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Wie der politische Nachwuchs tickt

Von Jana Petrik

Politik
Fünf Jungpolitikerinnen und Jungpolitiker im Porträt: Christoph Wiederkehr (Neos), Elisabeth Olischar (ÖVP), Marina Hanke (SPÖ), Maximilian Krauss (FPÖ) und Julian Schmid (Die Grünen) - v.l.n.r.
© Diva Shukoor

Warum gehen junge Menschen in die Politik? Jungpolitiker der fünf größten Parteien sprechen über den Weg in die Politik.


Wien. Wie kommen junge Menschen eigentlich in die Politik? Manchmal ist es der Bekannte, der einen in die Partei einführt, wie bei der ÖVP-Planungssprecherin Elisabeth Olischar. Oder ein persönliches Gespräch, wie es FPÖ-Bildungssprecher Maximilian Krauss mit Heinz Christian Strache geführt hat. Doch auch Protest-Aktionen können in die Politik führen - so wie es beim Grünen Nationalratsabgeordneten Julian Schmid der Fall war.

Der Weg in die Politik kann sehr unterschiedlich sein. Trotzdem scheint es Parallelen auf der politischen Karriereleiter zu geben – zumindest, wenn man den fünf Jungpolitikern Glauben schenkt, die sich mit der "Wiener Zeitung" zum Gespräch getroffen haben. Meist wurde der Grundstein für die politische Zukunft im jeweiligen Elternhaus gelegt, wo über aktuelle Themen diskutiert wurde.

Beim Wiener FPÖ-Gemeinderat Maximilian Krauss sorgte vor allem die Sozial- und Krankenpolitik für Streitereien in der Familie. SPÖ-Gemeinderätin Marina Hanke erzählt: "Ich habe in meiner Familie gelernt, politisch zu argumentieren und zu diskutieren."

 

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Und auch beim Wiener Landtagsabgeordneten Christoph Wiederkehr von den Neos sind die Eltern nicht völlig unschuldig: Er ist in einem konservativ katholischen Elternhaus groß geworden. Vieles habe er kritisiert und mit seinen Eltern und Lehrern diskutiert. Als überzeugter Liberaler und mittlerweile Atheist habe er oft angeeckt – auch in der katholischen Schule, die er besuchte.

Genauso ist er Kritiker des Proporzsystems von Rot und Schwarz. Diese von ihm empfundene Ungerechtigkeit brachte bei Wiederkehr das Fass zum Überlaufen. Für ihn stand fest: Er geht zu den Neos. Doch nicht jeder ist so überzeugt wie der 27-Jährige. Viele Neos-Neueinsteiger befürchten Nachteile bezüglich der Karriere mit einem pinken und nicht roten oder schwarzen Parteibuch. Dies sieht er anders: "Hey, Österreich ist im Umbruch. Dieses Zwei-Parteien-System wird sich nicht mehr ewig halten. Es bröckelt überall."

Das große Angebot an Parteien und Listen, die am 15. Oktober bei der Nationalratswahl antreten werden, könnte die beiden früheren Großparteien endgültig zu Gleichen unter Gleichen machen. Allerdings könnte es genauso gut kommen, dass der zugespitzte Wahlkampf im Duell von SPÖ-Chef Bundeskanzler Christian Kern und ÖVP-Obmann Außenminister Sebastian Kurz für die Neos zum Überlebenskampf wird. Wiederkehr hofft natürlich, dass die Neos für konservative Wähler das bessere Angebot darstellen. Seine Sicht auf die ÖVP? "Ich habe bei der ÖVP bis heute das Problem, dass ich kein klares Profil sehe, außer Machtanspruch."

Koalitionswünsche

Trotz der Kritik nennt der Neos-Landtagsabgeordnete auf die Frage nach seiner Koalitionspräferenz Schwarz-Grün-Pink. Für die ÖVP hat er dafür noch eine Koalitionsbedingung in petto: "Bei Themen wie der Homo-Ehe müsste man der ÖVP noch einen Stoß geben." Ob dieser von Wiederkehr genannte "Stoß" an der Haltung seines potentiellen Koalitionspartners etwas ändern wird, ist mehr als fraglich.

Die Frage, wie ÖVP-Jungpolitikerin Elisabeth Olischar persönlich zu der gleichgeschlechtlichen Ehe steht, will sie nicht beantworten. Sehr offen hingegen erzählt die 29-Jährige, die Wiener Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin ist, von ihrem Hobby, dem Jagen. Noch sei sie in der Minderheit, doch erfährt die Jagd bei Frauen momentan starken Zuspruch. Sogar Freundinnen fragen sie schon um "Jagd-Dates".

 

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Genauso wie Maximilian Krauss von der FPÖ und Julian Schmid von den Grünen möchte auch die studierte Landschaftsplanerin Olischar nichts über mögliche Koalitionen für die neue Legislaturperiode sagen. Man müsse abwarten und auf ein möglichst starkes Ergebnis hoffen. Außerdem seien die Überlegungen bezüglich möglicher Koalitionen nicht ihr Aufgabenbereich.

Was hingegen definitiv bald zu ihrem Aufgabenbereich zählen wird, ist der Rathausklub der ÖVP. Denn die 29-Jährige gilt als eine Zukunftshoffnung der Partei. Sie soll Mitte 2018 Ex-Stadtparteichef Manfred Juraczka an der Spitze des Rathausklubs ablösen.

