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"Autonomie schafft viele Lösungen"

Von Brigitte Pechar

Politik

Hammerschmid präsentiert Autonomiebotschafter und hofft, dass die neue Regierung das Schulpaket weiterführt.


Wien. Große Sorge herrscht derzeit im Bildungsministerium. Sorge darum, dass die neue ÖVP-FPÖ-Regierung das im Sommer beschlossene Schulpaket mit der Schulautonomie wieder zurückfahren könnte. Die Bildungsverhandler von ÖVP und FPÖ treffen ja heute, Mittwoch, zu ihrer nächsten Runde zusammen. Kolportiert wird, dass es nicht mehr Geld für die Schulen geben wird und dass auch die von SPÖ-Seite versprochenen zusätzlichen Lehrer nicht kommen werden.

Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) verweist allerdings darauf, dass im Gesetzespaket die finanziellen Ressourcen abgesichert sind. Wenn man im Schulsystem einsparen wolle, könne das nur beim Personal oder bei der Schulinfrastruktur gehen, denn diese beiden Posten machten 93 Prozent des gesamten Bildungsbudgets aus. Zu hören war, dass etwa die für die Neue Mittelschule benötigten zusätzlichen Lehrer für das Team-Teaching zurückgefahren werden sollen. Hammerschmid berechnet, dass damit pro Jahr 170 Millionen Euro eingespart werden könnten. Allerdings hält sie das nicht für sinnvoll.

Koenne: Nicht bei Schulpsychologen sparen

Eine Stellschraube, an der gedreht werden könnte, sei die Erhöhung der Lehrverpflichtung. Zwei Stunden mehr Unterrichtszeit würden im Jahr 370 Millionen Euro bei den Lehrerkosten sparen. Die Ministerin ist aber davon überzeugt, dass es nicht weniger, sondern mehr Geld im Schulsystem braucht. "Es geht um unsere Kinder", sagte sie. Es gehe darum, Innovationsgeist, Neugierde und Kreativität der jungen Menschen zu wecken, um dieses Know-how in die Gesellschaft, in die Betriebe einzubringen.

Wo auf keinen Fall eingespart werden dürfe, sei bei den Schulpsychologen und Sozialarbeitern, sagte dazu im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" die Bildungsexpertin Christa Koenne. "Wenn man den Lehrern das nicht lässt, geht alles den Bach runter", sagte die langjährige frühere AHS-Direktorin.

Hammerschmid hat am Dienstag in einer Pressekonferenz sogenannte "Autonomiebotschafter" vorgestellt, die auf www.schulautonomie.at über ihre Erfahrungen über die im Schulautonomie-Paket geregelten neuen Gestaltungsmöglichkeiten für Schulen informieren. An den Schulen mangle es nicht an Ideen und Motivation zur Veränderung, so die Ministerin im Einklang mit drei Botschaftern: den Schulinspektoren Axel Zafoschnig (Kärnten) und Alfred Lehner (Burgenland) und Andreas Schnider, Vorsitzender des Qualitätssicherungsrates für PädagogInnenbildung. Sie warnten vor einer Verwässerung des Gesetzespakets. Die Möglichkeit der Auflösung der 50-Minuten-Einheiten und der starren Richtlinien zur Bildung von Gruppen und von Klassenteilungszahlen gebe den Schulleitern Flexibilität, dort zusammenzufassen, wo es möglich ist, dafür aber andere Angebote zu machen. So habe man etwa an einer HTL die 13 Schüler einer Elektronik-Klasse und 13 Schüler einer Elektrotechnik-Klasse in Englisch zusammengeführt, berichtet Landesschulinspektor Zafoschnig. Pflichtschulinspektor Lehner berichtete, er habe in seiner früheren Funktion als Direktor teilweise bis zu vier Schulversuche gleichzeitig laufen gehabt. Das koste enormen bürokratischen Aufwand. Auf die heutigen Rahmenbedingungen ist der "Botschafter" daher "fast neidisch". Die Schulstandorte wollten die "Fortsetzung des Prozesses".

Wissenschaft und Bildung sollen wieder in ein Ressort

Hammerschmid vertraut bei der Umsetzung auf die Lehrer, trotzdem müsse der längerfristig gedachte Prozess intensiv begleitet werden. Einen Teil dieser Begleitung soll die neue Plattform www.schulautonomie.at leisten. Andreas Schnider, der ÖVP-Mitglied ist, erklärt sein Engagement so: "Es geht um die Sache und nicht um Parteipolitik." Er habe sich immer für eine gemeinsame Schule eingesetzt.

Auch Bildungsforscherin Koenne setzt auf die Pädagogen. "Die Jungen sind engagiert. Sie sehen, dass sie mit den alten Mustern keinen Erfolg erzielen." Koenne findet aber, dass im Bildungsbereich einmal verlässlich klargestellt werden muss, was die Kinder nach Abschluss der Pflichtschulzeit können müssen. Das ist für sie das wichtigste Projekt für die neue Regierung. Die NMS und die Schulautonomie seien nicht falsch, sagt sie. Aber man zäume das Pferd von der falschen Seite auf. Die heutigen Kinder seien viel anders als vor 30 oder 15 Jahren. "Wir müssen uns daher um die Lehrinhalte kümmern und festlegen, was erreicht werden soll." Natürlich müsse man dann Autonomie und Cluster fördern, damit die Qualitäten unter den Schulen auch ausgetaucht werden können. Koenne hofft auf Fingerspitzengefühl der ÖVP bei der Besetzung des Bildungsministeriums und sie hofft außerdem darauf, dass Wissenschafs- und Unterrichtsministerium wieder zusammengefasst werden.