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Ein Plan - aber kein Geld

Von Petra Tempfer

Politik
Ähnlich der neben ihm errichteten Autobahn zieht sich der stark verbaute Inn durch Jenbach in Tirol.
© A. Vorauer/WWF

Vorerst kein Geld gibt es für den stark verspätet in Kraft getretenen Gewässerbewirtschaftungsplan.


Wien. Es gibt zwar kein Geld - aber zumindest einen Plan: Mit eineinhalb Jahren Verspätung trat am 26. August der 2. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) für die Periode 2016 bis 2021 in Kraft, der eigentlich schon im Dezember 2015 publiziert werden hätte sollen. Ein Viertel der definierten Periode ist also schon verstrichen.

Die Planungen seien durchgehend fortgeführt worden, heißt es auf Nachfrage aus dem Umweltministerium, man habe also keine wertvolle Zeit verloren. Doch die Zeit drängt. Denn der NGP, der alle sechs Jahre veröffentlicht wird (www.bmlfuw.gv.at/wasser), dient dazu, die Vorgabe der EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, wonach alle Gewässer bis 2027 in gutem Zustand sein sollen oder ein gutes Potenzial aufweisen sollen.

60 Prozent der Fließgewässerin keinem guten Zustand

Nun gibt es also wie gesagt zumindest einen Plan, was Umweltschützer und die Grünen grundsätzlich begrüßen. Eckpfeiler des Gewässerbewirtschaftungsplans sind die Auflistung kosteneffizienter Maßnahmenprogramme zur Verbesserung des Gewässerzustands, das Aufzeigen der Prioritäten und die Evaluierung der Fortschritte. Denn Tatsache ist laut Umweltdachverband, dass mehr als 60 Prozent der Fließgewässer in keinem guten ökologischen Zustand und 30 Prozent des Gewässernetzes strukturell verarmt sind, wodurch die Hochwasserwahrscheinlichkeit steigt.

Im Gegensatz zum 1. NGP aus 2009 für die Periode 2010 bis 2015, für den Fördermittel von insgesamt 140 Millionen Euro zum Beispiel für Renaturierungen oder Fischaufstiege zur Verfügung standen, gibt es aktuell aber kein Geld. Der dem Gewässerschutz zweckgewidmete Topf aus dem Umweltförderungsgesetz wurde nicht wieder aufgefüllt.

"Ohne öffentliche Fördermittel werden die Maßnahmen kaum bis gar nicht umzusetzen sein", heißt es dazu vom Umweltdachverband. "Darauf zu setzen, dass Gemeinden für die Gewässersanierung freiwillig in die ohnehin nicht prall gefüllten Taschen greifen, ist zu wenig." Bettina Urbanek, die beim WWF für die Gewässerpolitik zuständig ist, formuliert es drastischer: "Das ist ein Skandal." Nur Förderungen könnten die verfügten, freiwilligen Maßnahmen überhaupt erst ins Laufen bringen. Von politischer Seite kritisiert die grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner, dass die Regierung die Herausforderung im Gewässerschutz nicht ernst nehme.

Man nehme die Sanierung sehr wohl ernst, meint dazu das Umweltministerium und verweist auf das nächste Regierungsprogramm. Die erforderlichen Geldmittel für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie würden Teil dessen sein, heißt es. Denn eine Anreizfinanzierung sei freilich erforderlich, und Investitionen wie diese hätten positive ökologische und regionale wirtschaftliche Auswirkungen. Bis dahin werde man bei den Wasserkraftwerken mit einer Leistung von mehr als zwei Megawatt die Durchgängigkeit herstellen, etwa durch Fischaufstiegshilfen.

Ausnahmen für Kleinkraftwerke

Genau hier setzt jedoch ein Kritikpunkt des WWF an. Dieser kann nämlich nicht nachvollziehen, dass es im NGP Ausnahmen für Kleinkraftwerke gibt: Kraftwerke mit einer Leistung von weniger als zwei Megawatt müssen keine Durchgängigkeit herstellen, solange es keine Finanzierung gibt. Der schlechte Zustand der Fließgewässer liege aber gerade auch an der im Europa-Vergleich hohen Verbauung durch Wasserkraft, so der WWF. Etwa alle 600 Meter stehe eine Barriere, die Flüsse seien kanalisiert. "Die Erzeugung von erneuerbarem Strom ist ein wichtiger Eckpfeiler in der Reduktion von Treibhausgasen und damit für den Klimaschutz", kontert das Ministerium.

Die Interessenvertretung Kleinwasserkraft Österreich zeigt sich freilich erleichtert, dass auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt wurden - vor allem deshalb, weil trotz der massiven Verwerfungen am Strommarkt auch die Fördersituation unbefriedigend sei. Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft, begrüßt den neuen NGP ebenfalls.

Ob die Vorgabe der EU bis 2027 grundsätzlich zu schaffen ist, kann das Umweltministerium nicht mit einem klaren Ja beantworten. "In ganz Europa wurden in den letzten Jahrhunderten die Flüsse stark verändert. Es ist daher nicht möglich, alle Veränderungen in drei sechsjährigen Planungsperioden gänzlich rückgängig zu machen", heißt es. "Maßnahmen zur Sanierung werden daher europaweit weiterhin notwendig sein."