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Wie im Pensionssystem umverteilt wird

Von Simon Rosner

Politik
© beeboys - stock.adobe.com

Wird das Äquivalenzprinzip bei gestaffelten Anhebungen ausgehebelt? Nicht wenn es sachlich berechtigt ist - doch dies ist kaum der Fall.


Wien. Eine Milliarde Euro wird die Pensionsanpassung 2019 kosten. Das ergibt sich aus einer Erhöhung, die zwischen der Inflationsrate von 2 und 2,6 Prozent liegt, wobei Bezieher kleinerer Pensionen ein größers Plus bekommen. Die Staffelung, die gesetzlich eigentlich so nicht vorgesehen ist, wirft europarechtliche und auch verfassungsrechtliche Fragen auf - die "Wiener Zeitung" berichtete.

Auf einen anderen Aspekt haben die Neos hingewiesen, die im System der Staffelung einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip sehen, das dem Pensionsgesetz zugrunde liegt. Es besagt, dass es einen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung geben muss, oft auf die Gleichung gebracht: Wer mehr einzahlt, soll auch mehr herausbekommen.

Ganz so strikt wird und wurde dieses Prinzip aber nicht verstanden. Es ist auch noch nicht so lange her, dass die Pensionshöhe anhand der besten Jahre bemessen wurde. "Durch das Pensionskonto mit Lebensdurchrechnung wurde das Äquivalenzprinzip gestärkt", sagt Wolfgang Panhölzl, Pensionsexperte in der Arbeiterkammer.

Gewisse Eingriffe, die umverteilende Wirkung haben, können daher legitim sein, ohne dass deshalb das grundlegende Prinzip dahinter außer Kraft gesetzt wird. Als Beispiel nennt Panhölzl eine besondere Teuerung des Miniwarenkorbs. Ein kräftiger Anstieg von Öl und Benzin wirkt sich etwa bei Beziehern niedriger Einkommen gravierender aus.

Der Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung lässt sich nicht nur nominell argumentieren, sondern auch mit dem Lebensstandard. "Man muss es mit anderen Prinzipien verschränken", sagt Panhölzl. Gerade bei der Frage der Existenzsicherung ist dies von Bedeutung. Jedenfalls müsse eine unterschiedliche Anpassung "sachlich gerechtfertigt sein und sich in Grenzen halten", sagt der AK-Experte.

Die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ argumentierten die Staffelungen am Mittwoch allerdings gar nicht, ihr Modell sei fairer und die Erhöhung mehr als früher unter Kanzlerschaft der SPÖ. Mehr Erläuterung gab es nicht.

Unter Rot-Schwarz hatte es 2017 nach Jahren auch wieder eine Staffelung gegeben, wobei höhere Pensionen unter der Inflationsrate angepasst wurden. Dies betrifft diesmal nur Pensionen, die über der ASVG-Höchstbemessungsgrundlage liegen.

Ab den späten 90ern war dies regelmäßig der Fall, was zu einem signifikanten Kaufkraftverlust von mittleren und höheren Pensionen führte. In der Publikation "Soziale Sicherheit" des Hauptverbandes wird die Rechnung angestellt, dass sich die Höchstpension zwischen 2002 und 2012 nur um 16,6 Prozent erhöhte, obwohl die Inflation in diesem Zeitraum bei 24,8 Prozent lag. Der Ausgleichszuglagenrichtsatz, gewissermaßen die Mindestpension, erhöhte sich dagegen um 32,8 Prozent.

Der Verlauf einer hohen ASVG-Pension über 30 Jahre, der der "Wiener Zeitung" vorliegt, offenbart netto deutliche Kaufkrafteinbußen. Brutto bewegt es sich noch bei etwa 10 Prozent oder 230 Euro. Beim tatsächlichen Auszahlungsbetrag liegt der monatliche Verlust an Kaufkraft bei fast 400 Euro oder circa 20 Prozent. Das allerdings ist kein reines Pensions-, sondern eben auch ein Abgabenthema.

Wenig treffsicher

Eine andere Frage ist, ob Umverteilung durch Staffelungen bei Pensionsanpassungen sinnvoll sind. "Es werden Sozialtransfers mit dem Versicherungssystem vermischt", sagt der Ökonom Peter Brandner von der Initiative "Weis[s]e Wirtschaft". Er kritisiert die mangelnde Treffsicherheit, da auch Bezieher kleiner Pensionen profitieren, die andere Einkommensquellen haben. Wer nur wenige Jahre gearbeitet, aber ein paar Millionen geerbt hat und von den Zinserträgen lebt, erhält nun auch die 2,6 Prozent.

Brandner plädiert dafür, entweder mit gezielten Zuschüssen, etwa für Heizkosten, Preisvolatilitäten abzufedern oder gewisse Pensionen zusätzlich zur Inflationsabgeltung mit Einmalzahlungen zu erhöhen. "Sonst trägt sich das immer fort, obwohl der Preisschock dann schon vorbei ist."