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Endlich unangefochten

Von Matthias Nagl

Politik

In die Salzburger Landtagswahl geht Wilfried Haslauer nach 14 Jahren als ÖVP-Chef erstmals als klarer Favorit.


Salzburg. Am Sonntag wird Wilfried Haslauer, Landeshauptmann von Salzburg, voraussichtlich zum ersten Mal einen strahlenden Wahlsieg einfahren. Platz eins und ein Plus vor dem Ergebnis sind laut allen Umfragen fix. Die einzige Frage ist, wie groß das Plus ist. In den Wochen vor der Wahl stellte kein anderer Kandidat den Anspruch auf den Landeshauptmann, auch so eine Situation ist in Salzburg schon ziemlich lange her. Dabei dauert Haslauers politische Karriere inzwischen lange, in bundespolitischen Dimensionen sehr lange. Als der heute 61-Jährige im Frühjahr 2004 die Führung der Salzburger ÖVP übernahm, war Wolfgang Schüssel Bundeskanzler, die EU hatte 15 Mitglieder und Red Bull hatte noch keine Fußballmannschaft. Damit ist Haslauer mit Abstand der längstdienende ÖVP-Landeschef. Auf Bundesebene ist Sebastian Kurz sein sechster ÖVP-Obmann.

Auf Haslauers ÖVP-Regentschaft in Salzburg gibt es zwei mögliche Sichtweisen. Die wohlwollende geht so: Haslauer hat seine Partei nach neun Jahren SPÖ-Interregnum wieder zurück an die Spitze der Landesregierung geführt, dazu stellt die ÖVP aktuell zum zweiten Mal nach 1945 den Bürgermeister der Stadt Salzburg und konnte die Zahl der Bürgermeister im gesamten Land sogar ausbauen.

Die weniger wohlwollende - und weniger verbreitete - Betrachtungsweise geht so: Auch Haslauer konnte den Niedergang der einst dominierenden Kraft im Land nicht stoppen, die 29 Prozent bei der Landtagswahl 2013 bedeuteten ebenso einen historischen Tiefststand wie die 19,4 Prozent bei der Gemeinderatswahl 2014 in der Stadt.

Den Makel des historischen Tiefststandes wird Haslauer am Sonntag mit ziemlicher Sicherheit hinter sich lassen, die Umfragewerte für die ÖVP reichen von 32 bis 40 Prozent, die wohlwollende Sichtweise wird sich wohl endgültig durchsetzen. Haslauer nutzt den Amtsbonus des Landeshauptmanns voll aus. Im Wahlkampf machte er sich rar. Wenn er auftrat, gab er sich besonnen und staatstragend.

Auch SPÖ-Spitzenkandidat Walter Steidl akzeptiert Haslauers Führungsrolle im Land. Das war nach der Wahl 2013 noch gänzlich anders. Nun sagte Steidl bei der letzten Diskussionsrunde vor der Wahl: "Ich schätze an Dr. Haslauer, dass er die letzten fünf Jahre eine Regierung geführt hat mit viel Ruhe und Gelassenheit, weil es in dieser Konstellation nicht immer einfach war."

Dabei liegt Haslauer die Führungsrolle sichtlich stärker als die Rolle als Juniorpartner, die er unter SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller innehatte. "Burgstaller war eine bunte, unkonventionelle Landeshauptfrau. Daneben war Haslauer sehr grau. Sein jetziges Amtsverständnis kommt dem eines klassischen Landeshauptmanns näher", analysiert Politikwissenschafter Reinhard Heinisch von der Uni Salzburg.

Dass Haslauer aber auch anders als staatstragend und ruhig kann, bewies er nach dem Ausbruch des Salzburger Finanzskandals Ende 2012. Wenige Tage nach Auffliegen des Skandals brach er Neuwahlen vom Zaun. Im Wahlkampf ließ der oft so zurückhaltend agierende Politiker mit parteitaktischem Kalkül und Populismus aufhorchen. Er schimpfte den langjährigen Koalitionspartner SPÖ öffentlich eine "Bande" und schob der "Burgstaller-SPÖ" die alleinige Verantwortung am Skandal zu.

Die Strategie ging auf, als einziges Regierungsmitglied überlebte Haslauer den Skandal politisch, heute spricht kaum mehr jemand davon. Nach der Wahl packte der ÖVP-Chef die rauen Töne schnell wieder ein und erfand ein politisches Verkaufsargument, das einige Jahre später auch Sebastian Kurz auf Bundesebene übernahm: den neuen Stil.

Keine Nebenvereinbarungen, kein Streit, sachorientiert, respektvoll sollten die Regierungsmitglieder miteinander umgehen, propagierte Haslauer 2013. Während die Regierung Kurz damit schon nach wenigen Monaten zu kämpfen hat, hielt Haslauers Regierung das tatsächlich fünf Jahre lang weitgehend durch. Das mag freilich weniger an den handelnden Personen als an der Beschaulichkeit der Salzburger Landespolitik liegen, die für eine derartige Unaufgeregtheit wesentlich besser geeignet ist als das bundespolitische Parkett.

Das politische Denken erlernte Haslauer von klein auf, war doch sein Vater Wilfried Haslauer senior von 1977 bis 1989 selbst Landeshauptmann von Salzburg. In die Politik ging Haslauer junior aber erst viele Jahre nach dem Rückzug seines Vaters. Zunächst gründete er eine eigene Anwaltskanzlei und sorgte in dieser Rolle für Aufsehen. Er verteidigte etwa einen Beschuldigten nach der Brandkatastrophe von Kaprun und vertrat eine Gruppe, die das ORF-Radiomonopol zu Fall bringen wollte, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.

Kurz nach seinem Einstieg in die Politik war Haslauer auch schon Salzburger ÖVP-Chef. Wenige Wochen vor dem Wahltermin 2004 wurde er quasi über Nacht als designierter Nachfolger des damaligen Landeshauptmanns Franz Schausberger präsentiert. Der Plan war gewesen, diesen erst nach einer halben Legislaturperiode zu beerben. Doch nach dem Wahlsieg der SPÖ erfolgte die beschleunigte Übergabe.

Der Wirtschaftsbündler Haslauer einte die Partei und beendete die oft öffentlich geführten Bündekämpfe. Bis er die Partei zurück auf Platz eins führte, vergingen aber neun Jahre. Doch 2013 war Haslauer nach einem Minus von 7,5 Prozentpunkten und dem Finanzskandal kein strahlender Sieger.

Feiern durfte Haslauer dann im vergangenen Dezember, als sein Trauzeuge Harald Preuner die Bürgermeisterwahl in Salzburg gewann und zweiter ÖVP-Bürgermeister der Nachkriegszeit wurde. Nun sitzen die beiden Freunde Haslauer und Preuner in Salzburg an den Schalthebeln. Seinen ersten eigenen strahlenden Wahlsieg kann Haslauer für Sonntag erwarten.