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Erfolg, Streit, Zerfall

Von Matthias Nagl

Politik

Wie schwer das langfristige Überleben von selbsternannten Bürgerbewegungen sein kann, zeigt sich in Tirol und Salzburg.


Salzburg/Innsbruck. Vorwärts Tirol und das Team Stronach Salzburg eint so manches. Zunächst, dass sie nach einem überraschenden Wahlerfolg 2013 heute in den jeweiligen Landtagen keine Rolle mehr spielen. Oder, dass sie sich selbst jeweils als Bürgerbewegung aus dem bürgerlichen Lager bezeichnet hatten. Oder, dass sich ihre späteren Abspaltungen, Impuls Tirol und die Salzburger Bürgergemeinschaft, in finanzielle Querelen brachten, die nun wohl alle vier Parteinamen zu Randnotizen in der Polit-Geschichte werden lassen.

Sowohl Impuls Tirol als auch die Salzburger Bürgergemeinschaft treten zwar bei den jeweiligen Landtagswahlen im Februar und April an. Nach einem langen Gezerre um die Parteifinanzen im Lichte der Öffentlichkeit gelten beide Parteien aber als chancenlos. Die Diskussion um die Finanzen haben die Chancen beider Parteien dabei gewiss nicht verbessert. Und so könnte man die Frage stellen, ob es denn Zufall ist, dass es hier zwei relativ junge bürgerliche Bewegungen nicht zuletzt wegen ihres Umgangs mit den Parteifinanzen noch vor dem Wahltag praktisch zerlegt. Der Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer von der Universität Innsbruck bejaht diese Frage deutlich: "Ich kann hier keine Parallelität feststellen. Das sind zwei völlig unterschiedliche Fälle. In Salzburg soll jemand nach einem Fehlgriff zur Rechenschaft gezogen werden, und im anderen Fall geht es um einen internen Konflikt, der in einem Gerichtsurteil endete", sagt Karlhofer.

Einmal Förderung,einmal Spende

Karlhofer hat insofern recht, als es um zwei völlig unterschiedliche Finanzprobleme geht. Auf der einen Seite steht der interne Streit zwischen Vorwärts Tirol und Impuls Tirol um die Parteienförderung. Die Liste Vorwärts Tirol zerbrach schon kurz nach der Landtagswahl 2013 in Streitigkeiten um Listenplätze, 2015 kam es zur Abspaltung von Impuls. Der OGH entschied im vergangenen Sommer, dass die Abgeordneten von Impuls die Parteienförderung für 2016 für ihre ehemalige politische Heimat, Vorwärts, zu Unrecht nicht beantragt hatten. Deshalb mussten die drei Abgeordneten nun privat die fällige Summe von über 600.000 Euro bezahlen. Für 2017 wurde die Förderung ebenfalls nicht beantragt, der Landtag half den drei Abgeordneten im Dezember mittels Anlassgesetzgebung aber aus der Bredouille. Für Verwunderung sorgte in Tirol, dass Impuls auch bei der kommenden Landtagswahl am 25. Februar antreten wird.

Das Problem bei der Salzburger Bürgergemeinschaft des am Montag zurückgetretenen Wohnbaulandesrats Hans Mayr ist wesentlich einfacher, aber immer noch kompliziert genug. Auch hier begannen die Streitigkeiten recht bald nach dem Einzug in den Landtag. Im Herbst 2015 verließ Mayr das Team Stronach im Streit und baute in der Folge die Salzburger Bürgergemeinschaft SBG auf. Da es sich um eine Abspaltung handelte, gab es naturgemäß keine Parteienförderung. Für einen neuerlichen Landtagswahlkampf musste Geld her, das über Spenden, Bürgschaften und Kredite hereinkommen sollte. Die Finanzierung war gesichert, allerdings waren unter den Spendern auch Firmen aus der Baubranche. Für einen Wohnbaulandesrat eine denkbar schlechte Optik, zumal die Firmen in zwei Fällen auch Bezug zur Wohnbauförderung hatten. Die sofortige Rückzahlung der Spenden konnte den Rücktritt Mayrs nicht mehr verhindern.

Im Detail sind die beiden Fälle also grundverschieden. Der Politikwissenschafter Reinhard Heinisch will die beiden Fälle auch nicht in einen direkten Zusammenhang bringen, sieht aber ein verbindendes Element: "Das Verbindende ist der interne Streit. Wenn eine politische Bewegung anfängt, dann verpufft das recht schnell und löst sich auf oder es gelingt, sich zu organisieren. Das kann man auch an vielen internationalen Beispielen sehen."

"In der Regel scheitertes am Streit"

Die erfolgreiche Organisation ist laut Heinisch aber die wesentlich schwierigere Übung. "In der Regel scheitert es am Streit", sagt er. "Kaum zieht sich ein Bindeglied zurück, zerfällt die Partei. Konflikte ums Geld sind ein logischer erster Konflikt. Die Situation des fehlenden Operationsapparats etablierter Parteien führt dazu, dass solche Bewegungen noch dringender Geld brauchen." Obwohl beide Fälle für die betroffenen Politiker auch persönlich belastend sind, ist die Anziehungskraft der Landespolitik zumindest für die Betroffenen ungebrochen.

Hans Mayr hat noch nicht ausgeschlossen, dass er nach seinem Rücktritt als Landesrat das ihm zustehende Landtagsmandat annimmt und lässt sich auch ein Antreten bei der Wahl im April offen. Impuls Tirol tritt trotz der finanziellen Belastung für die Kandidaten erneut an.

Eine Frage der Selbsteinschätzung

Für Karlhofer ist das keine große Überraschung. "Das ist eine Frage der Selbsteinschätzung. Sie sind der Meinung, dass sie neuerlich reüssieren können", sagt er. Die abschreckende Wirkung sei angesichts der gesetzlichen Lage auf Landesebene gering. "Solange es keine Haftung für Politiker in Regierungsverantwortung gibt, ist das Risiko vergleichsweise bescheiden. Dazu gibt es für Klubobleute und auch einfache Abgeordnete im Landtag ansehnliche Gehälter. Schwierigkeiten, Kandidaten für die Politik zu finden, gibt es eher auf der kommunalen Ebene", sagt Karlhofer.

Doch auch für diese Ebene konnten sich die Betroffenen begeistern. Sowohl Mayr als auch die neuerlich antretenden Impuls-Abgeordneten Maria Zwölfer und Josef Schett sind ehemalige Bürgermeister.