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Häupl fordert Vetorecht des Bundesrats bei Finanzausgleich

Von Simon Rosner

Politik

Für den scheidenden Städtebund-Präsidenten sind durch Verwaltungsreform niemals steigende Pflegekosten zu finanzieren.


Feldkirch. Michael Häupl mag sehr lange Bürgermeister von Wien gewesen sein, 24 Jahre immerhin. Es geht aber noch länger. Wilfried Berchtold steht seit nunmehr 27 Jahren Feldkirch vor, der westlichsten Stadt Österreichs. Doch auch diese Amtszeit neigt sich dem Ende zu, die Übergabe ist eingeleitet. Davor richtet Feldkirch aber noch den Städtetag aus: 900 Teilnehmer, darunter zahlreiche Bürgermeister der rund 250 Städte Österreichs. Auch der neue Präsident des Städtebundes wird dabei gewählt. Häupl übergibt sein Amt an Michael Ludwig, seinen Nachfolger in Wien.

Politische Abschiede bieten immer auch Gelegenheit für Rück- und Ausblicke sowie für finale Wünsche. Einen solchen formulierte Häupl auf der Pressekonferenz im Vorfeld des Städtetages. Zwar habe sich in seiner Amtszeit die Gesprächsbeziehung mit dem Bund verbessert. "Wir diskutieren jetzt auf Augenhöhe wie beispielsweise bei den 15a-Vereinbarungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden", so Häupl. "Beim Finanzausgleichsgesetz würden wir uns aber wünschen, dass man nicht mit einfacher Mehrheit im Nationalrat einfach über alles drüberfahren kann."

Mehr Mitsprache beim FAG

Der Noch-Städtebund-Präsident wünscht sich entweder eine "qualifizierte Mehrheit" bei einem Nationalratsbeschluss zum Finanzausgleich oder eine echte Vetomöglichkeit für den Bundesrat. Dass der Bund die Städte und Gemeinden in den Verhandlungen einbindet, sei zwar gegenwärtig eine gelebte Praxis, "aber es steht nirgendwo in formalisierter Form", sagte Häupl.

Ein zentrales Thema beim Städtetag ist die Pflege. Und sie ist es aus zweierlei Gründen, wie Häupl sagte: "So wie wir mit alten Menschen umgehen, zeigt sich eine Qualität einer Gesellschaft". Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass jeder und jede so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben könne. Außerdem muss die Qualität der Betreuung und der Pflege ausreichend sein. "Das kann ja nicht jeder, das ist eine hoch qualifizierte Arbeit", betonte Häupl.

Der zweite Grund, der für die Kommunen ein ganz bedeutender ist, ist die Finanzierung. Dass auf die öffentliche Hand bei Gesundheit und Pflege deutlich höhere Kosten als bisher zukommen werden, ist unstrittig. Doch wer zahlt? Und wie viel? "Es wird jedenfalls nicht aus dem System heraus durch eine Verwaltungsreform finanzierbar sein", sagte Häupl. Gerade die Städte hätten in den vergangenen Jahren einen signifikanten Zuzug gehabt, was auch einen Niederschlag im Verwaltungsaufwand gehabt habe. Dennoch sei die Personalzahl in der Verwaltung nicht gestiegen.

Humanistische Tradition

Die steigenden Kosten in der Pflege sind nicht nur Konsequenz einer demografischen Verschiebung. Sie haben mehrere Ursachen, etwa höhere Ansprüche sowie bessere, aber eben teurere Behandlungsmöglichkeiten. Doch es hat sich auch gesellschaftlich viel verändert. Darauf ging Feldkirchs Bürgermeister Berchtold ein, der auf die humanistische Tradition seiner Stadt verwies.

"Das ist nicht nur eine historische Epoche, sondern auch eine Haltung, und sie ist aktueller denn je", sagte Berchtold. "Ist eine Gesellschaft zukunftsfähig, die nur ein Mehr an Materiellem und Finanziellem anstrebt, oder wenn sie über ein Mehr an Wohlgefühl, sozialem Engagement und gesellschaftlichem Zusammenhalt nachdenkt."

Der scheidende Bürgermeister bemängelte eine schwindende Solidarität und eine Zunahme individualistischer Tendenzen. Das sei auch bei der ehrenamtlichen Arbeit und bei Vereinen zu spüren. Immer weniger würden sich Menschen hier engagieren. Doch diese, am Gemeinwohl ausgerichteten Strukturen erfüllen auch bei Betreuung und Pflege Tätigkeiten, die einst innerhalb der Familien geleistet wurden. Auch das hat sich verändert.