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"Die Liste ist nicht tot"

Von Jan Michael Marchart und Werner Reisinger

Politik

Der zurückgetretene Mandatar Peter Kolba glaubt an eine erfolgreiche Zukunft der Liste Pilz.


Wien. Seit vergangenem Donnerstag ist der Konsumentenschützer Peter Kolba (59) kein Abgeordneter der Liste Pilz mehr. Der interne Streit um die Rückkehr von Peter Pilz habe dazu geführt, dass er mit dem "Intrigantenstadl" nichts mehr zu tun haben möchte. Im Clinch liegt er mit der jungen Abgeordneten Martha Bißmann, die trotz "ultimativer Forderungen" schließlich doch nicht Platz für den Parteigründer machte.

"Wiener Zeitung": Die Geschichte der Liste Pilz ist eine von Desastern. Der Klub ist gespalten. Es gibt Konflikte zwischen Jung und Alt, zwischen Frauen und Männern. Wechselnde Intrigen und Loyalitäten wirken normal. Die unwürdigen Streitereien rund um die Rückkehr von Peter Pilz wurden, besonders von Ihnen, öffentlich ausgetragen - zum Schaden der Parteiintegrität. War’s das für die Liste?

Peter Kolba: Das muss man auseinanderhalten und es war nicht immer so. Die Parlamentarier und der Klub haben ein herrliches Team, das unter dieser Situation leidet. Ich hoffe, dass die Querelen ein Ende finden und Ruhe einkehrt. Dann hat man noch vier Jahre Zeit, wieder Fuß zu fassen. Dass das gelingt, halte ich für gut möglich.

Wären Sie Pilz-Wähler, würden Sie Ihre Stimme inzwischen als eine verlorene betrachten?

In diesem Augenblick würde ich das tun. Wir haben sicherlich zum Politikverdruss der Wähler beigetragen, den wir bekämpfen wollten. Die Liste ist aber nicht tot. In fünf Jahren kann das alles wieder ganz anders sein.

Warum haben Sie Ihren Rücktritt vergangenen Donnerstag so kurzfristig beschlossen? Die neue Klubspitze war nicht eingeweiht.

Ich wurde in einem lancierten Zeitungsartikel dafür kritisiert, dass ich als Parteichef nichts zustande gebracht hätte. Dabei bin ich das gar nicht. Das ist Peter Pilz. Außerdem stand darin, dass mich drei Frauen aus dem Klub für mein Kommunikationsverhalten und für die Strategie kritisieren würden. Egal ob das stimmt oder nicht, aber niemand aus der Partei ist aufgestanden und hat mich verteidigt. Wenn ich mich öffentlich anpatzen lassen muss, ziehe ich die Konsequenz daraus.

Haben Sie damit nicht den leichtesten aller Wege gewählt - einfach zu gehen, wenn es schwierig wird?

Ich bin in einem Alter und in einem Gesundheitszustand, in dem ich es mir nicht mehr zumute, dagegen zu kämpfen.

Waren Sie retrospektiv die richtige Wahl als interimistischer Klubchef? Sie haben Kritik immer sehr persönlich genommen.

Die Entscheidung war damals richtig. So sehr wir die jungen Frauen fördern wollen, uns ist der Spitzenkandidat und logische Klubobmann Peter Pilz abhandengekommen. Hätten wir eine Frau an die Front gestellt, hätte sie sich immer fragen lassen müssen: Was sagen Sie zum "Grapscher" Pilz? Ich hab das übernommen, weil ich Erfahrung habe mit Medien. Nur gibt es einige Journalisten, die die Liste runterschreiben und uns vorwerfen, dass wir kein Thema gesetzt haben. Das haben wir aber. Unter anderem zu Cannabis und Heimopfern. Wir sind aber immer nur darauf reduziert worden, was mit Peter Pilz ist.

Sie haben auf einem sozialen Netzwerk Journalisten gesperrt.

Eine Journalistin hat ein geteiltes Twitter-Posting von mir weiterverbreitet und gemeint, dass der Schreiber des Postings der zweite Mann der Identitären ist, und moniert, dass ich Postings von diesem teile. Ich kannte diesen Mann nicht und finde nicht, dass Politiker sämtliche fünften Zwerge kennen müssen. Andere Journalisten haben den Vorwurf, dass ich zu blöd bin, Identitäre zu erkennen, geteilt oder mir vorgeworfen, dass ich denen politisch nahe wäre. Soetwas nehme ich natürlich persönlich.

Warum haben Sie die internen Forderungen von Ihrer Kollegin Martha Bißmann veröffentlicht?

Das war mit Peter Pilz abgesprochen. Das Papier lag in etlichen Redaktionen und wir wollten dem Ganzen Bedeutung nehmen, indem wir es zuerst veröffentlichen. Frau Bißmann wollte sich als Feministin und Ökologin inszenieren, was so nicht mehr geht. Wir hätten sofort mit einem Ausschluss aus dem Klub reagieren sollen. Ein Ultimatum an den Klub ist ein No-Go.

Bißmann sagte auch, dass kein Mann für Pilz weichen wollte. Warum nicht?

Es gab Angebote. Aber darauf will ich nicht eingehen. Wenn die Sache mit Pilz nicht passiert wäre, hätten wir eine Frau als Klubobfrau gewählt. Wir haben eine Klubdirektorin und Geschäftsführerin. Das ist unfair von Frau Bißmann. Wir wollen Frauen fördern. Sie wollte von Anfang an alles werden. Sie würde auch für den UN-Generalsekretär kandidieren.

Zum Streiten gehören immer mehrere Leute. Was haben Sie falsch gemacht?

Ich bin mit mir im Reinen. Zu den Dingen, die ich getan habe, stehe ich. Es ist halt anders, als man es traditionell sagen würde..

Wir wissen, dass Pilz ein Aufdecker ist und einen Wahlkampf führen kann. Weniger bekannt ist er dafür, ein Teamplayer zu sein.Während sich seine Partei in den Haaren liegt, radelt er in Kärnten. Sollte die Rückkehr klappen, kann er überhaupt eine Partei anführen?

Radfahren in Kärnten ist momentan nicht das Beste. Peter Pilz ist ein Aufdecker, aber kein Organisator. Solche Leute bräuchte die Liste. Und: Nur Untersuchungsausschüsse alleine sind zu wenig. Es muss möglich sein, dass sich alle mit ihren Themen profilieren können. Ob starke Persönlichkeiten neben Pilz möglich sind, kann ich nicht sagen. Das wäre mit ihm als Klubobmann anders gewesen.

Was macht Peter Kolba jetzt außerhalb des Parlaments?

Nach einer kurzen Pause möchte ich mich mit Bürgerrechten näher auseinandersetzen.