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Alte Forderungen an die neue Regierung

Von Petra Tempfer

Politik

Behindertenvertreter fordern von der nächsten Regierung die Umsetzung der bereits 2008 ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention.


Wien. Die Wahlen sind noch nicht bestritten - Behindertenvertreter haben sich aber bereits jetzt mit einem umfassenden Forderungskatalog an die nächste Regierung gewandt. Der Großteil der Forderungen wie Barrierefreiheit und der Ausbau der persönlichen Assistenz für ein selbstbestimmtes Leben war zwar schon der jetzigen Regierung bekannt, der Anwalt für Gleichbehandlungsfragen Hansjörg Hofer zeigte sich aber optimistisch, dass man diese künftig nicht ignorieren werde. Schließlich gebe es rund 1,3 Millionen Menschen, sagte er, die sich laut Statistik Austria als Menschen mit Behinderung sehen. Das sind rund 15 Prozent der Wohnbevölkerung. Zudem steige der Altersdurchschnitt. Und das große Kapitel Barrierefreiheit bedeute auch für Ältere eine Erleichterung.

Aktuell sei es allerdings so, dass die Arbeitslosigkeit - unter anderem aufgrund fehlender Barrierefreiheit - unter den Menschen mit Behinderung steige. 73.500 Personen mit "gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen" werden vom AMS gelistet, das ist ein Viertel aller Arbeitssuchenden. Und während sich die generelle Beschäftigungssituation zuletzt gebessert hat, habe sie sich für Behinderte weiter verschlechtert, so Hofer.

Grundsätzlich hat Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention bereits 2008 ratifiziert und für deren Umsetzung den Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) für 2012 bis 2020 erstellt. In diesem festgesetzte Fristen wurden allerdings selten eingehalten.

So trat zum Beispiel 2016 das Gesetz für die Gleichstellung behinderter Menschen in vollem Umfang in Kraft. Bis dahin hätte der Zugang zu allen Waren, Dienstleistungen und zu Information barrierefrei sein sollen. Bis heute ist jedoch keiner der Punkte vollständig umgesetzt. Gebäudeumbauten schreiten zwar voran, eine barrierefreie Information ist aber noch lange nicht erreicht. Der nächste NAP für die Jahre bis 2029 sollte daher laut Hofer konkrete Zahlen und Indikatoren für die Umsetzung enthalten sowie mit Geld ausgestattet werden.

Valorisierung des Pflegegeldes

Die Frage des Geldes ist freilich eine der ersten, die man in Verbindung mit einem umfassenden Forderungskatalog stellt. Herbert Pichler, Präsident des Behindertenrats, gibt darauf zur Antwort: "Würden alle Forderungen umgesetzt, dann wären um zehn Prozent mehr Menschen mit Behinderung in Beschäftigung. Sie würden keine Sozialleistungen mehr beziehen, sondern Steuern und Abgaben leisten." Auf lange Sicht würde es sich also laut Pichler für den Staat auszahlen.

Diesen volkswirtschaftlichen Einsparungseffekt könnte man laut Pichler dahingehend nutzen, dass man ähnlich dem Pflegefonds einen Inklusionsfonds einrichtet. Zudem müsse das Pflegegeld valorisiert werden - seit den 90ern habe dieses 25 Prozent an Wert verloren.

Um Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu bringen, plädiert Hofer dafür, für diese eine eigene Zielgruppe im AMS zu definieren. Denn: "Es ist ja schon fast so, dass außer dem 30-jährigen, nicht behinderten Mann nur der Mensch mit Behinderung derzeit keine eigene Zielgruppe ist."