Was ist mit der Weiterbildung nach der Lehre, Schule oder Studium? Die wird oft nur angeboten, wenn man arbeitslos ist.

Wir haben noch zu wenig leistbare Systeme dafür, die es einem Erwachsenen ermöglichen, während seines Lebens einen völlig anderen Beruf zu lernen. Jetzt gibt es das Fachkräftestipendium, die Bildungskarenz und die Bildungsteilzeit. Die Bildungskarenz wird zwar für Weiterbildung verwendet, und nicht nur dafür, um blauzumachen. Aber wer nützt sie? Junge, gut ausgebildete Leute. Das ist schön, war aber nicht die ursprüngliche Idee. Deswegen haben wir die Bildungsteilzeit für die geringer Qualifizierten erfunden, damit die Einkommenseinbuße zum Gehalt während der Ausbildung niedriger ist. Aber wer nimmt sie in Anspruch? Wieder nur die gut ausgebildeten Jungen. Die Bildungsneigung hängt mit dem Bildungsgrad stärker zusammen als mit dem finanziellen Anreiz.

Was ist also die Alternative?

Wir fördern Unternehmen, indem wir die Hälfte der Qualifizierungskosten oder bei längerfristigen Qualifikationen die Hälfte der Lohnkosten bezahlen. Und zwar für die, die laut Statistik wenig qualifiziert werden. Das sind die Älteren und niedrigqualifizierte Frauen. Das wird gut angenommen und funktioniert besser als die Bildungsteilzeit.

Was aber, wenn manche schon mit 15 zu lernen aufhören wollen? Dann produziert das System neue Unqualifizierte?

Dann ist der Hebel dafür in unserem Bildungssystem zu suchen. Das ist ja auch das Tolle an der Idee der Bildungspflicht bis zum Alter von 18 Jahren. Sie ist aber nur halbherzig umgesetzt, weil sie erst zwischen 15 und 18 Jahren ansetzt. Die Frage, ob jemand eine höhere Ausbildung macht oder nicht, wird schon weit früher im Kindergarten oder in der Volksschule entschieden. Wenn die Bildungspflicht wirklich funktionieren soll, muss ich den Fokus auf den Beginn der Bildungskarriere legen.

Zurück zum AMS. Wird mit der Reform, die die Regierung von ihnen fordert, auch besser für die Digitalisierung qualifiziert?

Ja, aber nicht nur wegen der Digitalisierung, sondern auch, weil sich der Arbeitsmarkt verändert. Heute drängen auch viele junge, teils sehr gut Ausgebildete aus dem benachbarten EU-Ausland auf unseren Arbeitsmarkt. Aufgabe des AMS und auch der Politik ist aber, die vielen Stellen, die es jetzt wieder gibt, an Langzeitarbeitslose zu vermitteln. Wir haben in den letzten drei Monaten 90.000 neue Stellen, aber die Arbeitslosigkeit ging nur um 30.000 zurück. Die Idee im Regierungsprogramm ist es, arbeitsplatznah zu qualifizieren. Die Firma sucht sich jemanden aus, der wird qualifiziert und dann auch fix genommen.