"Das Parlament ist für diese Regierung nur eine lästige Abstimmungsmaschine. Das mag den Bürgern zwar relativ egal sein, aber es kann ihnen nicht egal sein, wenn vorhandene Expertise nicht voll genutzt wird", sagt Loacker, im Rahmen der Gesetzgebung seien die Stellungnahmen des Verfassungsdienstes von hoher Bedeutung.
Schieder will
kompletten Neustart
Andreas Schieder, geschäftsführender Klubchef der SPÖ, hat es nach eigenen Angaben noch "nie erlebt", dass der Verfassungsdienst derart umgangen wurde. "Demokratiepolitisch ist das ein No-Go", sagt er. Er hätte auch lieber ein echtes "Zurück an den Start" gesehen. "Der Entwurf ist so offensichtlich verfassungs- und europarechtswidrig, dass es sinnlos ist, weiter herumzudoktern."
Es gibt auch eine zweite Stellungnahme, die "fehlt", nämlich jene vom hauptsächlich betroffenen Umweltministerium. Der Entwurf sieht ja bei Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) künftig eine Privilegierung von jenen Projekten vor, denen die Regierung ein "besonderes öffentliches Interesse" attestiert. In diesen Fällen soll eine Genehmigung automatisch nach eineinhalb Jahren erteilt werden, auch wenn das UVP-Verfahren noch im Laufen ist. Vor allem dieser Passus sowie auch eine geplante Einschränkung der Beschwerdemöglichkeit wurde von Juristen sowie von Umweltverbänden kritisiert.
Stellungnahme des Umweltministeriums geheim
Wie das zuständige Ministerium zu diesem Gesetz steht, bleibt der Öffentlichkeit aber vorenthalten. "Wir richten uns gegenseitig öffentlich nichts aus", sagt ein Sprecher von Ministerin Elisabeth Köstinger. Sie wird nach der Geburt ihres Kindes im September wieder die Arbeit aufnehmen. Man habe zwar eine Stellungnahme erarbeitet, diese aber nur intern an das Wirtschaftsministerium weitergeleitet.
Das heißt aber auch, dass sie den Parlamentariern als potenzielle Beurteilungsgrundlage nicht zur Verfügung steht. Laut Schieder prüft die SPÖ, ob man diese Stellungnahme per parlamentarischer Anfrage nicht doch noch erhalten könnte.
Der Politikwissenschafter und Parteienexperte Hubert Sickinger ist über die beiden prominenten Abwesenden im Begutachtungsverfahren überrascht. "Das ist ein völliger Bruch mit den Usancen. Das schreit ja danach, dass es hier einen politischen Maulkorb gab", sagt Sickinger.
Dass im Gesetzeswerdungsprozess etwas schiefgegangen ist, erscheint hier offensichtlich. Die Zielsetzung wird von wenigen kritisiert, auch Umweltverbände sind über Projekte, die sich über viele Jahre hinziehen, nicht gerade erfreut. Auf der anderen Seite war selbst in der sonst positiven Stellungnahme der Wirtschaftskammer der eindeutige Hinweis zu lesen: "Die gefundenen Lösungen müssen aber rechtssicher sein, das heißt, sie müssen Anfechtungen bei Gerichten standhalten. Andernfalls würden sie keinen Beschleunigungseffekt, sondern das Gegenteil entfalten."