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Unterhalt für jedes Kind

Von Martina Madner

Politik

Jede fünfte Alleinerziehende erhält weder Alimente noch Vorschuss, das könnte sich nun ändern.


Wien. Susanne Moser (Name von der Redaktion geändert) darf sich möglicherweise bald über "wahnsinnige Unterstützung" freuen. Zumindest, wenn die sechs Spitzenkandidaten ihr Versprechen aus der TV-Elefantenrunde am Sonntag auf Puls 4 einhalten.

Peter Pilz brachte die Forderung für seine Liste ein; SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern hat sie in seinem Wahlprogramm; Ulrike Lunacek und die Grünen ebenfalls. Nun hoben auch Matthias Strolz für die Neos, Heinz-Christian Strache für die FPÖ und ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz ein Taferl mit der Antwort: Ja. Die Frage lautete: Soll der Staat für Alleinerzieherinnen einspringen und den Unterhalt übernehmen? Damit ist der Weg frei, noch in der letzten Nationalratssitzung am 12. Oktober ein Gesetz zu verabschieden, um jedem Kind den Unterhalt zu garantieren.

Vorschuss gibt es nur, wennein Regress möglich ist

Aktuell haben die 143.700 Alleinerziehenden zwar das Recht darauf, dass der andere Elternteil - in 95 Prozent der Fälle der Vater - für die 209.700 Kinder Unterhalt zahlt. Nicht alle aber beteiligen sich nach einer Trennung oder Scheidung an den Kosten des Haushalts ihrer Kinder. Bei jenen, wo der Staat das Geld später zurückfordern kann, leistet er auf Antrag einen Vorschuss: Das waren laut Justizministerium 2016 genau 49.639 Kinder, für die durchschnittlich 210,38 Euro monatlich bezahlt wurden.

Je älter das Kind, desto mehr Unterhalt gibt es: Der Regelbedarfssatz für ein Kind unter drei Jahren beträgt beispielsweise 204 Euro monatlich. Für 10- bis 14-Jährige sind 385 Euro vorgesehen, für Studierende im Alter von 19 bis höchstens 24 Jahren 569 Euro. Justiz und Jugendämter sorgen dafür, dass der Unterhaltsvorschuss wieder gänzlich vom unterhaltspflichtigen Elternteil zurückgefordert wird, heißt es aus dem für die Zahlungen zuständigen Justizministerium. Bei 59 Prozent ist der Staat erfolgreich.

Problematisch ist die Situation aber jener Alleinerziehenden, wo der Staat schon im Vorfeld deutlich macht, dass Regressforderungen nicht möglich sind: Wenn der säumige Elternteil nicht arbeiten kann oder hohe Schulden aus einer Insolvenz hat. Hier streckte der Staat bislang kein oder kaum Geld vor.

Keine Planungssicherheit bis hin zu Armutsgefährdung

So zum Beispiel bei Susanne Moser: Sie trennte sich schon vor der Geburt ihrer Tochter, der Vater versicherte zwar, sie sehen zu wollen und seinen finanziellen Beitrag zu leisten. Aber: "Zwei Monate habe ich 200 Euro erhalten, dann immer weniger und nach sechs Monaten gar nichts mehr." Moser wandte sich ans Jugendamt, erhielt von dort 54 Euro monatlich zugesprochen. Der Grund: Der Vater sei arbeitslos, könne nicht mehr bezahlen. Erst zweieinhalb Jahre später und nach einem Gutachten, das dem Vater Arbeitsfähigkeit bestätigte, wurden Mosers Tochter 150 Euro monatlich zugesprochen. Außerdem erhielt sie die Differenz nur für das letzte halbe Jahr.

Ein Teilerfolg, aber auch der nicht auf Dauer: Der Vater stellte einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts und zahlt nun 110 Euro für sein heute vierjähriges Kind. Die Folge für Moser und Tochter: "Es ist seit der Geburt so, dass wir sparen, bei der Kleidung, beim Essen, überall. Schuhe werden uns oft von meinen Eltern zu Weihnachten als Geschenk finanziert." Die Alleinerziehende und ihre Tochter wohnen gemeinsam in einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft, "ein zweites Zimmer wäre zu teuer".

Zwar gibt es keine offizielle Erhebung, eine nicht repräsentative Umfrage der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende zeigt aber: Familie Moser ist kein Einzelfall. Für 18 Prozent der Kinder gibt es weder Unterhalt noch Vorschuss. Für weitere neun Prozent fließen die Unterhaltsleistungen unregelmäßig und nicht immer in gleicher Höhe.

Gemeinsamer Beschluss aller Parteien wäre möglich

Maria Stern, heute Kandidatin für die Liste Pilz, war selbst ebenfalls Betroffene, erhielt 13 Monate weder Alimente noch Unterhaltsvorschuss für ihre drei Kinder, "eine prekäre Situation, die viele Alleinerziehende erleben", sagt sie heute. Peter Pilz kündigte nun gegenüber der APA einen Entschließungsantrag im nächsten Plenum an, wonach es pro Kind monatlich mindestens 250 Euro Unterhalt geben soll. Stern ergänzt: "Herabsetzungsanträge ohne Grund sollten nicht mehr möglich sein. Und die Unterhaltsgarantie braucht es bis zum Ende der Ausbildung bis zum Alter von 24 Jahren."

Am Tag nach der Elefantenrunde verweist die ÖVP auf ihre Zusage. Die FPÖ ist "in der Sache prinzipiell dafür", will sich aber noch anschauen, was genau auf den Tisch kommt. Ähnlich auch Neos, Grüne und SPÖ. Die will auch einen eigenen Antrag einbringen und hat in ihrem Frauenprogramm berechnet, dass die Unterhaltsgarantie 54 Millionen Euro jährlich kostet. Für Moser bedeutet sie: "Endlich die Sicherheit zu haben, dass meine Tochter das erhält, was ihr zusteht."