischen Einrichtung. Wer was bekommt, was zu welchem Rufpreis versteigert wird, und wohin die Versteigerungserlöse fließen werden, soll spätestens Anfang September feststehen.
Kopf: "Keine besonders ansehnliche Sitzung"
Abgesehen vom Beschluss zur vorzeitigen Beendigung der 25. Legislaturperiode stehen in der heutigen Sitzung keine weiteren Tagesordnungspunkte am Programm. Wie lange der letzte reguläre Plenartag dauern wird, hängt wohl von der Opposition ab. Fraglich ist indes, ob die zwei regulären Plenarsitzungen im Oktober, vor dem Neuwahltermin am 15., tatsächlich stattfinden werden. Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) fürchtet, dass die Termine so kurz vor der Neuwahl "keine besonders ansehnlichen" Sitzungen werden. Er kenne Länder in Europa, wo drei Monate vor einer Wahl "keine Beschlüsse mehr gefasst werden dürfen, die Geld kosten", sagte Kopf am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal".