Wien. (ede/apa) Im Laufe unseres Lebens landen permanent Informationen über uns in Datenbanken. Es beginnt damit, dass unsere Geburt beim Standesamt registriert wird. Wo wir wohnen, wo wir zur Schule gehen, wo wir arbeiten, wann wir heiraten, welche Krankheiten wir haben: Diese und viele weitere persönlichen Daten werden vom Staat gesammelt und gespeichert. Dass die Regierung nun Daten für die Forschung freigeben will, wirft die Frage auf, welche Daten überhaupt einen Forschungsnutzen bringen.

Staatliche Datenbanken sind etwa das Zentrale Melderegister oder das Personenstandsregister. Wer an einer ansteckenden Krankheit leidet oder ein Hüftimplantat hat, wird erfasst, und auch die Sozialversicherungen und das Arbeitsmarktservive (AMS) verfügen über eine Menge an Informationen.

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein will Daten der Elektronischen Gesundheitsakte (Elga) jedoch nicht weitergeben. Elga sollte aber dabei sein, sagt die Leiterin der Abteilung für Studien und Statistik in der St. Anna Kinderkrebsforschung, Ruth Ladenstein. Sie hält sowohl die Registerforschung als auch die von Datenschützern kritisierten langen Speicherfristen für Forschungsdaten und - unter bestimmten Bedingungen - den Zugriff auf das Elga-System für die medizinische Forschung für nötig.

Plädoyer für lebenslange Speicherung

Die Datenschutzbehörde hat zuletzt festgehalten, dass die EU-Datenschutzgrundverordnung eine unbegrenzte Speicherung persönlicher Daten ausschließt. Ladenstein plädiert aber zumindest für eine lebenslange Speicherung und geht davon aus, dass die EU-Vorgaben (Art. 5 DSGVO) das auch möglich machen.

Als Beispiel nennt Ladenstein den Lymphknotenkrebs bei Kindern. Hier habe man erst durch Langzeitstudien über 40 Jahre entdeckt, dass im Kindesalter bestrahlte Patientinnen später ein massiv höheres Brustkrebsrisiko aufweisen. Darauf konnte mit dem weitgehenden Verzicht auf Strahlentherapie reagiert werden.

"Daten können leben retten", sagt auch Gert Mayer, Direktor der Universitätsklinik Innsbruck für Innere Medizin IV. Sie würden auch oftmals einen direkten unmittelbaren Nutzen für den Patienten erbringen. Es stelle sich die Frage: "Was erhalte ich aus der Analyse der Daten im Vergleich zum Risiko, wenn sie missbräuchlich verwendet werden?", sagt Ludovit Garzik, Geschäftsführer des Rates für Forschung und Technologieentwicklung. Wenn man vor hundert Jahren die medizinische Forschung eingestellt hätte, gäbe es heute weder Antibiotika noch Narkose. Krebsspezialistin Ladenstein hält den Zugriff auf Teile des Elga-Systems für nötig. Wobei sie aber davon ausgeht, dass dieser Zugriff nur erfolgen dürfte, wenn die betroffenen Patienten zugestimmt haben. "Wir dürfen auf diese Daten nur zugreifen, wenn der Patient eingewilligt hat." Elga grundsätzlich für wissenschaftliche Forschung zu sperren, wäre aus Ladensteiners Sicht falsch, "weil wir sonst einen Datensilo erzeugen". Damit würde die lebenslange Begleitung chronischer Erkrankungen erschwert.

"Enormer Verbesserungsbedarf bei Elga"

Am kommenden Montag wollen die Regierungsparteien im Forschungs-Ausschuss des Parlaments und am Freitag im Plenum das sogenannte Datenschutz-Anpassungsgesetz beschließen, in dem das neue Forschungsorganisationsgesetz (FOG) beschlossen werden.

Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte ließ in einer Aussendung wissen, er habe mit Erleichterung nehme zur Kenntnis genommen, dass Gesundheitsministerin Hartinger-Klein der Weitergabe von sensiblen Elga-Patientendaten eine klare Absage erteilt habe. "Die im Elga-System gespeicherten Daten gehen nur die Patienten und die sie behandelnden Ärzte etwas an", betont er.

Positiv stimme ihn auch die Bereitschaft des Gesundheitsministeriums, gemeinsam mit der Ärzteschaft grundsätzliche Verbesserungen des e-Befundes der Elga Gesundheitsakte Elga zu evaluieren: "Denn da gibt es enormen Verbesserungsbedarf." Das gesamte System sei auf keinem aktuellen technischen Stand, biete keinen guten Ein- und Überblick über die Krankengeschichte von Patienten und koste die Ärzte enorm viel Zeit, die dann am
Patienten fehle und habe nicht einmal eine funktionierende Suchfunktion.