Zur Fotostrecke der porträtierten Jungpolitiker

Der Vorwurf an die Großparteien, der Jugend zu wenig Mitsprache einzuräumen, lässt Olischar für die ÖVP nicht gelten. Dies sei nicht vom Alter, sondern vom Willen und Engagement der Jungen abhängig. Zudem habe Sebastian Kurz in der Volkspartei einige Umstrukturierungen vorgenommen und dadurch die Partei für Junge mehr geöffnet.

Kritik am Establishment

Diese Form von innerparteilichen Umstrukturierungen lehnt die Wiener SPÖ-Landtagsabgeordnete Marina Hanke, die Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderates ist, strikt ab und bezeichnet Kurz‘ Politik als eine reine "One-Man-Show". Sie sieht nicht nur andere Fraktionen kritisch, sondern auch ihre eigene Partei. Sie wünscht sich etwa eine stärkere Öffnung und Demokratisierung der SPÖ. Dies sei in der Ära Christian Kern noch zu wenig gelungen. Schon unter Werner Faymanns Regierung äußerte sie Kritik an der Asyl- und Flüchtlingspolitik - es seien zu viele Menschen an der Grenze abgeschoben worden, obwohl viele Gemeinden gar keine Flüchtlinge aufgenommen hätten. In diesem Bereich hätte sich ebenfalls unter Kanzler Kern bis jetzt zu wenig verändert.

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Die 27-Jährige ist unzufrieden mit der aktuellen Politik. Doch wie würde ihr Idealbild ausschauen? Als ihr politisches Ziel sieht Hanke das Streben nach einer gerechten Verteilung des Vermögens und einem ausgeglichenen Zugang zu Ressourcen: "Das ist der Grund, warum ich Politik mache. Diese Ungerechtigkeit muss weg." Die Vorstellung von Umverteilung erinnert an den Kommunismus. Ist sie Kommunistin? Sie lacht, überlegt kurz und sagt: "Ich bezeichne mich selbst als Sozialistin."

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums steht FPÖ-Jungpolitiker Maximilian Krauss. Der 24-jährige Wiener Landtagsabgeordnete begann bereits vor zehn Jahren, sich in der Jugendorganisation seiner Partei politisch zu engagieren. Zum Beitritt in die FPÖ bewegte ihn schlussendlich das persönliche Gespräch mit Heinz Christian Strache. "Politiker sind nicht immer die da oben und normale Bürger die da unten.", das habe er vom Parteichef gelernt. Generell spielt Strache eine wichtige Rolle in Krauss‘ Leben: Er sei nicht nur Vorbild, sondern auch Mentor.

Bei der Nationalratswahl erwarte er sich ein starkes Ergebnis. Doch über potentielle Koalitionen möchte er noch kein Wort verlieren. Er nimmt allerdings an, dass sich personell bei SPÖ und ÖVP einiges verändern könnte. Der Jungpolitiker sieht generell dunkle Zeiten auf die SPÖ zukommen: "Ich glaube, dass Kern ein sehr großes Problem bei dieser Wahl bekommen wird."

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Als Krauss auf das Thema Burschenschaft, bei welcher er Mitglied ist, angesprochen wird, reagiert er verteidigend und beginnt die aus seiner Sicht bestehenden Vorteile einer "Studentenverbindung" aufzuzählen. Er selbst ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft "Aldania". Doch Krauss nimmt kein einziges Mal das Wort "Burschenschaft" in den Mund. Er redet lieber von "Studentenverbindungen".

Alt geht, Jung kommt

Das Gespräch mit dem 28-jährigen Nationalratsabgeordneten Julian Schmid von den Grünen findet nicht wie bei Krauss und den anderen Jungpolitikern in deren Büros im Rathausklub statt, sondern vor dem Parlament. Doch weder der starke Wind, noch der Verkehrslärm der Ringstraße beirren den Jungpolitiker: Er wirkt entspannt, als er von seinen politischen Anfängen im Alter von 13 Jahren erzählt.

Als eine Protestaktion gegen Jörg Haider seitens der Schulleitung unterdrückt wird, beschließen Schmid und seine Freunde sich politisch zu engagieren. Sie sehen die Meinungsfreiheit gefährdet. Doch welcher Partei sollen sich die Schüler anschließen? "Während die FPÖ plakatierte ‚Kärnten wird einsprachig‘, haben die Grünen sich für Toleranz eingesetzt und gegen Verblödung, sozusagen", argumentiert Schmid seine Entscheidung für die Grünen.

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Schmid zeichnet auch mitverantwortlich, dass das grüne Urgestein Peter Pilz nun mit einer eigenen Liste antritt. Denn er hat beim Bundesvorstand gegen Pilz den vierten Listenplatz für sich erobert, was Pilz zum Rückzug bewog. Auf die Frage, wie die Beziehung zwischen den beiden momentan sei, reagiert Schmid weniger entspannt, sondern ausweichend: "Ich habe mich bei ihm für seine Arbeit bedankt, nachdem ich gewählt worden bin."

Als die "Wiener Zeitung" ihn mit dem in den letzten Wochen oft zitierten Vorwurf, viele wüssten nicht wofür er stehe, konfrontiert, bleibt er ernst und betont mit Überzeugung: "Ich stehe dafür, dass ich für die grünen Ideale fighte und dafür, dass meine Generation eine Zukunft in Österreich und in Europa hat. Ich will dem verbreiteten Pessimismus endlich Optimismus und Hoffnung entgegenstellen."
"So, jetzt muss ich aber weiter", sagt Schmid, zieht den Reißverschluss seines Hoodies zu und geht zum nächsten Termin.