Inwieweit das Finanzministerium zu einer Erhöhung des Kostenersatzes bereit ist, lässt sich zur Zeit allerdings nicht sagen. "Wir bitten um Verständnis, dass wir laufende Gespräche nicht medial kommentieren", heißt es auf Nachfrage. Das Sozialministerium fordert, dass die Länder "zuerst die Datengrundlagen auf den Tisch legen, anhand derer die Mehrkosten hochgerechnet werden", heißt es. Denn derzeit kursierten die unterschiedlichsten Zahlen bezüglich Mehrkosten durch den Entfall des Pflegeregresses, so das Sozialministerium weiter.

Rein gesetzlich gesehen trage der Bund die Pflicht, für finanzielle Ausfälle vonseiten des Landes aufzukommen, präzisiert der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". So sei es im Stabilitätspakt festgeschrieben. Bei einem Gang vor den Verfassungsgerichtshof hätten Gemeinden und Länder daher gute Chancen, sofern sie ihre Forderungen innerhalb der Frist einbringen, sagt er.

"Das Wahlzuckerl hat sich als bittere Pille entpuppt"

Das Gesetz habe "eindeutig eine zu niedrige Kostenschätzung und legistische Probleme", so Mazal. Notare hätten Schwierigkeiten bei der Umsetzung, weil nicht klar sei, welche Leistungen konkret unter die Abschaffung des Pflegeregresses fallen. Mazal fordert daher eine Novellierung und Präzisierung des Gesetzes.

Parallel dazu müsse man ein grundsätzlich neues Pflegemodell schaffen - "so kostengünstig und human wie möglich". Erst danach könne man sich der Finanzierungsfrage widmen und schauen, wer welche Kosten übernimmt. Mit der Abschaffung des Pflegeregresses habe man "das Pferd am Schwanz aufgezäumt". Sowohl Mazal als auch Riedl sprachen sich gegen eine eigene Pflegeversicherung und für eine Steuerfinanzierung aus - allerdings unter anderen Vorzeichen als aktuell.

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker fühlt sich in seiner Sorge bestätigt, ließ er in einer Aussendung wissen. "Das Wahlzuckerl von ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grünen hat sich als bittere Pille entpuppt, die die qualitätsvolle Betreuung von pflegebedürftigen Menschen in Österreich bedroht", sagte er.

Die laufenden Gesundheitsausgaben einschließlich der Ausgaben für Langzeitpflege steigen jedenfalls stetig an - 2016 erhöhten sie sich leicht auf 10,4 Prozent (2015: 10,3 Prozent) des Bruttoinlandsprodukts (BIP), so die Statistik Austria am Montag. Insgesamt betrugen die Ausgaben für Gesundheitsleistungen und -güter 36,88 Milliarden Euro. 5,40 Milliarden Euro wurden für Langzeitpflege ausgegeben, der Anteil beträgt somit 14,6 Prozent.

Bund, Länder, Gemeinden sowie die Sozialversicherungsträger kamen 2016 für 74,1 Prozent beziehungsweise 27,33 Milliarden Euro der laufenden Gesundheitsausgaben auf. Die restlichen Ausgaben in Höhe von 9,55 Milliarden Euro wurden durch private Haushalte, freiwillige Krankenversicherungen, private Organisationen ohne Erwerbszweck sowie Unternehmen getragen. Durch die Abschaffung des Pflegeregresses werden die Kosten für den Steuerzahler vermutlich nicht sinken.