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Geschützt oder gefangen?

Von Petra Tempfer

Politik
© VGT

In naher Zukunft sollen Gatter für die Jagd in allen Bundesländern Österreichs verboten sein. Diese hätten aber auch eine Schutzfunktion, protestiert das Stift Klosterneuburg.


Wien. Wer draußen ist, kommt nicht rein. Wer drinnen ist, kommt aber auch nicht raus. Zäune schützen - und Zäune sperren ein. Im Fall der Gatter für die Gatterjagd wiegt freilich Zweiteres schwerer. Für das gefangene Wild gibt es kein Entkommen. Es wird in eingezäunten Gehegen herangezüchtet, um darin von Gastjägern im Zuge von Veranstaltungen bejagt zu werden.

In naher Zukunft sollen daher alle Landesjagdgesetze dahingehend novelliert sein, dass sämtliche Jagdgatter - österreichweit gibt es noch 86 - verboten sind. In Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark gelten bereits jetzt Gatter-Verbote. In Wien und dem Burgenland sind sie beschlossen, in Niederösterreich und Salzburg in Planung. Zum Vergleich: In Deutschland werden lediglich keine neuen Jagdgatter mehr zugelassen.

In Niederösterreich, dem Bundesland mit den meisten Gattern, protestiert allerdings das Stift Klosterneuburg. Deren drei Gatter dienten nicht dazu, Wild einzusperren, um es besser zu erlegen. Vielmehr hätten diese eine regulierende Funktion, "damit die Natur darin Chancen hat", sagt Forstchef Hubertus Kimmel. Dass ausnahmslos alle Gatter in Niederösterreich entfernt werden sollen, könne er daher nicht ganz nachvollziehen.

"Mehr Schäden als vorher"

"Kommt das Gatter-Verbot, haben wir wahrscheinlich mehr Schäden im Wald als vorher", sagt Kimmel. Das Wild "von außen" würde zum Beispiel den Bestand an seltenen Eiben und Eschen, derzeit innerhalb des Zaunes, durch vermehrten Wildbiss gefährden. Die Diversität der Flora und Fauna, die durch zum Teil historische Zäune entstanden sei, drohe zu verschwinden. Die Gatter gänzlich abzuschaffen, wäre daher laut Kimmel ein Fehler.

Das Stift besitze 8000 Hektar Forst, 2140 Hektar davon seien eingezäunt, sagt Kimmel. In Niederösterreich gibt es insgesamt 74 Jagdgatter. Ab 1. Jänner 2029 sollen alle Gatter laut einer geplanten Gesetzesnovelle abgerissen sein. Diese habe man bereits im Sommer beim zuständigen Ausschuss eingebracht, heißt es aus dem Büro von Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf auf Nachfrage. Jetzt müsse sie noch verhandelt werden.

Im Antrag sei jedoch ohnehin verankert, heißt es weiter, dass ab 1. Jänner 2029 umfriedete Eigenjagdgebiete in neue Nachnutzungsformen wie Wildgehege oder Forschungsgehege umgewandelt werden können. Voraussetzungen dafür sind laut Antrag "wissenschaftliche Expertisen, eine Qualitätssicherung und -zertifizierung durch die Landesregierung sowie eine behördliche Genehmigung. Dabei wären im Lichte der öffentlichen Interessen insbesondere ökopädagogische und landeskulturelle Aspekte, Aspekte der besonderen Erholungswirkung sowie Aspekte der Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen". In Wildgehegen darf zwar mitunter auch gejagt werden, allerdings nur unter strengen Kriterien.

700 Hektar für ein Reh

Die Bedenken des Stifts könnten somit unbegründet sein. Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), kann diese allerdings gar nicht nachvollziehen. Am Wildverbiss seien ausschließlich das Anfüttern der Tiere und der damit verbundene Zuwachs schuld, sagt er. Zudem sei kaum ein Gatter groß genug, um den Ansprüchen des Wildes gerecht zu werden. Ein einziges Reh etwa benötige einen Lebensraum von 700 Hektar. Ein Hirsch von 15.000 Hektar.

Der VGT tritt seit Jahren massiv gegen Gatterjagd ein. Erst im September wurde Balluch dazu verurteilt, wegen ehrverletzender Postings dem Salzburger Unternehmer und Jäger Maximilian Mayr-Melnhof eine Entschädigung von 38.000 Euro zu zahlen. Wegen einer diffamierenden Plakataktion wurde er aber freigesprochen. Mayr-Melnhof betreibt nördlich der Stadt Salzburg bei Anthering (Flachgau) ein rund 500 Hektar großes Gatter für Wildschweine, das zweimal jährlich bejagt wird. Insgesamt gibt es in Salzburg drei Jagdgatter.

Eine Gesetzesnovelle zum Gatter-Verbot werde gerade vorbereitet, heißt es aus dem Büro des zuständigen Landesrats Josef Schwaiger. Ziel sei zwar, diese noch vor der Landtagswahl im April 2018 einzubringen - ob man es bis dahin schafft, sei jedoch ungewiss. Für Details sei es jedenfalls zu früh.

Verbot in Wien ab 2021

Auch der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, der im Bezirk Güssing im Burgenland ein Gatter betreibt, steht im Visier des VGT. Hier ist man jedoch schon weiter: Im März hat der Landtag das neue Jagdgesetz beschlossen, das ein Verbot für die Gatterjagd ab 1. Februar 2023 besiegelt. In Wien wird die Gatterjagd ab 2021 verboten sein. Das Gesetz trat im April dieses Jahres in Kraft. Wiens einziges Jagdgatter ist der Lainzer Tiergarten mit einer Größe von rund 2400 Hektar, also ähnlich groß wie jenes des Stifts Klosterneuburg.

Insgesamt sind die Abschusszahlen laut Statistik Austria zurückgegangen. 2016/17 gab es 726.000 Abschüsse und damit um 2,7 Prozent weniger als in der vorangegangenen Saison. Die Zahl der Jahresjagdkarten stieg um 3,8 Prozent auf 127.000 .