Zum Hauptinhalt springen

Sozialpartner-Karussell dreht sich weiter

Von Martina Madner

Politik

Mit Renate Anderl und Wolfgang Katzian steht die künftige Führung von Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund fest.


Wien. Es ist seit Tagen bekannt, nach dem Präsidium der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) bestätigten sie es nun aber auch offiziell: Renate Anderl, bisher Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB), wird bei den Wahlen der Arbeiterkammer (AK) am 26. April als Nachfolgerin des bisherigen Präsidenten Rudi Kaske antreten. Und Wolfgang Katzian, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), soll beim ÖGB-Bundeskongress Mitte Juni die Führung von Erich Foglar übernehmen.

Personelle Weichenstellung, vorerst ohne neue Inhalte

Katzian nimmt seine Nominierung "mit großer Demut an" und sieht angesichts geänderter politischer Rahmenbedingungen auch große Veränderungen auf die Sozialpartnerschaft zukommen. Er kündigt an, über eine inhaltliche und strategische Neupositionierung des ÖGB nachzudenken, will aber als designierter Präsident noch nichts dazu sagen: "Ich werde vor dem ÖGB-Bundeskongress keine Interviews geben, um herumzug’scheiterln, was ich alles machen werde."

Ähnlich auch Renate Anderl. Sie spricht von großen Herausforderungen, die sie nicht alleine, sondern mit anderen gemeinsam lösen will, und sagt: "Mir ist schon bewusst, dass ich in große Fußstapfen trete." Sie betont, dass sie immer schon dafür eingetreten sei, dass Frauen in Führungspositionen kommen, weshalb "meine Entscheidung sehr rasch gefallen ist" und sie sich weiterhin dafür einsetzen werde, dass "Frauen eine finanzielle Eigenständigkeit haben". Gleichstellungspolitik bleibt also eine Konstante. Anderl ist übrigens nach Lore Hostasch (1994 bis 1997) die zweite AK-Präsidentin.

Mehr auf Inhaltliches eingehen will Anderl noch nicht: "Wir haben einen amtierenden Präsidenten." Dieser streut seiner Nachfolgerin Rosen: "Sie hat das Herz am rechten Fleck und das Ohr bei den Mitgliedern", so Noch-AK-Präsident Rudi Kaske.

Damit werden die bisherigen Posten der beiden frei, und auch hier ist bereits bekannt, wer im gewerkschaftlichen Personalkarussell ihre Positionen übernehmen wird: Als Spitze der ÖGB-Frauen und Vizepräsidentin soll auf Anderl Korinna Schumann nachfolgen. Sie ist seit 2006 Mitglied im Vorstand der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und seit 2013 Mitglied im ÖGB-Vorstand. Rainer Wimmer, Vorsitzender der Pro-Ge, beerbt Katzian als FSG-Vorsitzender. Dieser wiederum hat die Entscheidung der GPA, was seine Nachfolge anbelangt, am Rande der Pressekonferenz bekanntgegeben: Barbara Teiber, SPÖ-Landtagsabgeordnete und Geschäftsführerin der GPA-djp in Wien, wird auf Katzians Posten nachrücken.

Zwar harren die vier Designierten noch der Bestätigung in den jeweiligen Gremien beziehungsweise durch Wahlen. Da die FSG aber bei beidem bisher immer klar und deutlich eine führende Position einnimmt, scheint es reine Formsache und damit klar zu sein, dass Anderl künftig die Interessen der Arbeitnehmer vertreten werden.

Sozialpartnerschaftin komplett neuen Händen

Ähnlich ist es gegenüber bei der Arbeitgebervertretung. Schon am Montag erklärten die Präsidenten der neun österreichischen Landwirtschaftskammern, dass jener Vorarlbergs, Josef Moosbrugger, Hermann Schultes nachfolgen soll. Dessen Funktionsperiode endet am 15. Mai.

Der Noch-Präsident der Wirtschaftskammer (WKO), Christoph Leitl, dem am Dienstag die Rolle zukam, Dankesworte an die scheidenden Präsidenten sowie Gratulationen an die Designierten auszusprechen, hat seine Nachfolge bereits im Vorjahr geregelt: Seit 18. Dezember ist der frühere Wirtschaftsminister Harald Mahrer als Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes bestätigt. Sein Aufrücken an die WKO-Spitze soll noch heuer erfolgen. Spätestens dann ist das neue Sozialpartner-Quartett komplett.

Ob die Sozialpartnerschaft mit den vier Neuen in den kommenden Jahren gänzlich anders gestaltet wird, ist ungewiss. Neben dem neuen Gegenüber werden bei der Neupositionierung der Arbeitnehmervertretung aber auch die Vorhaben der Regierung eine große Rolle spielen. Während Leitl angesichts des "breiten Generationswechsels, der nunmehr auch in der Sozialpartnerschaft bevorsteht", weiterhin auf eine "gemeinsame Standortpartnerschaft" hofft, deren Anliegen sowohl der soziale Friede als auch die Lösung kommender Herausforderungen durch Digitalisierung, Migration, Klimawandel und Globalisierung sein sollen, ist beim Gegenüber nicht nur von Gemeinschaft die Rede.

Arbeitnehmer-Vertreter definieren ihre Rolle neu

Schließlich ist den Arbeiternehmervertretern mit der SPÖ der direkte Draht in die Regierung verloren gegangen. Zwar betont Katzian, der, sobald er bestellt ist, sein SPÖ-Nationalratsmandat zurücklegen wird, gegenüber der ÖVP-FPÖ-Regierung vorerst keine kämpferischen Töne anzuschlagen: "Ich persönlich gehe nicht zuerst auf die Barrikaden, sondern zum Heurigen. Ich sage ja zu jeder Form des Dialogs." Er stellt aber auch klar: "Wenn man mir das als Schwäche auslegt, dann setzt es Widerstand."

Von Anderl, die die AK übrigens aus ihrer Funktionärstätigkeit als Kammerrätin seit 2008 und aus zwei Jahren AK-Vizepräsidentschaft 2013 und 2014 von innen kennt, hört man zwar auch keinen Frontalangriff. Die AK sei überparteilich und werde weiterhin die Regierung "mit den schwarzen Bundesländern gemeinsam einstimmig" danach beurteilen, was diese für Arbeitnehmer leiste. Zu den von der Bundesregierung verlangten Sparplänen bis zum Sommer sagt sie aber: "Es ist wichtig, gegenüber einer finanzstarken Wirtschaft auch unsere Organisation finanzstark aufzustellen."

Ihr Vorgänger Kaske wird noch deutlicher: "Wir werden ab März intensiv mit unseren Mitgliedern in Dialog treten, denn wir sind ihnen, und nur ihnen, verpflichtet. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen." Ob das auf eine Befragung aller Mitglieder hindeutet, lässt er vor der Präsentation dieses Dialogs am 2. März offen.