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Plan A wie alles drinnen

Von Werner Reisinger

Politik

Christian Kern zieht mit seinem auf über 200 Seiten aufgestockten Plan A in den Wahlkampf.


Wien.  Zuspitzen und das inhaltliche Profil für den Wahlkampf schärfen – das ist für die SPÖ die Devise der Stunde. Nach einem eher missglückten (Vor-)Wahlkampf wird am Donnerstag am Bundesparteirat nicht nur die Bundesliste fixiert werden, sondern auch das Wahlprogramm beschlossen und vorgestellt werden. Letzteres kursiert bereits seit Mittwochabend in Journalistenkreisen: Wer sich ein schlankes, zugespitztes Papier erwartet hat, könnte ob des über 200 Seiten starken Konvoluts etwas verwundert sein. Kern selbst hatte jedoch schon nach der Vorstellung seines über 150 Seiten starken Plan A angekündigt, er werde mit seinem umfassenden Programm in den Wahlkampf ziehen.

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Zuspitzung und entsprechende Ansagen an die von Kern umworbenen Wählergruppen finden sich dennoch im Wahlprogramm: Vor allem für Teilzeitkräfte, Selbständige, Start-ups und Wirtschaftstreibende will Kern Angebote bringen. Themenbereiche wie die Arbeitszeitflexibilisierung und der 12-Stunden-Tag, die der für Kerns SPÖ im Wahlkampf besonders wichtigen Gewerkschaft im Plan A sauer aufgestoßen waren, wurden im Papier entsprechend den Gewerkschaftsforderungen ergänzt. Und dem Vernehmen nach finden sich auch zwei Spitzengewerkschafter – GPA-Chef Wolfgang Katzian und pro-ge-Vorsitzender Rainer Wimmer – auf sicheren Listenplätzen.

Steuern, Wirtschaft und Arbeit
Ebenso wie sein Hauptkonkurrent Sebastian Kurz will Kern die Abgabenquote senken. Der von den Sozialpartnern bereits ausverhandelte Mindestlohn von 1500 Euro soll ab 2019 steuerfrei werden. Ebenfalls im Programm findet sich eine Erbschaftssteuer auf Vermögen ab einer Million Euro – zweckgebunden für die Pflegefinanzierung, wie dies Sozialminister Alois Stöger fordert. Die Wertschöpfungsabgabe vulgo Maschinensteuer, bereits im Plan A enthalten, findet sich auch im Wahlprogramm. Zudem sollen Großkonzerne höher besteuert werden. Auch die Lohnnebenkosten sollen gesenkt werden, und zwar um 500 Euro je Arbeitnehmer.
Für die – hauptsächlich weiblichen – Teilzeitkräfte in Österreich fordert die SPÖ volle Überstundenzuschläge ab Überschreitung der vereinbarten Arbeitszeit. Um der Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen entgegenzuwirken, sollen die Sozialpartner für Praktika mittels Kollektivvertrag angemessene Entlohnung ausverhandeln.

Den Ruf der Wirtschaft nach Arbeitszeitflexibilisierung will Kern zwar erhören, ein "genereller 12-Stunden-Tag" sei aber für die SPÖ "nicht vorstellbar". 12 Stunden Höchstarbeitszeit soll bei Gleitzeitmodellen nur dann möglich sein, wenn "als Ausgleich längere zusammenhängende Freizeitblöcke" genommen werden können. Für ältere Arbeitnehmer soll es eine Beschäftigungsgarantie geben, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit sollen sie einen Anspruch auf einen kollektivvertraglich entlohnten Job haben.
Schließlich sollen die Österreicher mittels Arbeitsmarktprüfung vor zu starkem Druck am Arbeitsmarkt durch zuziehende Arbeitskräfte geschützt werden.

Insgesamt, so die Rechnung der SPÖ, soll es für die Wirtschaft mittels Jobbonus, Anhebung der Forschungsprämie, Start-up-Förderungen und einigem mehr in Summe eine Entlastung von 4,4 Milliarden Euro geben. Dem gegenüber stehen laut Wahlprogramm/Plan A Belastungen von 2,5 Milliarden Euro.

Soziales, Bildung und Sicherheit 

Ein klassisches rotes Wahlkampfthema hat Kern bereits in den vergangenen Wochen ausgepackt: sichere Pensionen. Neue Forderung im Wahlprogramm: Einzahlungen auf das Pensionskonto sollen verfassungsrechtlich gegen Kürzungen geschützt werden. Gleichzeitig sollen Pensionsprivilegien abgebaut werden, beispielsweise bei öffentlichen Sonderpensionen.

Ab 2020 will Kern 5000 zusätzliche Lehrer einstellen, auch die Polizei soll mit 2500 zusätzlichen Beamten verstärkt werden. Argumentiert wird das im Programm mit deren zentraler Rolle bei der Bekämpfung von Radikalisierung. Lehrlinge sollen ab dem ersten Lehrjahr mindestens 700 Euro Entgelt erhalten. Beim Thema Pflege weist das Programm eindrücklich auf die bereits erfolgte Abschaffung des Pflegregresses hin, zudem wird eine Valorisierung des Pflegegeldes gefordert.

Verwaltung und Infrastruktur
Neben dem Ausbau des Breitband-Angebotes und einer "Öffi-Offensive" will die SPÖ sicherstellen, dass öffentliche Infrastruktur, wie die Wasserversorgung, Straßen, Strom- und Kommunikationsnetze nicht an private Anbieter verkauft werden kann – und zwar per Verfassungsbestimmung. Über eine Verwaltungsreform will Kern eine Volksabstimmung abhalten.

Änderungen im politischen System
Ein neues Wahlrecht soll "für klare Verhältnisse" sorgen. Die stimmenstärkste Partei soll den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten, der Wahlsieger soll Bundeskanzler werden. Daneben soll die Zahl der Ministerien künftig reduziert werden. Wie die SPÖ das konkret gesetzlich festmachen will, wird im Programm allerdings nicht ausgeführt.