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Streit um Islam-Studie geht weiter

Von Werner Reisinger

Politik

Untersuchungskommission: Kein Verstoß gegen Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis, wohl aber Mängel.


Wien. Eigentlich war es von Anfang an ein Politikum. Von Juni bis Dezember 2015 untersuchte der Wiener Islamwissenschafter Ednan Aslan die muslimischen Kindergärten in Wien - und zwar im Auftrag von Integrationsminister Sebastian Kurz. Schon im Dezember 2015 wurden erste Ergebnisse der "Vorstudie" präsentiert, und die fielen nicht gerade schmeichelhaft für die untersuchten Einrichtungen aus. Die Erziehung der Kinder sei teils stark religiös geprägt, im Hintergrund würden teils extremistische Gruppierungen agieren, ein interreligiöser Dialog fände nicht statt, hieß es damals. Auch der Abschlussbericht im Frühjahr 2016 ging in diese Richtung. Dementsprechend kündigte die Stadt Wien "rasche Konsequenzen" an und verlangte die Übermittlung der jeweiligen Problemfälle an die damals zuständige Stadträtin Sonja Wehsely.

Die Angelegenheit entwickelte sich auch deshalb rasch zur politischen Affäre, weil Aslan besonders innerhalb der muslimischen Community als umstritten gilt. Ihm wird eine allzu kritische Haltung gegenüber dem heimischen Islam nachgesagt. Als schließlich im Sommer 2016 die Wochenzeitung "Falter" über Dokumente berichtete, die nahelegen würden, dass Teile des Studienberichts vom Integrationsministerium abgeändert und zugespitzt worden seien, war der Skandal perfekt. Von "Fälschung" war die Rede, eine "Auftragsarbeit" Aslans wurde in den Raum gestellt. Jedenfalls wurde die Wissenschaftlichkeit von Aslans Arbeit in Frage gestellt.

Schließlich wurde über die Universität Wien die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI) beauftragt, die wissenschaftliche Qualität der Studie zu untersuchen - also quasi eine Untersuchung der Untersuchung. Am Mittwoch wurden von Heinz Engl, Rektor der Universität Wien, und dem Leiter der Untersuchung, Stephan Rixen von der Universität Bayreuth, die OeAWI-Ergebnisse vorgestellt. Das Ergebnis: Aslan und seinem Team kann kein Verstoß gegen die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis vorgeworfen werden. Wohl aber wird die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit kritisiert.

Es gäbe "einzelne Punkte", in denen die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse zwar ausreichend, aber nicht in wünschenswertem Ausmaß ausgeführt wurden, so eine Sprecherin der Universität Wien gegenüber der "Wiener Zeitung". Die Kommission habe jedoch festgestellt, dass es sich um "Einzelpunkte" halte, nicht aber die Gesamtergebnisse der Studie in Zweifel zu ziehen seien.

Politisches Hickhackgeht weiter

Auch der Vorwurf, dass es nicht Aslan selbst gewesen sein könnte, der Teile des Endberichts verfasst habe, sieht die Universität Wien damit entkräftet. Erst jüngst war bekannt geworden, dass von Aslan Teile der Durchführung der Studie an einen türkischstämmigen Unternehmensberater delegiert worden waren. Aslan stellte daraufhin klar, dass es sich bei dem Sub-Auftragnehmer um einen seiner Absolventen handle, der für die Untersuchungen voll qualifiziert sei. "Laut Kommission konnte Aslan nachweisen, dass alles, was in den Texten des Abschlussberichts vorkommt, auf seine ausdrückliche Anweisung hin so geschrieben wurde", heißt es seitens der Universität Wien.

Die durchaus vorhandene Kritik an der Qualität der Studie führt nun allerdings zu einer Verlängerung des Streits zwischen Stadt Wien und dem Integrationsministerium. Sebastian Kurz erwartet sich nun eine Entschuldigung der Kritiker, die seine Beamten beschuldigt hätten. Er werde sich, sollte er Bundeskanzler werden, mit aller Kraft gegen Fehlentwicklungen in muslimischen Kindergärten stellen, sagte Kurz am Mittwoch. Dass es diese gebe, dafür brauche man im Übrigen auch gar keine Studie. Der nun für Kindergärten zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky wiederum sieht sich durch die Untersuchung der Untersuchung bestätigt. Die Studie weise "schwere Mängel" auf, auch die "Einflussnahme" des Ministeriums sei von der OeAWI angesprochen worden. Dass mit den Studienergebnissen Politik gemacht worden sei, sei "umso bedenklicher", so Czernohorszky.