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Finetuning am Asylgesetz

Von Simon Rosner

Politik

Innenminister Herbert Kickl hat erste Schritte zur Novellierung des Asylgesetzes präsentiert.


Wien. Es gibt wenige Gesetzesmaterien, die so häufigen Änderungen unterliegen wie das Asyl- und das Fremdenpolizeigesetz. Letzteres ist in den vergangenen 10 Jahren 16 Mal novelliert worden. Die Gründe sind unterschiedlich, manchmal hob auch der Verfassungsgerichtshof eine konkrete Bestimmung auf, ein personeller Wechsel im Innenministerium hat bisher aber noch jedes Mal zu einer Novellierung geführt.

Nun, da die FPÖ erstmals das Innenministerium besetzt, ist es naheliegend, dass es hier erneut zu gesetzlichen Anpassungen kommen wird. So steht es auch im Regierungsprogramm. Als Amuse-Gueule zu den geplanten Maßnahmen soll am Mittwoch die Ausweitung der Liste der "sicheren Herkunftsländer" im Ministerrat beschlossen und die Ukraine, Armenien und der Benin darin aufgenommen werden.

Große Auswirkungen auf das Asylwesen wird das freilich nicht haben. Aus der Ukraine stellten im Vorjahr 484 Personen einen Asylantrag, aus Armenien waren es 171 und aus dem Benin gerade einmal 21. Zudem bedeutet es nicht, dass ein Asylantrag von Staatsbürgern dieser Länder unzulässig wäre. Es können aber die Verfahren beschleunigt geführt sowie abgelehnte Asylwerber einfacher abgeschoben werden.

Am Wochenende hat Innenminister Herbert Kickl in Interviews bereits die nächsten Schritte im Asylbereich skizziert. Und auch bei diesen bleibt es, zumindest vorerst, auf der Ebene des Finetunings. Anderseits: Viel Verschärfungspotenzial haben Kickls Vorgänger dem neuen Innenminister auch nicht übrig gelassen.

So will dieser den Fokus auf den temporären Schutzstatus des Asyls richten. Die Möglichkeit, diesen Status abzuerkennen, wenn die Fluchtgründe wegfallen, hat es jedoch immer schon gegeben, unter Kanzler Werner Faymann wurde dies dann insofern hervorgehoben, als man "Asyl auf Zeit" kreierte. Demnach werden nach drei Jahren alle positiven Fälle automatisch erneut geprüft. Innenminister Kickl erklärte nun, dass man nicht unbedingt drei Jahre zuwarten müsse. Auch hier sind jedoch wenige konkrete Auswirkungen zu erwarten. Erstens hat sich die Situation in den hauptsächlich betroffenen Ländern Syrien, Afghanistan und Irak kaum verbessert, zweitens gelangen aber schon 2019 all jene Fälle zur automatischen Überprüfung, die im Jahr 2016 positiv beschieden wurden. Und das waren bekanntlich sehr viele.

Auf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) kommt damit eine enorme Mehrbelastung zu, viel freie Kapazitäten bleiben da nicht, noch zusätzliche Überprüfungen durchzuführen.

Aktuell arbeiten am BFA 1383 Personen, seit Gründung 2014 wurde der Mitarbeiterstand somit fast verdreifacht. Von den etwa 155.000 Anträgen, die zwischen 2015 und 2017 gestellt wurden, konnten bereits 80 Prozent abgearbeitet werden, dennoch gibt es nach wie vor eine Warteschlange.

Kickl will keine Ausnahmen

Gesetzliche Änderungen, wie sie nun wieder geplant sind, stellen eine gewisse Erschwernis für die Rechtspflege dar. Rupert Wolff, Präsident der Rechtsanwaltskammer, sagt über die ständigen Novellierungen: "Sie führen dazu, dass sich die zuständigen Beamten nicht mehr auskennen."

Die Stoßrichtung der geplanten Maßnahmen ist jedenfalls klar: Die Aufenthaltsdauer von Geflüchteten soll so kurz wie möglich gehalten werden, um zu verhindern, dass eine sogenannte "Aufenthaltsverfestigung" eintritt. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt kann nur sehr eingeschränkt ein Aufenthaltsverbot verhängt werden, nach zehn Jahren gar nur, wenn eine Verurteilung nach einer schweren Straftat vorliegt.

Kickl will hier auch keine Ausnahme, also ein Bleiberecht, wenn ein Asylberechtigter, dem eine Heimkehr zumutbar ist, besonders gut integriert ist. Hier hat es in jüngerer Vergangenheit immer wieder Fälle gegeben, bei denen Wirtschaftsbetriebe um ihre Arbeitnehmer, Schulklassen um ihre Mitschülerinnen und Gemeinden um einen Verbleib der neuen Gemeindemitglieder gekämpft haben.

Als die einstige Bundesregierung 2015 das "Asyl auf Zeit" beschloss, war es übrigens Sebastian Kurz, damals Integrationsminister, der Ausnahmen bei guter Integration gefordert hat. Diese sei ein "Integrationsturbo", sagte Kurz damals. Der heutige Kanzler fing sich eine Rüge seines Vorvorgängers Faymann ein. Kurz, so befand der SPÖ-Chef, wolle damit nur ein Signal setzen, um Asyl auf Zeit zu konterkarieren.

Denkbar, dass der Einwand Faymanns gewirkt hat, denn von der Idee, gute Integration mit einem Daueraufenthalt zu belohnen, dürfte Kurz abgerückt sein. Im Regierungsprogramm steht im Widerspruch zum einstigen Plan: "Keine weiteren aufenthaltsverfestigenden Maßnahmen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens".