Rom/Wien/Bozen. Ein Zeitungsbericht über den Gesetzesentwurf zur Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler hat für Verwirrung gesorgt. Die österreichische Regierung dementierte jedoch am Montag, dass der Entwurf bis zum 7. September stehen soll, wie die "Tiroler Tageszeitung" am Samstag berichtet hatte. In diesem Zusammenhang verschärften sich die Spannungen zwischen Rom und Wien erneut.
"Das Datum können wir nicht bestätigen - auch für den Entwurf nicht", sagte hieß es aus dem Büro von Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft würden "frühestens 2019/2020 gegeben sein".
Auch das Innenministerium wollte den Zeitpunkt für einen fixen Gesetzesentwurf nicht bestätigen. "Wir wissen davon nichts", zitierte "Die Presse". Wien würde keine Schritte ohne die Zustimmung Roms und Bozens setzen.
Bei den bisher abgehaltenen Strategiesitzungen der Südtirol-Strategiegruppe ist laut "TT" bereits der Kreis der möglichen Antragsteller definiert worden. Dabei soll es sich im Zusammenhang mit der Schutzfunktion Österreichs um alle in Südtirol wohnhaften italienischen Staatsbürger mit deutscher oder ladinischer Muttersprache handeln.
Die italienische
Regierung reagierte empört
Die italienische Regierung reagierte empört auf den Bericht. Außenminister Enzo Moavero Milanesi habe den italienischen Botschafter in Wien, Sergio Barbanti, aufgerufen, sich bei der Regierung in Wien bezüglich der jüngsten Informationen zum Thema Doppelpass für Südtiroler zu erkundigen, hieß es in einer Presseaussendung des Außenministeriums in Rom am Sonntagabend. Sollten die Informationen bestätigt werden, wäre der Gesetzesentwurf aus italienischer Sicht eine "unangebrachte und grundsätzlich feindliche Initiative", vor allem angesichts der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs, hieß es in dem Schreiben.
Der italienische Minister für die Beziehungen zum Parlament, Riccardo Fraccaro, erklärte am Montag, dass die Pläne Österreichs "besorgniserregend" seien. "Sollte das bestätigt werden, was österreichische Medien berichten, wären wir mit einer unangebrachten und feindlichen Geste konfrontiert, die wir mit Entschlossenheit ablehnen würden", so der aus dem Trentino stammende Minister nach Medienangaben vom Montag. Fraccaro erklärte, er sei mit Milanesi in Verbindung, der sich um die Angelegenheit kümmere. "Die österreichische Regierung soll auf die weitere politische Instrumentalisierung eines derart wichtigen Themas verzichten", kommentierte Fraccaro.
Der Vorsitzende des Europaausschusses der Abgeordnetenkammer, Sergio Battelli von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, appellierte an Wien: "Die österreichische Regierung sollte auf dieses Vorhaben verzichten und sich an Prinzipien der Loyalität und der Zusammenarbeit halten."
Allerdings hat Italien auch Erfahrung mit einer Doppelstaatsbürgerschaft: Die Italiener in Slowenien verfügen über eine solche.
SPÖ-Vorsitzender
Kern weiterhin skeptisch
Das Büro des österreichischen Regierungssprechers unterstrich indes, dass eine künftige Lösung "im Dialog mit Rom und in Abstimmung mit Bozen erarbeitet" werde. Weiters wurde darauf verwiesen, dass die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft "im Geiste der europäischen Integration und des europäischen Friedensprojekts" erfolge.
Der österreichische Botschafter in Rom, Rene Pollitzer, traf unterdessen am Montag den italienischen Außenminister Milanesi. Dieser habe Pollitzer zu einem Meinungsaustausch zum Thema Doppelpass für Südtiroler eingeladen. Das Gespräch sei "freundschaftlich" gewesen, hieß es aus der Botschaft in Rom.
SPÖ-Vorsitzender Christian Kern zeigte sich hinsichtlich einer Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler weiterhin skeptisch. "Ich halte das für einen falschen Weg, weil wir mit der europäischen Einigung eine gemeinsame Perspektive für Südtirol und Österreich gefunden haben", wurde er in der Südtiroler Tageszeitung "Dolomiten" zitiert. In Südtirol sei "durch die Vernunft" aller viel erreicht worden, so Kern: "Die Südtiroler brauchen das fürs Selbstbewusstsein nicht."