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Das Zeugnis für den Minister ist durchwachsen wie jene der Maturanten

Von Martina Madner

Politik

Trotz baldigem Schulschluss gilt es weiterhin Aufgaben zu lösen: bei der Zentralmatura und der Deutschförderung genauso wie beim Ausbau von Ganztagsschulen und Fachhochschulen.


Wien. Offiziell dauert das Schuljahr 2017/18 noch einige Tage. De facto stehen die Noten aber bereits fest. Der Schulalltag besteht in den letzten Tagen vor den Ferien oft nur noch aus Ausflügen, Aufgaben gibt es kaum noch. Manche Schüler, jene mit erfolgreich absolvierter Reifeprüfung, müssen die Schulbank überhaupt nicht mehr drücken.

Die Aufgaben werden zum aktuellen Zeitpunkt also unter anderen verteilt: Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) übergibt welche an Kurt Scholz, die Fachhochschulkonferenz wiederum an den Minister. Aufgaben zu lösen gibt es allerdings auch noch bei der Deutschförderung und dem Ausbau von Ganztagsschulen.

Die Zentralmatura wird
evaluiert und adaptiert

Rund 43.000 Kandidaten traten im Mai zur Zentralmatura an. "Die Ergebnisse vor den Kompensationsprüfungen waren nicht so berauschend", stellt Faßmann fest; und zwar insbesondere in Mathematik an den Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS): Da hatten 22,4 Prozent nach der schriftlichen Prüfung ein "Nicht genügend". Bei Kompensationsprüfungen konnten 68 Prozent davon Mathematik doch noch positiv abschließen; bei 7,1 Prozent aber blieb es beim Fünfer. An den Berufsbildenden Höheren Schulen sorgte das Fach übrigens für 5,2 Prozent "Nicht genügend".

Damit gab es auch heuer deutlich höhere Durchfallquoten in Mathematik als in Deutsch (AHS: 0,9, BHS: 0,7 Prozent) und Englisch (AHS: 2, BHS: 3,3 Prozent). Insgesamt scheiterten bei der Zentralmatura an den AHS 7,1, an den BHS 5,2 Prozent. Das sind zwar mehr als im Vorjahr (AHS: 4,8, BHS: 3,3 Prozent), das Ergebnis liege laut Sektionschef Andreas Thaller "aber innerhalb der üblichen Schwankungsbreite". Auch Faßmann will "die Kirche im Dorf lassen", sieht nicht "den Wurm" im System. Am Vorhaben, die Zentralmatura zu evaluieren und zu adaptieren, hält er aber fest.

Einen Teil der Aufgabe, vier Foren zum Thema in Innsbruck, Graz, Linz und Wien, bei denen man vom 17. September bis 14. Dezember neben Schulvertretern und -politik auch Schüler und Eltern in die Diskussion einbinden möchte, überträgt Faßmann an Kurt Scholz. Das sei keine "ideologische Vereinnahmung", auch wenn der heutige Vorsitzende des Zukunftsfonds der Republik früher amtsführender Wiener Stadtschulrat war und damit nach wie vor als SPÖ-nahe gilt.

Ziel ist ein "faires, solides System", und zwar bereits bei der Matura im kommenden Jahr. Bis dahin braucht es Lösungen für das Stadt-Land-Gefälle; den zwar "schwachen", aber sichtbaren Gender-Effekt in Mathematik genauso wie das schlechtere Abschneiden von Schülern, die die Unterstufe in einer Neuen Mittelstufe besucht haben.

Der Minister will jedenfalls dafür sorgen, dass wegen kleiner Rechenfehler nicht ganze Matura-Beispiele falsch gewertet werden, auch die Textlänge der Aufgaben werde überprüft. Weil besseres Deutsch für bessere Mathematik-Matura-Ergebnisse sorgte, gesteht Faßmann allerdings auch ein, dass es mehr Deutschförderung für bessere Ergebnisse braucht: "Da werden wir auch später etwas tun müssen", sagt er - und meint damit nach dem Besuch von Integrationsklassen.

Ob die nun frei werdenden Mittel für Deutschförderklassen in andere Fördermaßnahmen fließen, könne er zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen. Fest steht aber: "Wir sind mit der Sprachförderung noch nicht am Ende."

