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Hotel "Zur guten Zukunft"

Von Simon Rosner

Politik

Die SPÖ will sich bis 2020 entschulden. Der Verkauf des Gartenhotels Altmannsdorf war dafür ein erster Schritt.


Wien. Auf der Reiseplattform Tripadvisor bekommt das Gartenhotel Altmannsdorf gute Bewertungen. Das Personal sei freundlich, das Essen hervorragend, die City gut erreichbar. Jedoch: Eine Renovierung wäre dringend geboten, das ist immer wieder zu lesen. Ein Hotelgast schreibt: "Es ist sehr in die Jahre gekommen: Farbe blättert ab." Womit wir auch schon bei der Eigentümerin des Hotels sind: der SPÖ.

Genaugenommen war sie Eigentümerin, die Partei hat das Hotel verkauft, der Vertrag wurde am Dienstag unterschrieben. Die Betriebsgesellschaft des Gartenhotels, die sich im Eigentum der SPÖ befindet, führte auch das Café in der Gloriette. Auch dieses wechselt nun den Besitzer. Wie viel die SPÖ mit dem Verkauf erlöst hat, sagt sie nicht. Nur so viel: Es sei mehr gewesen als erwartet, Ende des Jahres soll der Schuldenstand der Partei dadurch auf einen einstelligen Millionen-Betrag schmelzen.

Ein Hotelbetrieb stellt klarerweise nicht gerade das Kerngeschäft einer politischen Partei dar. Doch das kam so: Bruno Kreiskys Bildungsoffensive inkludierte damals auch die Parteien, die daraufhin politische Akademien gründeten. Die SPÖ kaufte zu diesem Zweck im Jahr 1973 das baufällige Schloss Altmannsdorf als Sitz des Karl-Renner-Instituts, das bis heute dort residiert.

Durch die vielen Seminare, Fortbildungen und Veranstaltungen war es naheliegend, für Unterkunftsmöglichkeiten zu sorgen. So wurde nach und nach ein Seminarhotel von stattlicher Größe daraus, das auch von Unternehmen und anderen Institutionen genutzt wurde. Was in den kommenden Jahren mit dem Gartenhotel passieren wird, ist unklar. SPÖ-Chef Christian Kern sagte nur, dass es sich beim Käufer um eine "mittelständische österreichische Immobilien-Gruppe" handelt. Auch das Renner-Institut braucht ein neues Quartier.

Einen letzten Dienst hat das Hotel der Partei insofern erwiesen, als es trotz seines Sanierungsbedarfs maßgeblich zur finanziellen Gesundung der SPÖ beiträgt. Nach Schätzungen des Politologen Hubert Sickinger, der auf Parteienfinanzen spezialisiert ist, könnten die Schulden bis zu 20 Millionen Euro betragen haben. Diese Zahl hat die SPÖ allerdings als "zu hoch" dementiert. Eine Zahl nennt die Partei nicht.

Schulden mit Historie

Ihre Schulden schleppt die SPÖ seit Jahrzehnten mit. Kaum hatte man sie ein wenig reduzieren können, kletterten sie durch Wahlkämpfe, besonders ungeplante wie 2002 oder 2008, hinauf. "Die Liquidierung der ,Arbeiterzeitung‘ (1991, Anm.) hat ein ziemlich großes Loch gerissen."

Die finanziell klamme Lage hatte in den 90er Jahren auch eine nachhaltige Folge auf die Parteistruktur. Denn im Vergleich zur ÖVP mit ihrer bündischen und föderaleren Struktur war in der Sozialdemokratie die Bundespartei tonangebend. Die Landes- und auch Bezirkssekretäre waren stets bei der Bundes-SPÖ angestellt - und dieser daher auch verpflichtet. Zumindest weit mehr als dies heute der Fall ist. "Das war schon auch ein Instrument der Steuerung", sagt Sickinger.

Diese Struktur konnte sich die Bundespartei aber spätestens unter Alfred Gusenbauer nicht mehr leisten, als die SPÖ erstmals nach 1970 wieder in Opposition musste. Gusenbauer erhielt den Auftrag, die Schulden abzubauen, es gelang jedoch nur eine Reduktion. Ein fortgesetzter Mitgliederschwund sowie zweimalige Neuwahlen haben das Defizit wieder vergrößert. "2013 hat die SPÖ dann noch einmal für 8,6 Millionen Euro einen Kredit aufgenommen", erzählt Sickinger.

Der Verkauf des Gartenhotels in Meidling hat die SPÖ einer Entschuldung nun ein großes Stück näher gebracht, bis zum Jahr 2020 will man diese erreicht haben. Das ist früher als ursprünglich geplant, doch da war noch nicht klar, wie viel der Verkauf des Hotels einbringen würde.

Leicht wird das Vorhaben für die SPÖ und ihren Vorsitzenden aber nicht. Erstens ist eine Mitgliederexplosion nicht zu erwarten. Die seit einem Jahr angebotenen Gastmitgliedschaften sind zudem kostenlos. Zweitens, und das ist bedeutend, ist die SPÖ nicht mehr in der Regierung. Vor allem unter Werner Faymann wurde die Partei mehr oder weniger aus dem Kanzleramt geführt, die Löwelstraße hat an Bedeutung verloren. Kern wird in die Parteizentrale investieren müssen.

Die ÖVP hat noch ihr Hotel

Drittens, und das wird für die kommende Wahlauseinandersetzung relevant werden, hat die ÖVP weniger Schulden als die SPÖ, und zudem hat Sebastian Kurz gezeigt, dass er seine Partei auch über Spenden kampagnenfähig machen kann, der SPÖ ist das nicht gelungen. "Das schafft Bewegungsfreiheit", sagt Sickinger. Dazu haben auf ÖVP-Seite natürlich auch Großspender beigetragen, eine Wirtschaftspartei hat hier gewisse Startvorteile.

Kurz hat diesmal aber auch einen Nachteil seiner Partei, nämlich ihre nach wie vor dezentralere Struktur, kompensieren können. "Die Bundespartei selbst hat weniger Geld, im gesamten System ÖVP ist aber mehr drin, das zeigen auch die Wahlkampfausgaben." Es war für die ÖVP aber oft schwer, alle auf eine Linie zu bekommen. Kurz hat das geschafft. Mangels strukturellem Durchgriff der SPÖ-Bundespartei ist der Vorteil von einst aber ohnehin passé.

Und noch einen Vorteil hat die ÖVP: Sie hat noch ihr Hotel für den Fall der Fälle. Ja, auch die Volkspartei hat sich in den 70ern eine politische Akademie zugelegt, ebenfalls in Meidling, und auch dort ist ein Hotel entstanden: das Springer-Schlössel. Eine Sanierung war übrigens auch in diesem Hotel notwendig, im März 2015 war sie abgeschlossen. Ein Hotelgast auf dem Reiseportal Tripadvisor schreibt über das ÖVP-eigene Hotel: "Die Renovierung ist sehr gut gelungen."