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Regierungspakt zu Weihnachten

Von Werner Reisinger

Politik

Köstinger: Angelobungstermin 20. Dezember "würde sich anbieten". Wenig Konkretes bei Umwelt.


Wien. Nimmt man rein den atmosphärischen Eindruck, so haben es die Koalitionsverhandler einigermaßen eilig. Als am Freitagnachmittag nach der Präsentation des Verhandlungszwischenstandes die Journalisten mit ihren Fragen am Wort waren, konnte es ÖVP-Generalsekretärin und Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger offensichtlich nicht schnell genug gehen, die Pressekonferenz zu beenden - doch die Nachfragen wollten kein Ende nehmen.

Vorgestellt wurden am Freitag die Ergebnisse aus dem Verhandlungsbereich Umwelt. Die Vorhaben von ÖVP und FPÖ - am Freitag war für die Freiheitlichen wieder Vizeparteichef Norbert Hofer am Wort - sind in Teilbereichen ambitioniert, viel Konkretes aber war von den beiden Spitzenverhandlern nicht zu hören.

Umwelt sei ein "Politikfeld, in dem wir uns beweisen werden", kündigte Norbert Hofer an. Die Treibhausgas-Emissionen wolle man bis 2020 um 16 Prozent gegenüber 2005 reduzieren, wie genau, das ließ Hofer aber weitestgehend offen. Laut EU-Vorgaben müssen bis 2030 36 Prozent der Emissionen eingespart werden.

Bis 2030 100 Prozent Ökostrom

Als Maßnahmen zur Dekarbonisierung nannte Hofer den Ausbau der Elektrifizierung im öffentlichen Verkehr, eine verstärkte Nutzung von heimischem Holz in der Bauwirtschaft und die Umstellung der Beheizung öffentlicher Gebäude auf erneuerbare Energieträger. Dass es für emissionsfreie Fahrzeuge - also Elektroautos - bessere Anreize geben soll, war von Hofer bereits am Donnerstag bei der Vorstellung der Ergebnisse aus den Bereichen Verkehr und Infrastruktur zu hören. Unterstützung der neuen Regierung dürfen sich wohl vor allem Bundesländer wie Tirol erwarten, die stark unter dem Transitverkehr leiden. Hofer nannte hier die Einführung neuer Höchstbelastungsgrenzen.

Ambitioniertestes Ziel der schwarz-blauen Regierungsverhandler: Bis 2030 soll der gesamte Strom in Österreich aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werden. Auf Kohle und Atomenergie soll vollständig verzichtet werden, auch auf europäischer Ebene will sich die künftige neue Regierung gegen Atomkraft einsetzen: Im Zuge der Brexit-Verhandlungen wollen ÖVP und FPÖ den Euratom-Vertrag neu verhandeln und dabei sollen jene Länder, die auf Atomstrom künftig gänzlich verzichten wollen, finanziell bessergestellt werden.

Ebenfalls geplant ist laut Köstinger und Hofer ein Pilotprojekt mit dem Titel "Austria Green Bonds". Damit sollen der Bereich erneuerbare Energieträger weiter ausgebaut sowie "Wirkungs- und Investmentkriterien" für nachhaltige Investitionen in dem Bereich sollen festgeschrieben werden.

Norbert Hofer ist zudem die Kreislaufwirtschaft ein großes Anliegen. Ihn hätten vor allem die sogenannten "Reparatur-Cafes", also Einrichtungen, die preiswert beispielsweise alte Elektorgeräte reparieren, schwer beeindruckt. Hofer kündigte deshalb die Ausarbeitung eines Maßnahmenplans für die Kreislauf- und Recyclingwirtschaft und Umwelttechnologien an. Wiederverwertbare Produkte sollen zudem im Rahmen einer Ökodesignrichtlinie forciert werden. Auf Fragen nach seiner Position beim Thema Klimawandel sagte Hofer sinngemäß, es gebe Wissenschafter, die den Menschen verantwortlich sehen, und welche die dies nicht tun würden, dies sei aber unerheblich: "Wir müssen auf erneuerbare Energien setzen."

Das Schwierigste zum Schluss

ÖVP und FPÖ erhöhen in den Verhandlungen jedenfalls das Tempo. Der 20. Dezember würde sich als Termin für die Angelobung der neuen Regierung "anbieten", sagte Köstinger am Freitag. Zuvor aber gilt es, die schwierigsten offenen Punkte zwischen den Parteien zu klären.

Da wären zum einen Forderungen, von denen die FPÖ nicht abrücken will, wie das für 2018 geplante und beschlossene Rauchverbot in Lokalen. Auch bestehen die Freiheitlichen auf ihrem Plan für mehr direkte Demokratie. Doch in beiden Punkten dürfte die ÖVP einen recht defensiven Kurs fahren.

Für die ÖVP selbst könnten die kolportierten Eingriffe im Bereich Sozialversicherungsträger noch parteiintern für Widerstand sorgen. Vor allem bei der geplanten Zusammenführung der Gebietskrankenkassen unter ein bundesweit zuständiges Institut gehen naturgemäß die Wogen hoch. Die seit Längerem erfolgreich wirtschaftende oberösterreichische GKK protestiert heftig gegen die Ankündigungen der Verhandler. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten die Oberösterreicher einen Bilanzgewinn von fast 18 Millionen Euro.

Der Widerstand des oberösterreichischen ÖVP-Landeshauptmanns Thomas Stelzer hält sich noch in Grenzen: Es müsse "was gehen", sagte Stelzer am Donnerstagabend bei einem Hintergrundgespräch. Jedoch sei er dagegen, dass "gut funktionierende Systeme" zerstört werden. Stelzer will nicht, dass Beiträge zentral vom Bund eingehoben und nach einem Pro-Kopf-Modell auf alle Bundesländer verteilt werden - zum Nachteil Oberösterreichs.