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Fischer gegen Fischotter

Von Petra Tempfer

Politik
Der Fischotter galt früher selbst als Fisch.
© Pixabay, CC0 Creative Commons

Kärntens Jagdreferent und FPÖ-Spitzenkandidat Darmann möchte die Jagd auf den per EU-Richtlinie streng geschützten Fischotter ermöglichen.


Klagenfurt. Biber und Fischotter galten früher als Fisch. Daher durfte ihr Fleisch selbst während der Fastenzeit gegessen werden. Heute hat sich die Situation gedreht: In Kärnten will man eine bestimmte Zahl an Fischottern - von denen man mittlerweile weiß, dass sie der Familie der Marder angehören - zum Abschuss freigeben, weil sie zu viele Fische fressen. Und das, obwohl der Fischotter gemäß der Fauna-Flora-Habitat Richtlinie (FFH-RL) der EU streng geschützt und jagdlich ganzjährig geschont ist.

Das hat darin seinen Ursprung, dass aufgrund des immer schlechteren Zustands der Fließgewässer der Fischotter seiner Nahrungsbasis beraubt wurde und die Bestände schrumpften. Nach 1945 war er fast ausgerottet. In Österreich trat der massive Ausbau der Wasserkraft in der alpinen biogeographischen Region hinzu, der Erhaltungszustand des Fischotters gilt hier heute noch als "ungünstig".

In der kontinentalen Region, also außerhalb des Alpenraums, gilt dieser jedoch als "günstig". Diese Tatsache und ein Gutachten der Uni Graz über den Fischotterbetsand nahm nun Kärntens Jagdreferent Gernot Darmann zum Anlass, eine Verordnung zu fordern, die in Kärnten die Jagd auf Fischotter ermöglichen soll. Kärnten befindet sich gerade im Walkampf zur Landtagswahl am 4. März, Darmann ist FPÖ-Spitzenkandidat.

Die Landesregierung habe am Mittwoch einen entsprechenden Bericht, "maßvolle Eingriffe" in die Fischotter-Population vornehmen zu dürfen, akzeptiert, sagte Darmann. Er wolle noch im Februar eine Verordnung in die Regierung einbringen.

Der grüne Landesrat Rolf Holub reklamierte ein zusätzliches Gutachten. Für die SPÖ ist es "wichtig, dass sich Experten mit dem Thema auseinandersetzen", heißt es aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser. Sobald Darmann eine Verordnung ausgearbeitet hat, werde man sich ein Urteil bilden.

Darmann habe jedenfalls bereits einen Bericht des zoologischen Instituts der Universität Graz mit einer gentechnologisch erhobenen Anzahl der Fischotter vorliegen, wie er sagt. Diese zeige, dass die Fischotter das Ökosystem aus dem Gleichgewicht gebracht hätten. "Der Bestand liegt bei 361 Individuen, seit 2014 hat sich dieser verdoppelt", sagt Darmanns Büroleiter Siegfried Jost zur "Wiener Zeitung". Der Fischbestand sei im selben Zeitraum um 80 Prozent gesunken. Besonders betroffen seien das Görtschitz- und Gurktal. Vor allem der Äschen- und Forellenbestand sei derart reduziert, dass dieser völlig verschwinden könnte, falls man nichts unternimmt. Im Görtschitztal lebe eine besonders seltene heimische Art, die Urforelle. "Wenn es diese nicht mehr geben sollte, wäre das ein unglaublicher Verlust", so Jost.

"Mensch stört Gleichgewicht"

Die Umweltschutzorganisation WWF sieht das differenzierter. Das Gleichgewicht der Natur sei allein schon durch den Menschen gestört, indem er künstliche Teiche und damit ein künstliches Nahrungsangebot schafft. Der Fischotter werde zu Unrecht zum Sündenbock gemacht, sagt Christina Wolf-Petre vom WWF. Zudem könne sich Kärnten nicht dem europaweiten Schutz bedrohter Arten entziehen. Viel klüger wäre es, es zuerst mit Präventionsmaßnahmen wie etwa Zäunen zu versuchen, wie das die Bayern oder Tschechen tun.

In Niederösterreich ist schon seit Sommer 2017 per Bescheid das Bejagen von Fischottern erlaubt. Von November bis März dürfen einzelne Tiere geschossen werden. Dazwischen, in der Schonzeit, wenn viele Weibchen trächtig sind, werden die Fischotter mit Lebendfallen gefangen und nur die Männchen entnommen. Die Weibchen kommen zurück ins Wasser.

Der Bescheid laufe bis Mitte 2018, dann werde die Bestandsentwicklung evaluiert und über ein weiteres Vorgehen entschieden, sagt Martin Tschulik von der Abteilung Naturschutz der NÖ Landesregierung. Bis Auslaufen des Bescheids dürfen insgesamt 40 Tiere bejagt werden, bis jetzt seien es etwa 13 gewesen, so Tschulik.

Als erstes Bundesland hat Oberösterreich 2015 einen Fischotter-Managementplan erarbeitet, nachdem sich Fischer über hohe Fisch-Verluste beschwert hatten. Seit 2017 dürfen Gewässer-Abschnitte per dreijährigem Bescheid völlig frei von Fischottern gehalten werden - zum Schutz der Fische.