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Bruchlinien einer Randregion

Von Wolfgang Liu Kuhn

Politik
Das Nassfeld gilt als Familienskigebiet.
© WZ/Hämmerle

Heta-Anteile am Nassfeld stehen zum Verkauf – ein Kärntner Streitfal


Klagenfurt. Rein landschaftlich könnte man von einer perfekten Winteridylle sprechen, wenn man die Gailtaler Bundesstraße entlang Richtung Kötschach-Mauthen und Nassfeld fährt: Die Gipfel der Karnischen Alpen sind mit Schnee bezuckert, die Eisdecke des Pressegger Sees glänzt in der Sonne, die vereinzelt in der Landschaft verstreuten Höfe haben sich herausgeputzt. Und es sind auch gute Nachrichten, die zuletzt aus der Region kamen: Mit einem Nächtigungsplus von 23 Prozent ist man in die Skisaison gestartet, bei den Gästeankünften wurden gar 28 Prozent mehr verzeichnet.

Doch die Zahlen und die Schneedecke können die Konflikte und Probleme nicht zudecken, mit denen die Region zu kämpfen hat. Vor allem das Bietermatch um Anteile an dem Skigebiet hat zuletzt Wunden geschlagen, die bis ins Persönliche hinein reichen - und die trotz aller Bemühungen auch ihren Weg in den laufenden Wahlkampf gefunden haben.

Ein Hypo-Folgeproblem

Die Ausgangslage: Die Heta Asset Resolution AG, also die staatliche Abbaugesellschaft der gestrandeten Hypo Alpe Adria, hält einen Drittelanteil am Nassfeld. Dem gesetzlichen Auftrag zufolge soll dieser veräußert werden, konkret geht es um 29,5 Prozent oder 56.233 Stückaktien an der Bergbahnen Nassfeld Pramollo AG, darüber hinaus stehen auch 3,81 Prozent oder 7267 Stückaktien der Grazer Wechselseitigen zum Verkauf. Schätzwert laut Gutachten: knapp 5 Millionen Euro.

Um diese Anteile rittert nun einerseits der slowakische Investor Igor Rattaj mit seiner Tatry Mountain Resorts S.A., der als großer Player in Osteuropa gilt und auch in der Slowakei, Tschechien und Polen aktiv ist. Dagegen hält eine heimische Bietergruppe um die Bauunternehmer Friedl Seiwald und Herbert Waldner, dem Chef von Riedergarten Immobilien. Die beiden führen ins Feld, dass sie bereits mit einer Seilbahn, Hotels und Restaurants am Nassfeld engagiert sind. "Schon mein Vater hat einst am Nassfeld investiert, ich bin mit meinen Unternehmen auch der größte Liftkartenkunde der Bergbahn", argumentiert Waldner.

Doch er hat die Rechnung ohne den Wirt gemach: Arnold Pucher (78) ist der Pionier am Nassfeld und hält dort aktuell einen Anteil von 17,55 Prozent. Vor allem aber hat er dank eines Syndikatsvertrags aus der Ära von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer das Ruder in der Hand. Die Satzungen verlangen eine 75-Prozent-Zustimmung, was bei jedem Beschluss das "Ja" von Pucher und dem Unternehmer Christof Herzog (7,84 Prozent) erforderlich macht. Pucher spielt diese Trumpfkarte selbstbewusst aus und hat von vornherein alle Gespräche mit Herbert Waldner und Aufsichtsrat Reinhard Zechner - auch Geschäftsführer der Land Kärnten Beteiligungen GmbH - abgelehnt. "Waldner hat für seine Hotelgäste 20 Prozent Rabatt verlangt. Damit ist es für mich vorbei", ließ Pucher über die "Kleine Zeitung" verstimmt ausrichten und verweist auf einen Vorvertrag mit Igor Rattaj.

Der Slowake wiederum wurde ursprünglich ausgerechnet von Herbert Waldner ins Gailtal gelockt. Nun stehen sich die beiden als Konkurrenten gegenüber, was für Risse sorgt, die sich von der Bevölkerung bis in die hohe Politik ziehen.

Kaiser: Das Land verkauft nicht

Dort wollte man das Thema aus dem laufenden Wahlkampf eigentlich heraushalten, doch vor allem die Freiheitlichen sorgten mit drei Dringlichkeitsanträgen für hitzige Debatten im Landtag. "Keine Zustimmung für den Verkauf der Heta-Anteile am Nassfeld an einen ausländischen Investor", hieß es im ersten Antrag. Weiters sprach man sich gegen den etwaigen Verkauf von Landesanteilen aus. Landeshauptmann Peter Kaiser musste ausrücken und beruhigte, das Land habe keine Absichten, seinen Drittelanteil zu veräußern. Kaiser ist aus gutem Grund vorsichtig, denn die Region ist in Aufruhr. Gemeinsam sprachen sich die sieben Bürgermeister des Bezirks Hermagor in einer Resolution dafür aus, dass die Mehrheit der Aktienanteile und damit die Entscheidungskraft in der Region verbleibt.

An vorderster Front dabei war Kaisers Parteifreund, Kötschach-Mauthens Bürgermeister Walter Hartlieb. Dieser steht unter Druck, seitdem die US-Firma Modine im vergangenen November überraschend ihr Werk geschlossen hat. Dort wurden seit 1976 Wärmetauscher produziert, vom Aus betroffen waren 146 Mitarbeiter, mehr als die Hälfte von ihnen über 50 Jahre alt.

Bevölkerungsschwund

Die Schließung des Werks ist ein Brandbeschleuniger für die prekäre Entwicklung des regionalen Raums, wo nun eine weitere Entvölkerung droht. Wegen der extremen Randlage und der im Landesdurchschnitt geringeren Einkommen werden laut Prognosen der Universität Graz bis 2030 weitere neun Prozent aus dem Bezirk abwandern.

Vor diesem Hintergrund ist auch die teils emotional geführte Debatte um den Verkauf der Nassfeld-Anteile zu verstehen, für welche die Angebote am 19. Jänner abgegeben wurden. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Verfahren zu einem Match David gegen Goliath geworden, bei dem sich die heimische Bevölkerung gegen eine ausländische Übermacht zur Wehr setzen muss. Süffisant merkt Nassfeld-Pionier Pucher dazu an: "Die Gäste aus Osteuropa sind am Nassfeld schon erwünscht."