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Für Nichtraucher Partei beziehen

Von Martina Madner und Jan Michael Marchart

Politik

Die FPÖ unterstellt dem Volksbegehren SPÖ-Bezug. Die Initiatoren stellen klar: Es geht um Nichtraucherschutz.


Wien. "Das ist unseriöse Politik. Mit diesem Vorgehen hat sich die FPÖ in der Gesundheitspolitik disqualifiziert", sagt Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe und Mitinitiator des Nichtraucherschutz-Volksbegehrens "Don’t smoke".

Was Sevelda empört und von ihm als "politische Mätzchen" bezeichnet wird, ist der Kurs von FPÖ-Gesundheitssprecherin. Diese bezeichnete das Volksbegehren in einem Interview des Ö1-"Morgenjournals" nicht nur als "komplett unseriös". Sie diskreditierte es als parteipolitisch: "Das hat die SPÖ gemeinsam mit der Ärztekammer, die ja auch von einem SPÖ-Mitglied geführt wird, über Wochen vorbereitet."

Tatsächlich fungiert neben Sevelda auch Thomas Szekeres, der Präsident der Ärztekammer, als Initiator - darüber hinaus allerdings auch Hellmut Samonigg, Rektor der Medizinischen Universität Graz, und Daniela Jahn-Kuch, Oberärztin an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Graz. Aber auch Szekeres lässt den Vorwurf Belakowitschs, parteipolitisch zu agieren, nicht unwidersprochen im Raum stehen: "Das stimmt nicht. Wir haben einen einstimmigen Vorstandsbeschluss in der Ärztekammer und Unterstützer des Volksbegehrens in allen Parteien." Und weiter: "Das ist kein partei-, sondern ein gesundheitspolitisches Anliegen. Es geht darum, dass Rauchen krank macht", so Szekeres. In der Gastronomie Arbeitende seien wegen Passivrauchens häufiger von Herzinfarkten und Krebserkrankungen betroffen. "Das ist über alle parteipolitischen Grenzen hinweg anerkannt." So unterstützt auch Erwin Rasinger, über viele Jahre ÖVP-Gesundheitssprecher, das Volksbegehren weiterhin, sagt er auf Nachfrage der "Wiener Zeitung".

Bereits 174.000 Unterstützende

Von Unseriosität spricht Belakowitsch, weil der neue Gesetzestext noch nicht bekannt sei. Diese Kritik geht ins Leere, denn Volksbegehren müssen sich nicht auf Gesetzesvorhaben einer Regierung beziehen. "Das Volksbegehren muss eine durch Bundesgesetz zu regelnde Angelegenheit betreffen und kann in Form eines Gesetzesantrages gestellt werden", heißt es im Gesetz dazu.

Ersteres trifft bei "Don’t smoke" zu, kurz und knapp wird "aus Gründen eines optimalen Gesundheitsschutzes für alle Österreicherinnen und Österreicher eine bundesverfassungsgesetzliche Regelung für die Beibehaltung der 2015 beschlossenen Novelle zum Nichtraucherschutzgesetz (Tabakgesetz)" gefordert. Demnach wäre das Rauchen in der Gastronomie ab Mai 2018 verboten - eine Forderung, die laut Initiatoren am Montagnachmittag bereits mehr als 174.000 Personen unterzeichnet haben. Das Parlament muss sich jedenfalls mit dem Anliegen auseinandersetzen: Die 100.000-Unterschriften-Marke knackte das Volksbegehren bereits nach drei Tagen, Samstagnacht. Da jede Unterstützungserklärung genauso wie die Unterschrift in den acht Tagen der sogenannten Eintragswoche zählt, mobilisiert "Don’t smoke" weiter, unter anderem auch in Ordinationen.

Dass das Gesetz von 2015 kein Gesamtkonzept für mehr Nichtraucherschutz sei, ist für die Initiatoren des Volksbegehrens kein Argument dagegen. Denn, so Sevelda: "Natürlich braucht es auch eine neue Preispolitik und Prävention bei Jugendlichen. Es ist aber nicht sinnvoll, zugleich die Flächen, wo geraucht werden darf, wieder auszuweiten. Nichtraucherschutz ist kein Thema für ein Abtauschgeschäft."

