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Kein Papier, keine Heizung, keine Perspektive

Von Von Bettina Figl

Politik

Thessaloniki. Wenn Literaturprofessorin Dina Giannakopoukou nach dem Unterrichten nach Hause geht, fragt sie sich: Kann ich meine Aufgaben als Professorin unter hiesigen Umständen überhaupt erfüllen? Was tue ich da eigentlich?

Giannakopoukou sitzt in einem Café an der Uferpromenade Thessalonikis und erklärt: "Meine Rolle ist es Hoffnung zu geben. Aber von meinen Studenten werden nur wenige einen Arbeitsplatz finden." Und in ihrem Alltag kämpft sie gegen immer mehr Widrigkeiten an: Kein Geld für Forschung, im Winter keine Heizung, das Kopierpapier nehmen die Studenten selbst mit.

Obwohl Giannakopoukou etwa 300 Studierende hat, kennt sie alle persönlich, mit manchen von ihnen ist sie sogar befreundet. So wie mit Caterina Lemousia: Die beiden begrüßen einander mit Küsschen, kommende Woche geht die Professorin mit den Studis Pizzaessen.

Die 21-jährige Lemousia wohnt noch bei ihren Eltern. Sie erzählt von ihren Perspektiven nach dem Studium: "Ich habe große Angst vor der Zukunft. Ich sehe das realistisch: Ich werde ein bisschen privat unterrichten, mehr nicht." Sie beschreibt, ihre ganze Generation wisse nicht wie es weitergehen soll. Deshalb geht ihr Studienkollege Michalis Kementzetsdis auch regelmäßig zu den Demos, wie beim Weißen Turm - dem Wahrzeichen Thessalonikis - starten. "Der Kapitalismus ist am Ende", glaubt er.

Thessaloniki ist eine Studentenstadt: Zwei Unis, zig Fachhochschulen sind hier angesiedelt. Zehn Prozent der Bevölkerung sind Studenten, mit der Aristoteles Universität ist hier die größte Uni des Landes angesiedelt. Der Campus ist 23 Hektar groß, über 81.000 Studenten tummeln sich hier. Doch was passiert, wenn sie fertig sind und auf den Arbeitsmarkt strömen?

Vielen geht es wie Maria Makph: 2006 hat sie ihr Mathematikstudium beendet. Heute verkauft sie selbstgenähte Geldbörsen auf einem Markt am Hafen. Es ist einer von vier Jobs: Sie ist auch Aushilfslehrerin, gibt privat Nachhilfe und arbeitet im Sommer am Campingplatz. So kommt sie über die Runden, irgendwie.

Eine Prüfung nach der anderen
In Griechenland ist der Hochschulzugang nur über eine zentrale Eingangsprüfung möglich. Davor muss man die Abschlussprüfung der Sekundarstufe II des Lykios (Lyzeum) bestanden haben. Diese zentrale Zulassungsprüfung ist jedes Jahr dominierendes Thema in Politik und Medien. Nur 18 Prozent bestehen die Universitätseingangsprüfung (nicht eingebrechnet sind die Prüflinge an technischen Hochschulen, mit ihnen wären es ca. 35 Prozent). Um als Absolvent eines Lehramtsstudiums auch tatsächlich an einer Schule unterrichten zu dürfen, muss man zuerst die ASEP-Prüfung bestehen, damit wird das Personal für den Öffentlichen Dienst ausgewählt. Diese Prüfungen finden nur alle drei Jahre statt, und in der Zwischenzeit halten sich Viele mit Nebenjobs über dem Wasser.

Für Nikos Sidiropoulos ist das keine Option. Der 24-jährige Informatikstudent hat keine Lust, von 500 bis 600 Euro im Monat zu leben. Deshalb will er nach dem Studium ins Ausland, am liebsten nach London. Der 25-Jährige sagt: "Ich lebe mit dem Pass in der Hosentasche, jederzeit bereit das Land zu verlassen."

http://www.auth.gr

Aristoteles Uni