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Auffangnetz für Hassopfer

Von Daniel Bischof und Petra Tempfer

Politik

Die Anti-Rassismus-Initiative Zara nimmt eine Beratungs- und Meldestelle für Cybermobbing in Betrieb.


Hass ist ein analoges Problem. Die digitalen Medien fördern allerdings die Verbreitung.
© TwoWings - CC 3.0

Wien. Salzburgs Ex-Bürgermeister Heinz Schaden solle in die Gaskammer kommen. Das forderte unlängst ein Mann sinngemäß in einem Hassposting, das er nach den Urteilen im Swap-Prozess ins Internet gestellt hatte. Er werde das nötige Gas liefern, führte er weiter aus. Der Mitarbeiter eines Autounternehmens mit Sitz in Salzburg wurde fristlos entlassen.

Den Ermittlungsbehörden gelingt es nicht immer, die Verfasser solcher Postings - die oft strafrechtlich relevant sind - ausfindig zu machen. Die Anonymität im Netz und Kooperationsunwilligkeit einiger Website-Betreiber schützen so manchen Täter vor der Strafverfolgung.

Schutz und Hilfe für die Opfer von Hasstiraden im Netz soll nun eine neue Initiative der Staatssekretärin Muna Duzdar bieten. Duzdar will eine Beratungs- und Meldestelle gegen Hasspostings und Cybermobbing ins Leben rufen. Den Zuschlag für deren Betrieb hat nach einem mehrstufigen Vergabeverfahren die Anti-Rassismus-Initiative Zara erhalten. Am 15. September soll sie ihre Arbeit aufnehmen, sagte Duzdar in einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien.

Zahl der Fälle steigt

Der Zugang sei so niederschwellig wie möglich, erklärte Duzdar. Die Kontaktaufnahme soll über Telefon, Emails, Online-Meldeformulare, Chatten und über den Facebook-Messenger möglich sein.

Von den Opfern benötige man zwar IP-Adresse und Namen, ergänzte Claudia Schäfer von Zara, man versuche aber, auf der Basis von so wenigen Daten wie möglich zu helfen. Den Opfern werde erklärt, wie sie sich am besten verhalten können oder welche rechtlichen Schritte möglich seien. Denn Diskriminierung sei gesetzlich verboten, sagte Schäfer.

Fake News erkennen...
© IFLA - CC 4.0

Die Zahl an entsprechenden Fällen ist laut Schäfer in den vergangen zehn Jahren sprunghaft angestiegen. Rund 400 Fälle, das seien mehr als ein Drittel aller Fälle, die Zara 2016 behandelt habe, hätten das Internet betroffen.

Sozialwissenschafter Peter Filzmaier, der eine Studie zu dem Thema erstellt hat, betonte die Notwendigkeit von Regulativen. Denn Internet und soziale Medien seien für viele zunehmend eine wichtige Informationsquelle. Den Studienergebnissen zu Folge sind 65 Prozent der Internet-Nutzer in sozialen Netzwerken aktiv. Politische Informationen werden vor allem über Facebook (60 Prozent) und Twitter (45 Prozent) bezogen. Zwar werde weiterhin traditionellen Medien eher vertraut, schnelle Information bietet für die meisten aber das Internet.

Mehr Anzeigen

Hasspostings haben laut Studie 45 Prozent "sehr oft" oder "manchmal" wahrgenommen. 53 Prozent gaben an, diese Postings üblicherweise zu ignorieren. 29 Prozent der Befragten verlassen in einem solchen Fall die Seite. Die Meldefunktionen nutzen 31 Prozent. Mit "Fake News" machten bereits mehr als die Hälfte der Befragten "sehr oft" oder "manchmal" Bekanntschaft. Der Großteil (84 Prozent) der Befragten hält es für schwierig dass andere User Falschmeldungen richtig einschätzen.

Hasspostings beschäftigen vermehrt auch die Staatsanwaltschaften. Einen deutlichen Anstieg an Anzeigen wegen Verhetzung verzeichnete 2016 die Staatsanwaltschaft Wien - besonders im Zuge der Bundespräsidentenwahl. Seit dem 1. Oktober 2016 setzt sich in Wien eine Sondergruppe, die aus vier Staatsanwälten besteht, mit solchen Fällen auseinander.

Verhetzung umfasst vier Fälle

Strafbar wegen Verhetzung macht sich, wer bestimmte Personengruppen oder Menschen wegen ihrer Gruppenzugehörigkeit herabsetzt. Dabei kann es sich etwa um religiöse, rassische, sprachliche oder weltanschauliche Gruppen handeln. Der Tatbestand umfasst vier Fälle der Herabsetzung. Darunter fällt unter anderem das Beschimpfen einer Gruppe in der Absicht, die Menschenwürde zu verletzen. Zu bestrafen ist ebenso, wer zu Gewalt gegen die Gruppe auffordert oder zu Hass gegen sie aufstachelt.

Der Tatbestand der Verhetzung wird allerdings nur erfüllt, wenn auch öffentlich gehandelt wird. Die Handlung muss "vielen Menschen" zugänglich gemacht werden. Laut einem Kurzkommentar zum Strafgesetzbuch muss es sich dabei um mindestens 30 Menschen handeln. Grundsätzlich droht bei einer Verurteilung eine zweijährige Haftstrafe. In gewissen Fällen kann sich der Strafrahmen erhöhen. Wer die Tat in einem Druckwerk oder im Rundfunk begeht, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden.

Bei einem Strafprozess, über den die "Wiener Zeitung" berichtete, erhielt ein Angeklagter wegen Verhetzung und Sachbeschädigung eine bedingte zehnmonatige Freiheitsstrafe. Die Verhetzung spielte für das Strafausmaß die eindeutig wichtigere Rolle. Araber und Afros solle man "zu Schweinefutter verarbeiten" und "in eine Verbrennungsane" schicken, soll der Verurteilte nach den Silvester-Übergriffen in Köln auf Facebook gepostet haben.

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