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Rückschlag für sozialen Wohnbau

Von Alexander U. Mathé

Politik
© Christian Rösner

Die Wohnbauinvestitionsbank löst sich auf.


Wien. Die Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) hat ihre Selbstauflösung eingeleitet. Das bedeutet Analysten zufolge einen herben Rückschlag für den sozialen Wohnbau in Österreich. Noch am Dienstagvormittag hatte eine breite Front an Experten die Notwendigkeit der WBIB beschworen. Dann kam zu Mittag das Aus. Grund für den Auflösungsbeschluss ist laut WBIB der Rückzieher der Bundesregierung vor zwei Wochen, eine Ausfallbürgschaft zu übernehmen.

Die WBIB hätte eigentlich billiges Geld für den sozialen Wohnbau beschaffen sollen. Die Öffentliche Hand nimmt dafür nämlich nur ungern direkt Geld in die Hand, da das die im Europäischen Fiskalpakt verankerten Verschuldungsobergrenzen gefährden könnte. Also leiht sich die eigens dafür gegründete WBIB das Geld, für das der Bund lediglich bürgt (kolportierte 500 Millionen Euro). Der Bund als verlässlicher Bürge ermöglicht es wiederum der WBIB, billiges Geld bei der Europäischen Investitionsbank zu bekommen (die Rede war von 0,2 Prozent Zinsen). Dieses Geld wiederum wird zu - immer noch günstigen - 0,5 Prozent Verzinsung an die sozialen Wohnbauträger weitergegeben.

Diese beklagen schon lange, an die Grenzen des Möglichen zu stoßen: Die Grundstückspreise schießen in den Ballungsräumen durch die Decke; Arbeiter aus Osteuropa sind nicht mehr so leicht zu bekommen, weil in ihren Ländern die Bauwirtschaft ebenfalls boomt; hinzu kommen neue Baunormen wie etwa Telefon- und Internetanschlüsse in jedem Zimmer, heißt es von den Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV). Nun stehe eine weitere Mietteuerung bevor und ein stärkeres Ausweichen auf freifinanzierte Wohnungen, obwohl diese für viele unleistbar seien.

"Dass dem Bund leistbares Wohnen nun kein Anliegen ist, da kann ich mich nur wundern. Fakt ist: Wir brauchen die Wohnbau-Investitionsbank", sagte Arbeiterkammerpräsident Rudi Kaske. Von einer "kurzsichtigen Betrachtungsweise" des Bundes sprach auch Wohnbauexperte Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien Bauen und Wohnen. Die WBIB sei für einen langfristigen leistbaren Wohnbau ein wesentlicher Eckstein gewesen: "Wir haben derzeit einen sehr lebhaften Wohnungsneubau und niedrige Zinsen; das wird aber nicht immer so bleiben".

Dass die Haftung für die WBIB vom Bund in letzter Minute verweigert wurde, ist zumindest überraschend. Das Ganze war über viele Jahre verhandelt, dann auch noch mit Brüssel akkordiert worden. Am Ausfallsrisiko sollte der Rückzug des Bundes laut Amann jedenfalls nicht liegen. Dieses sei im sozialen Wohnbau nämlich im Promillebereich. Abgesehen davon sei ohnedies eine Art Ausfallversicherung Teil des WBIB-Projekts gewesen. Hinter vorgehaltener Hand sagen Experten, dass das Ende der WBIB so mancher Geschäftsbank wohl gelegen komme. Fällt dadurch doch eine billige Konkurrenz weg.

Bund verweist auf Länder

Im Finanzministerium hieß es sinngemäß, dass sozialer Wohnbau Landessache sei, mit der man nichts zu tun haben wolle. Für eine konkrete Stellungnahme war niemand zu erreichen. Die Bundesländer wiederum seien zurückhaltend, wenn es darum gehe, in die WBIB einzusteigen, hieß es von GBV-Obmann Karl Wurm. Eine direkte Übernahme der Haftung durch die Länder sei "unrealistisch", hieß es auch von Seite der WBIB. Dazu müsste das ganze Programm neu verhandelt werden, was "wieder mehr als zwei Jahre dauern" würde.

Diese Einschätzung bestätigte man auch bei der Stadt Wien: "Die Frage ist nicht, ob die Stadt Wien eine Haftung übernehmen würde, sondern, ob und unter welchen Voraussetzungen das Modell auch von den Ländern umgesetzt werden könnte." Darunter fiele etwa, welche Partnerschaft auf dem Finanzsektor eingegangen würde. Sprich: Welches Land welche Bank als Partner hätte. In den Bundesländern gebe es zudem jeweils unterschiedliche Rahmenbedingungen. "Das Ganze ist völlig neu zu überdenken und auch völlig neu zu entscheiden", heißt es aus dem Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.