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ÖVP beugt sich Kaiser

Von Werner Reisinger

Politik

Die rot-schwarze Koalition in Kärnten ist wieder auf Schiene. Die ÖVP akzeptierte die Bedingungen der SPÖ.


Klagenfurt. SPÖ und ÖVP haben sich in Kärnten nach zwei turbulenten Tagen mit einem Obmannwechsel bei der ÖVP wieder zusammengerauft. Die geplante Zusammenarbeit in der ersten Kärntner Koalitionsregierung nach Abschaffung des Proporzes befindet sich wieder in Anbahnung und auf Schiene. Die ÖVP akzeptierte die von der SPÖ aufgestellten Koalitionsbedingungen am Donnerstagabend. Einer Angelobung bei der konstituierenden Landtagssitzung am kommenden Donnerstag (12. April) steht nichts mehr im Wege.

Noch vor Ostern hatten SPÖ-Chef Peter Kaiser und sein schwarzes Pendant Christian Benger die Einigung präsentiert. Am Mittwochvormittag verkündete Benger dann überraschend seinen Rücktritt - zum Ärger der SPÖ. Es hatte schon länger Gerüchte um eine Ablöse Bengers gegeben, weshalb die SPÖ und Kaiser während der Koalitionsverhandlungen personelle Stabilität und Kontinuität forderten, was Benger und die ÖVP auch immer wieder zusicherten.

"Massiver Vertrauensverlust"

Kaiser stellte daher nach Bengers Rücktritt die Koalition infrage und sagte die geplanten Termine ab. In ihren Gremiensitzungen stellte die SPÖ schließlich noch am Mittwoch drei Forderungen auf: Der vereinbarte Koalitionspakt müsse weiter gelten, die ÖVP müsse Projekte für Kärnten auch im Bund unterstützen und das verfassungsmäßige Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung müsse "bis auf weiteres" fallen - in jener Regierung, in der die SPÖ künftig mit fünf, die ÖVP mit zwei Sitzen vertreten sein soll.

"Die Art und Weise, wie der alte ÖVP-Chef aus dem Amt geschieden ist, hat zu einem massiven Vertrauensverlust geführt", sagte der SPÖ Kärnten-Landesgeschäftsfürer Daniel Fellner zur "Wiener Zeitung". Nachdem es zahlreiche Hinweise gebe, wonach die ÖVP-Bundespartei kräftig am Stuhl von Christian Benger gesägt habe, bestehe die Gefahr, "dass man in Wien versucht, ein ähnliches Spiel zu spielen wie im Bund." Sprich: Ein von Sebastian Kurz "etwas ferngesteuerter ÖVP-Kärnten-Chef" könnte versuchen, Wahlsieger Peter Kaiser und die Landesregierung zu beschädigen.

"Wir sind gezwungen, der ÖVP das Messer aus der Hand zu nehmen", wie es Fellner ausdrückt. "Wir spielen da auch mit offenen Karten. Das wollen wir verhindern, und deshalb bestehen wir auf dem vorläufigen Aus für das Einstimmigkeitsprinzip", sagt der SPÖ-Landesgeschäftsführer.

Wie der neue ÖVP-Chef Martin Gruber am Donnerstagabend in seiner ersten Pressekonferenz bekannt gab, hat sein Parteivorstand die Bedingungen der SPÖ noch in der Sitzung am späten Mittwochabend akzeptiert. Es ist jene Sitzung, in der er selbst zum neuen geschäftsführenden Parteiobmann gewählt wurde. Auch Ministerin Elisabeth Köstinger sei dabei gewesen. Gruber sagte, die Zugeständnisse an die SPÖ sehe er als "Vertrauensvorschuss für eine zukünftige Koalition". Er habe von der ÖVP auch "umfassendes Pouvoir für Personalentscheidungen" bekommen. "Ich freue mich, dass wir eine Einigung zustande gebracht haben", sagte Kaiser zum Einlenken der ÖVP.

Am Freitag werden nun wieder die Hintergrundarbeiten am Regierungsprogramm anlaufen. Dieses soll am nächsten Mittwoch, wenn der Pakt feierlich unterzeichnet wird, in gedruckter Form vorliegen. Bis dahin müssen auch noch die SPÖ-Parteigremien über die Zusammenarbeit entscheiden.

Innerparteilich dürfte es in der Kärntner ÖVP turbulent zugehen. Denn dass bei Christian Bengers Abgang von der ÖVP-Spitze wohl innerparteiliches Mobbing im Spiel war, wird immer deutlicher. Medienberichten zufolge soll es vergangene Woche in einem Wirtshaus ein Treffen von Bengers Gegnern gegeben haben, die Runde soll telefonischen Kontakt zu Sebastian Kurz gehabt haben. "Nächste Woche ist Benger Geschichte", so dessen kolportierte Aussage. Gleichzeitig sollen am vergangenen Wochenende auffällig viele negative Kommentare zu Benger in den sozialen Medien aufgetaucht sein.

Aufstand der Bürgermeister

Wie die "Kleine Zeitung" online am Donnerstag berichtete, habe vor allem ein Kreis von Oberkärntner ÖVP-Funktionären und Bürgermeistern massiven Druck auf die Landesparteispitze ausgeübt. Die Bürgermeister sollen ultimativ einen Landesratssessel für den bisherigen Klubobmann Ferdinand Hueter gefordert haben, andernfalls werde man "beim Parteitag einen eigenen Weg" gehen, so die eindeutige Ansage. Geschehe dies nicht, drohen die dissidenten Schwarzen mit eigenen Listen bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen 2021.

"Alle Funktionäre haben bereits zu verstehen gegeben, dass sie andernfalls nicht mehr bereit sind, etwas für die Landes-ÖVP zu tun", heißt es in dem Brief. Hueter habe zudem diese Woche sein Bürgermeisteramt in Berg im Drautal zurückgelegt, da dieses mit dem Amt eines Landesrats unvereinbar wäre.