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Warum der Pflegeregress die Länder nicht das Gleiche kostet

Von Martina Madner

Politik

Die Forderungen der Bundesländer sind stark unterschiedlich: fünf mögliche Gründe dafür.


Wien. 100 Millionen Euro hatte die Bundesregierung als Ausgleich für den Pflegeregress vorgesehen. Der Städte- und der Gemeindebund gingen genauso wie die Bundesländer dagegen von 530 bis 650 Millionen Euro aus. Vergangene Woche einigten sich ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und die Finanzreferenten der Bundesländer auf einheitliche Berechnungskriterien: Die Bundesländer durften neben bestimmter Kosten für Behindertenpflege vor allem die Einnahmen, die ihnen durch die Abschaffung des Regresses entgehen, sowie die Kosten, die ihnen durch weniger Selbstzahler von Pflegeheimplätzen entstehen, anmelden.

Deutliche Unterschiede bei den Bundesländerforderungen

Ein Rundruf der Austria Presseagentur hat ergeben, dass es bei den Verhandlungen der Landeshauptleutekonferenz am Donnerstag und Freitag nun in Summe um insgesamt 465,9 Millionen Euro gehen wird, die die Bundesländer als Ersatz vom Bund einfordern: Konkret will die Stadt Wien 110 Millionen Euro, die Steiermark 100, Oberösterreich 65,7, Niederösterreich 63, Salzburg 34,7, Tirol 30, Vorarlberg 21,3, das Burgenland 21,2 und Kärnten 20 Millionen Euro. Und es zeigt sich: Das entspricht weder der Anzahl der Personen im Alter von 75 Jahren und mehr, die häufiger als Jüngere Pflege benötigen, noch entspricht es der Anzahl an Pflegeheimbewohnern. Selbst wenn man die bisher verrechneten Betreuungstage im Pflegeheim heranzieht, zeigt sich: Das Burgenland hält 36 Euro pro Pflegeheimtag als Ausgleich für den Regress für gerechtfertigt, Wien ebenfalls hohe 32 Euro. Kärnten und Tirol gehen dagegen mit niedrigen 12 bzw. 14 Euro pro Pflegeheimtag in die Verhandlungen mit dem Bund. Es sind Unterschiede, die sich nicht nur mit "verhandlungsstrategischen Gründen der Bundesländer" erklären lassen, wie das Matthias Firgo, Regionalökonom beim Wifo, nennt. Der Grad der Pflegebedürftigkeit der Älteren ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Eine Studie zur Langzeitpflege im Auftrag des Fiskalrates zeigt, dass 2015 im Burgenland mit 5784 Euro Pflegegeld pro Pflegebedürftigem am meisten Geld aufgewendet wurde, in Wien dagegen mit 5118 Euro dagegen am wenigsten. Das könnte also die vergleichsweise hohen Forderungen des Burgenlands erklären, nicht aber jene Wiens.

Wien deutlich über dem österreichischen Durchschnitt

Was die Studie auch zeigt: Der Aufwand pro Person und Jahr für stationäre Pflege liegt in Wien mit 13.668 Euro deutlich über dem österreichweiten Durchschnitt von 10.130 Euro, gefolgt von Kärnten mit 11.613 Euro und der Steiermark mit 11.125 Euro. Laut Firgo liegt das daran, dass jene, die in Wien im Pflegeheim sind, einen deutlich größeren Pflegeaufwand haben: In Wien erhalten 83 Prozent der Pflegeheimbewohner Pflegegeld der Stufe vier bis sieben, in Vorarlberg dagegen nur 62 Prozent. Eine höhere Pflegestufe bedeutet höhere Kosten - auch beim Personal. Und genau hier hat sich Wien zu einem deutlich besseren Schlüssel als andere Bundesländer selbstverpflichtet: Bei Stufe sieben ist ein 1:1 Verhältnis zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen vorgesehen, in Vorarlberg eines von 1:1,5.

Gründe sind auch die Unterschiede bei den Regressregelungen in der Vergangenheit: Wien griff bereits ab einem Freibetrag von 4000 Euro zu, Niederösterreich erst ab 12.667 Euro. Unterschiede soll es auch bei der Anzahl jener geben, die die Pflegeheimkosten selbst übernommen haben. Wie groß diese sind, ist bei beidem aber mangels österreichweiter Vergleichdaten nicht klar. Klar ist aber: Landeshauptleute und Finanzminister wollen am Freitag ihr Verhandlungsergebnis präsentieren.