Man sei mit 15 Prozent Rauchenden unter den 15-Jährigen unter den Schlusslichtern im EU- Vergleich. Die Doppelstrategie, mehr Jugendschutz, aber weiterhin Raucherzonen in Lokalen, sei nicht zielführend und praktikabel: "Meint man das ernst, bräuchte es flächendeckende Ausweiskontrollen junger Leute in den Raucherlokalen. Das ist doch nicht zielführend", sagt Sevelda.

Noch aber gibt es nur die Regierungserklärung, die den Rahmen für das künftige Gesetz, das anstelle jenem von 2015 in Kraft treten soll, absteckt. Darin ist etwa vom "Schutz für Mitarbeiter unter 18 Jahren" die Rede. Und: Der "Jugendschutz wird verschärft." Belakowitsch verriet inhaltlich also nichts Neues. Sie geht davon aus, dass der Regierungspakt hält: "Das ist eine auspaktierte Angelegenheit, und ich gehe schon davon aus, dass die ÖVP sich an die Koalitionsvereinbarung halten wird."

Doch noch Änderungen?

Wobei nicht jeder Satz im Regierungsprogramm in Stein gemeißelt ist, wie gerade die Passage zum "Nichtraucherschutz neu" zeigt. Vereinbart wurde unter anderem: "Zusätzlich wird eine Abgabe pro Verabreichungsplatz im Raucherbereich pro Monat eingeführt, dessen Einnahme (sic!) für präventive Maßnahmen zu verwenden ist." Das aber wurde nur Tage nach der Präsentation des Programms zurückgenommen: "Es wird zum Nichtraucherschutz einen Gesetzesentwurf geben, ohne Wirte und Gastronomen zu belasten. Das können wir zusichern", so ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums noch vor Weihnachten.

Die Initiatoren des Volksbegehrens hoffen auf ähnliche Einsicht bei ihrem Anliegen: "Die Regierungsparteien sind für ihren Einsatz für direkte Demokratie bekannt, ich gehe davon aus, dass sie dem Willen der Bevölkerung folgen werden." Auch Belakowitsch sagt: "Man darf sich direkte Demokratie nicht nur dann wünschen, wenn das Ergebnis so passt, wie man sich das vorstellt." Außerdem: "Wenn es eine Mehrheit in Österreich ernst meint, muss man das so beschließen." Im Juli 2010 wollte sie das "leidige Thema" sogar noch mit einer Volksabstimmung abhandeln.

Was sagt die ÖVP zu alldem? Das ORF-Burgenland-Urgestein Gabriela Schwarz ist seit Beginn der Legislaturperiode ÖVP-Gesundheitssprecherin. Aber die frühere Programmchefin redet nicht. Oder sie darf nicht. Für sie hebt ihre Sprecherin ab, die prompt auf die Presseabteilung des Parlamentsklubs verweist. Aber auch dort schweigt man sich über die Aussagen von Belakowitsch aus.

Nur so viel: Die ÖVP werde pakttreu bleiben und sich an das halten, was im Regierungsprogramm steht. Was die Aussagen des Koalitionspartners zum Nichtraucherschutz-Volksbegehren betrifft, "dazu gibt es weder vom Klubobmann noch von der Gesundheitssprecherin etwas zu sagen". Dass Belakowitsch das Volksbegehren zum Nichtraucherschutz als "unseriös" und "parteipolitisch motiviert" bezeichnet, sei ganz allein ihre Interpretation.

Ebenfalls keinen ÖVP-Kommentar gibt es dazu, dass die FPÖ die Gesetzesänderung offenbar ohne Begutachtungsverfahren durchs Parlament bringen will - per Initiativantrag und nicht als Regierungsvorlage von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein. Das ist zwar vom blauen Klub noch nicht bestätigt, würde der Ministerin aber die heikle Aufgabe ersparen, als Gesundheitsministerin das Rauchverbot in der Gastronomie zu kippen, womit sie sich auch persönlich "nicht identifizieren" kann. So dürfte es auch Teilen der ÖVP gehen. Diese Regierungsdebatte verspricht Spannung.