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Das Land, zukunftsreich

Von Simon Rosner

Politik

Ein Masterplan für den ländlichen Raum soll der Abwanderung und sinkenden Lebensqualität entgegenwirken.


Wien. Was Österreich ausmacht, vor allem landschaftlich, ist unter anderem den ersten Zeilen der Bundeshymne zu entnehmen: "Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome." Und genau das ist es meistens auch, was auf den Bildern zu sehen ist, die von der heimischen Tourismusindustrie in die Welt geschickt werden. Doch die Wiesen und Felder müssen auch bewirtschaftet werden, die Dörfer bewohnt und gepflegt und die Berge nachhaltig genutzt werden.

Doch gerade der ländliche Raum erlebt seit vielen Jahren eine schleichende Entwicklung, die sich in jüngerer Vergangenheit deutlich dynamisiert hat. Es gibt Abwanderung, eine Überalterung, Bauernsterben, wachsende Herausforderungen in der Daseinsvorsorge und ein generell wachsendes Gefühl in der Landbevölkerung, von den Zentralräumen abgehängt zu werden. Das zeigt sich unter anderem in einer pessimistischeren Grundhaltung der ländlichen Bevölkerung. Der digitale Wandel bietet hier einen weiteren Aspekt und stellt auch eine Frage: Ist er Chance oder eher Bedrohung?

Schon 2013 hat sich die Regierung die Erarbeitung eines Masterplans für den ländlichen Raum in ihr Programm geschrieben, passiert ist dann jedoch jahrelang wenig. Im Vorjahr hat dann Umweltminister Andrä Rupprechter ein entsprechendes Projekt aufgesetzt. Unter wissenschaftlicher Begleitung von Peter Filzmaier und Gottfried Haber von der Donau-Uni in Krems wurde ein Bottom-up-Prozess initiiert, wurden Workshops mit Bürgermeistern veranstaltet - die "Wiener Zeitung berichtete - und insgesamt 250 Experten aus den unterschiedlichen Bereichen eingebunden.

Herausgekommen ist nun eine rund 120 Seiten starke Strategie, die sich quer durch alle Ressorts in der Regierung zieht sowie alle Gebietskörperschaften betrifft: Bund, Länder und Gemeinden. Und das ist wohl auch die große Herausforderung in der Umsetzung, da inhaltlich viele Maßnahmen, Überlegungen und auch Problemstellungen nicht neu sind, es aber auch bisher nicht gelungen ist, voranzukommen.

Digitalisierung als Chance

Ein Beispiel hierfür ist das Thema Bodenverbrauch. Der ist in Österreich enorm, soll begrenzt werden, doch wie groß die Widerstände dann sind, hat sich unlängst erst wieder beim neuen Raumordnungskonzept in Salzburg gezeigt. Die Chance auf ein Einkaufscenter und die damit einhergehende Kommunalsteuer will sich kein Bürgermeister entgehen lassen.

Unter anderem deshalb ist in dem Masterplan auch ein Schwerpunkt auf interkommunale Zusammenarbeit gelegt worden sowie auf die - auch nicht neue - Idee eines Kommunalsteuersplittings. Das heißt: Gemeinden sollen mehr kooperieren, und zwar auch bei Betriebsansiedlungen, die Steuer wird dann unter den Gemeinden aufgeteilt.

Ein wesentliches Thema ist der digitale Wandel. Weite Teile des Landes müssen noch mit schnellem Breitband versorgt werden, andernfalls droht dem ländlichen Raum ein massiver Nachteil. Auf der anderen Seite bietet die Digitalisierung auch Chancen, etwa durch die Schaffung qualitativer, gut angeschlossener Arbeitsplätze in Co-Working-Büros. Sie könnten von den Kommunen selbst bereitgestellt werden und Arbeitskräfte, die sonst pendeln müssten, zumindest tagweise in der Region halten.

Solides Fundament

Für die insgesamt 20 Schwerpunkte von Gesundheit über Bildung, Mobilität, Tourismus, Abwanderung, Kultur bis Kulinarik, wurden jeweils einige konkrete Handlungsoptionen erarbeitet. Eine Umsetzung ist freilich erst der kommenden Regierung vorbehalten. Durch die Einbindung von rund 3000 Personen bei den diversen Veranstaltungen im ganzen Land steht dieses Strategiepapier allerdings auf einem recht soliden Fundament. Insofern ist doch zu erwarten, dass die nächste Regierung den Masterplan auch aufgreift.

Berechnungen, wie viel Geld eine Realisierung aller Maßnahmen kosten würde, wurden nicht angestellt, sie wären zu diesem Zeitpunkt auch kaum aussagekräftig. "Es werden aber erhebliche Mittel notwendig sein", sagt Filzmaier, der aber betont: "Ein ländlicher Raum, der schrumpft und altert, ist auch sehr teuer." Die volkswirtschaftlichen Folgekosten von entvölkerten Räumen könnten sehr hoch sein -und das Umtexten der Hymne notwendig machen.