Die Deutschförderung
ist nur zum Teil gelöst

Schließlich zeigt sich, dass das Ministerium nicht, wie prognostiziert, für 1312 Deutschförderklassen Geld benötigen wird. In Wien sollen es zum Beispiel nur rund 300 statt 600 werden. An 26 Standorten werde man gemeinsam mit der Stadtpolitik außerdem noch, nach Alternativen zu den Extra-Deutschklassen suchen - sofern tatsächlich Räume fehlen.

Aber auch in anderen Bundesländern wird es weniger Klassen als noch vor wenigen Wochen geplant geben: in Salzburg 27 statt 93, in Vorarlberg neun statt 79. "Wenn die Nettozuwanderung geringer ausfällt, muss auch die Anzahl der ‚Außerordentlichen Schüler‘ fallen. Das ist empirisch erwartbar", sagt Faßmann. Weniger Bedarf an Deutschförderklassen gebe es aber auch wegen des verpflichtenden Kindergartenjahrs.

Allerdings sei auch die Einstufung der "Außerordentlichen Schüler" zu hinterfragen. Schließlich hatten mehr davon bisher mehr Ressourcen gebraucht. Das sei nun anders: "Wir schauen jetzt genauer ins System hinein." Standards für die Einstufung müssen allerdings genauso erst folgen, wie die Deutschförderung für jene, die über das Anfänger-Level hinaus sind.

AHS-Direktorin Irene Ille wünscht sich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" jedenfalls zusätzliche Mittel für Sprachförderung, "die Schulen autonom einsetzen können". Sie sagt zwar: "Die Förderklassen sind schon wichtig." Sie sagt aber auch: "Wenn es danach nicht weitergeht, wird man die negativen Folgen zeitverzögert sehen."

Mittel für Ganztagsschulen nur zum Teil abgeholt

Auch die Aufgabe, den Ganztagsschulbereich auszubauen, wird langsamer gelöst als geplant. Faßmanns Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Neos zeigt: 2017/18 besuchten genau 168.832 Schüler eine Ganztagsschule. Beim Start des Ausbauprogramms, 2013, waren es 119.000; das ursprüngliche Ziel von 200.000 Ganztagsschulplätzen im Schuljahr 2018/19 wird also höchstwahrscheinlich verfehlt.

Burgenland, Kärnten, Salzburg und Vorarlberg holten die zur Verfügung stehenden Bundesmittel in den vergangenen Jahren nicht ab. Neos-Klubobmann Matthias Strolz kritisiert den "Kompetenzdschungel zwischen Bund und Ländern" und fordert im Gespräch mit der APA: "Wir müssen hier auch die Landeshauptleute verstärkt in die Pflicht nehmen, diese Mittel vollumfänglich und adäquat einzusetzen." 2018 stehen übrigens 103 Millionen Euro zur Verfügung, 65 Millionen wurden bereits abgeholt, das verbleibende Geld wird noch bis November vergeben.

Harsche Kritik am
Fachhochschulausbau

Zusätzliche Aufgaben werden dem Minister auch heute, Mittwoch, gestellt. Schließlich haben Vertreter der Österreichischen Fachhochschulkonferenz, darunter deren Präsident Raimund Ribitsch und MCI-Direktor Andreas Altmann, schon im Termin-Aviso zur heutigen Pressekonferenz mit geharnischter Kritik aufhorchen lassen. "Faßmann riskiert durch Planlosigkeit die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich."

Grund dafür ist, dass der Entwicklungs- und Finanzierungsplan für die Fachhochschulen ausläuft und kein neuer Entwurf vorliegt. "Derartige Unprofessionalität hat es in der gesamten Geschichte der Fachhochschulen in Österreich noch nicht gegeben", heißt es da. Mehr wollte man am Dienstag noch nicht sagen.

Vom Ministerium gab es ein Infoblatt: Darauf ist nicht nur vermerkt, dass aus den 10 Studiengängen für knapp 700 Studierende im Jahr 1994/95 mittlerweile 4050 für 51.500 Studierende wurden. Es heißt auch, dass das Ministerium eine "kontinuierliche und nachhaltige Steigerung anstrebe" und dass man die ursprünglich vereinbarte Absenkung der Fördersätze nicht vollzogen habe, was 7,6 Millionen Euro mehr für die FH bedeute.