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"Regierung will Zeit gewinnen"

Von Werner Reisinger

Politik

U-Ausschussantrag vom Parlament abgelehnt, SPÖ ruft VfGH an. Experten sehen wenig Chancen.


Wien. Andreas Schieder ist empört. Am Donnerstagabend lehnten ÖVP und FPÖ den SPÖ-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Vorgänge rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Geschäftsordnungsausschuss mit Mehrheit ab. Was den SPÖ-Klubchef besonders ärgert: Ohne mit der SPÖ zu kommunzieren, habe Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka beim Rechts- und Legislativdienst der Parlamentsdirektion ein "Gutachten mit gewünschtem Ausgang" über die Zulässigkeit des SPÖ-Antrags in Auftrag gegeben. Jener Wolfgang Sobotka, der sich in der Causa BVT für befangen erklärte und angekündigt hatte, der Zweiten Präsidentin Doris Bures den Vorsitz im Untersuchungsausschuss überlassen zu wollen, wie Schieder am Freitag vor Journalisten betonte. Schieder wirft Sobotka Amtsmissbrauch vor.

Die SPÖ wolle "in allgemeiner Weise" die politische Verantwortung betreffend "allfälliger" Missstände im BVT zwischen 16. Dezember 2013 und 13. März 2018 untersuchen, ist in der Ersteinschätzung des Rechts- und Legislativdiensts zu lesen. Untersucht werden könne aber laut Verfassung nur ein "bestimmter abgeschlossener Vorgang" - der Antrag der SPÖ sei daher, sinngemäß, weder "bestimmt" noch sei der zu untersuchende Vorgang "abgeschlossen". Laut der Einschätzung drohe deshalb die Gefahr von "Konflikten über Zulässigkeit und Umfang" des Ausschusses.

VfGH-Anrufung für Schieder fix

Auch, wenn Neos-Chef Matthias Strolz und Peter Pilz - obwohl nicht im Nationalrat und damit auch nicht anspruchsberechtigt auf einen Sitz im U-Ausschuss - am Freitag der SPÖ erneut ihre Zusammenarbeit bei der Erstellung eines überarbeiteten Antrags anboten, ist für Schieder die Entscheidung gefallen. Die SPÖ wird den VfGH anrufen. Sie hofft auf eine Bestätigung ihres U-Ausschussantrags durch die Verfassungsrichter.

"Es geht hier nicht um Formulierungen", so Schieder am Rande der Pressekonferenz am Freitag - die Regierung werde so oder so einen Weg finden, den Ausschuss zumindest zu verzögern. "Die Regierung will offenbar Zeit gewinnen. Vielleicht für den Frühjahrsputz", so der SPÖ-Klubobmann. Sein Bundesgeschäftsführer Max Lercher sprach am Nachmittag von einer drohenden "Orbanisierung" des Landes und von einem "Angriff auf die Demokratie". ÖVP und FPÖ würden versuchen, Aufklärung zu verhindern und zu verschleiern.

Die Parlamentsdirektion weist die Vorwürfe von Schieder zurück. Dass der Nationalratspräsident den Rechts- und Legislativdienst um eine Ersteinschätzung bete, sei ein üblicher Vorgang, sagte Parlamentsdirektor Harald Dossi am Freitag. "Ohne irgendwelchen politischen Wunsch" habe man die Rechtsfrage bewertet und Sobotka vorgelegt. Dieser habe das Gutachten noch vor dem Geschäftsordnungsausschuss an alle Parteien verteilt.

Ein Bruch der Usancen, entgegnet Schieder. Weder habe man mit der SPÖ Kontakt aufgenommen, noch habe man im Ausschuss dem Geschäftsordnungsantrag auf Vertagung zugestimmt. Man habe das Gutachten einfach dem ÖVP-FPÖ Ablehnungsantrag beigelegt.

Öhlinger: "Konkrete Vorgänge"

Der U-Ausschuss werde kommen, betont die ÖVP. Die SPÖ müsse nur ein "verfassungskonformes Verlangen" vorlegen, sagte etwa am Donnerstag ÖVP-Klubchef August Wöginger. Er halte es für "richtig und gut", dass der U-Ausschuss geplant sei, ließ am Freitag auch Bundeskanzler Sebastian Kurz von sich hören. Wenn "die SPÖ dies wünsche", werde der Untersuchungsausschuss "plangemäß und ohne Verzögerung" kommen.

Wie viel Aussicht auf Erfolg hat der Weg zum VfGH? Schieder rechnet mit einer relativ raschen Entscheidung, für ein Schnellverfahren würden die VfGH-Richter nach Anrufung vier Wochen Zeit haben. Der rote Klubchef ist optimistisch: Weder sei der Untersuchungszeitraum beim BVT-Ausschuss unüblich im Vergleich zu früheren U-Ausschüssen, auch seien früher oftmals weit mehr als nur ein Ministerium betroffen gewesen.Der Verfassungsjurist Theo Öhlinger sieht eher wenig Chancen für die SPÖ, für ihn ist die Sicht der Parlamentsjuristen berechtigt: "Es geht um konkrete Vorgänge, bei denen man einen Missstand vermutet, aber nicht um allfällige Missstände in einem langen Zeitraum."

Grünes Licht gab der Geschäftsordnungsausschuss hingegen am Donnerstag für den Neos-Antrag zum Eurofighter-U-Ausschuss, und zwar einstimmig. Am 17. April fällt im Parlament die endgültige Entscheidung.