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"Männer zeigen kein Interesse mehr am Richterberuf"

Von Petra Tempfer

Politik

Sabine Matejka, die neue Präsidentin der Richtervereinigung, über das Manko an Richtern und ihre Wünsche an den nächsten Justizminister.


Wien. Nach Barbara Helige ist sie die zweite weibliche Präsidentin in der Geschichte der österreichischen Richtervereinigung: Sabine Matejka, Bezirksrichterin in der Leopoldstadt, wurde gestern, Donnerstag, im Zuge des Richtertages in Wien in dieses Amt gewählt. Damit tritt sie die Nachfolge von Werner Zinkl an. Zinkl stand zehn Jahre lang an der Spitze der Richtervereinigung, Matejka war Vizepräsidentin.

Neu ins Präsidium kommen Yvonne Summer (Bezirksgericht Dornbirn) und Harald Wagner (Handelsgericht Wien), beide waren schon Vorstandsmitglieder. Gernot Kanduth (Landesgericht Klagenfurt), seit 2013 Vizepräsident, wird in dieser Funktion bestätigt. Präsidentin Matejka spricht im Interview mit der "Wiener Zeitung" über eine Geschlechter-Schieflage zugunsten der Richterinnen und ihre Wünsche an den nächsten Justizminister.

"Wiener Zeitung": Der Wunsch nach mehr Ressourcen ist meistens der dringlichste in einem neuen Amt. Wie sieht es hinsichtlich der Sparpolitik in Ihrem Fall aus?Sabine Matejka: Die Richter sind nicht davon betroffen, die Sparpolitik hat aber ihre Spur durch die Kanzleien und den administrativen Bereich gezogen. Jede zweite Pensionierung wird nicht mehr nachbesetzt. Ähnlich wie bei den Lehrern rollt auch hier eine Pensionswelle an. Ich sehe eine Katastrophe kommen.

Erhoffen Sie sich diesbezüglich vom Justizminister der nächsten Regierung, dass er anders agiert als Wolfgang Brandstetter?

Ich wünsche mir vom nächsten Justizminister, dass er sich für ausreichende Ressourcen starkmacht. Derzeit wird erwartet, dass die Justiz die Kosten selbst erwirtschaftet.

Richtet sich dieser Vorwurf an Brandstetter?

Man hat grundsätzlich über viel mit ihm reden können - aber nicht alles wurde umgesetzt. Ich würde mir Handschlagqualität wünschen, einen kooperativen Zugang zur Standesvertretung.

Während man auf der einen Seite das Sparpaket beklagt, heißt es auf der anderen Seite, dass die Gerichtsgebühren zu hoch sind. Könnte das eine Ursache für den Rückgang der Klagseinbringungen sein?

Ich sehe da nicht so den finanziellen Aspekt, weil man den Rückgang auf der bezirksgerichtlichen Ebene genauso spürt und es dort eher um "kleinere Sachverhalte" geht. Ich glaube vielmehr, dass es immer mehr Schlichtungsmöglichkeiten außerhalb der Justiz gibt, etwa beim Onlinehandel. Man muss den Menschen aber schon die Angst vor Verfahren nehmen, zum Beispiel durch Informationen, wie ein Gerichtsverfahren abläuft. Bezüglich des Rückgangs der Klagseinbringungen hat das Ministerium eine Studie zur Ursachenforschung in Planung.

Ist die Justiz in ihrer Unabhängigkeit noch glaubwürdig?

Prominentenverfahren, in denen es Anschuldigungen - meistens von einer Partei - gibt, transportieren natürlich eine unterschwellige Botschaft. Gegen solche Vorwürfe muss man vehement arbeiten. Wir müssen unsere Arbeit transparenter machen.

Zurück zum Geld: Ist der Richterberuf für Männer so unattraktiv, dass es bereits mehr Richterinnen gibt?

Derzeit sind knapp mehr als die Hälfte weiblich. Bei den Jungen ist der Anteil aber deutlich höher. Männer zeigen kein Interesse mehr am Richterberuf. Das hat zum Teil monetäre Gründe. In anderen Jobs wie etwa als Anwalt verdienen sie mehr, Goodies wie Beamtenpensionen gibt es nicht mehr. Wir müssen daher schon auf die männlichen Jus-Absolventen zugehen, damit ein ausgewogenes Verhältnis bei den Gerichten gewahrt bleibt.

Zur Person

Sabine Matejka

Die 43-Jährige ist seit 2008 als Richterin tätig und derzeit Bezirksrichterin in Wien-Leopoldstadt. Seit 2012 ist sie in der Richtervereinigung, 2013 wurde sie Vizepräsidentin und österreichische Delegierte in der europäischen und internationalen Richtervereinigung.