Zum Hauptinhalt springen

Gleiches Recht für alle

Von Werner Reisinger und David Hanny

Politik

Justizminister Moser will Ehe für alle sowie Verpartnerung für alle - die endgültige Entscheidung steht noch aus.


Wien. Er folge mit seinem Gesetzesvorhaben dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), sagt Justizminister Josef Moser in der "Presse". Und das besage eben: "Ehe für alle und Eingetragene Partnerschaft für alle." Moser will nun also nicht nur die Ehe auch für homosexuelle Paare öffnen, sondern ebenso die Eingetragene Partnerschaft für heterosexuelle Paare. Letztere war bisher Homosexuellen vorbehalten gewesen. Moser begründete die Entscheidung, wieso er die Eingetragene Partnerschaft nicht abschaffen wolle, damit, dass dies bedeuten würde, "dass ich Menschen, die die Eingetragene Partnerschaft als aus ihrer Sicht modernere Variante der Partnerschaft eingegangen sind, zwinge, eine Ehe einzugehen".

Was am Freitag von Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal zu vernehmen war, klingt jedoch nicht recht nach Einstimmigkeit in den Reihen der Koalitionsparteien. Nicht einmal in der ÖVP selbst. Es liege "an der Bundesregierung, die diversen Möglichkeiten zu prüfen und zeitgerecht darüber zu informieren", ließ Launsky-Tieffenthal in einer schriftlichen Stellungnahme zu Mosers Ankündigungen wissen. Gleichzeitig betonte der Regierungssprecher, es gebe "keinen Widerspruch" zu Moser.

Alte Regelung trittmit 1. Jänner 2019 außer Kraft

Und: "VfGH-Erkenntnisse sind zu respektieren." Die definitive Entscheidung für die Öffnung der Ehe ist offensichtlich keineswegs gefallen. Noch im vergangenen Nationalratswahlkampf hatten ÖVP und FPÖ eine ablehnende Haltung zur "Ehe für alle" eingenommen. Er könne sich die Öffnung der Ehe für Homosexuelle, wie dies der Deutsche Bundestag beschlossen hatte, in Österreich nicht vorstellen, sagte Kurz Ende September 2017 in der ORF-Wahlkonfrontation mit der damaligen grünen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. Noch bestehende Unterschiede zwischen Ehe und Eingetragener Partnerschaft könne man auch so alle gesetzlich angleichen. Im Regierungsprogramm kommt das Thema Ehe für alle und Eingetragene Partnerschaft nicht vor.

Mitten in die Koalitionsverhandlungen platzte im vergangenen Dezember der Spruch des VfGH, den Moser nun umsetzen will. In jedem Fall wird durch den höchstgerichtlichen Entscheid die alte, eben laut VfGH diskriminierende Gesetzgebung mit 1. Jänner 2019 außer Kraft gesetzt.

In der Homosexuellen-Community stößt Mosers Ankündigung größtenteils auf Beifall - wenn man auch skeptisch ist, ob die "Ehe für alle" auch tatsächlich zur Umsetzung gelangt. "Grundsätzlich bin ich positiv überrascht, das habe ich so nicht erwartet", sagt etwa Moritz Yvon, Obmann der Homosexuellen-Initiative Wien (Hosi). Für ihn würde das neue Gesetz endlich eine langjährige Forderung erfüllen. Yvon ist aber unschlüssig, wie viele Homosexuelle nun tatsächlich nach neuem Recht in den Stand der Ehe treten werden. "Vielen sagen auch die liberaleren Bestimmungen der Eingetragenen Partnerschaft zu." Dennoch: "Es geht einfach darum, dass gleichgeschlechtliche Paare die gleichen Rechte haben", sagt Yvon.

Dass die Eingetragene Partnerschaft gegenüber der Ehe gewisse Vorteile hat, davon ist auch Bakri Hallak, Vorsitzender der sozialdemokratischen Lesben-, Schwulen-, Bi-, Trans- und Intersexuellen-Arbeitsgruppe SoHo Wien.

Opposition fordert auch Reformen im Familienrecht

"Die Eingetragene Partnerschaft ist einfach modernes Recht, während die Ehe eben eine althergebrachte Institution ist", sagt Hallak, der sich auch eine Veränderung im Familienrecht allgemein wünscht - eine Forderung, die übrigens neben der SPÖ am Freitag auch Neos-Klubchef Nikolaus Scherak vorbrachte. Dass die Ehe "überholungsbedürftig" ist, zeige sich auch an den nach wie vor bestehenden Unterschieden, auch wenn diese in den vergangenen Jahren - auf massiven Druck und durch höchstgerichtliche Entscheidungen, wie Hallak betont - immer geringer geworden sind. "Ich erwarte mir von der Regierung, dass sie den Vorstoß des Justizministers umsetzt, und der lange erwarteten Veränderung nicht wieder Steine in den Weg legt." Ob es einen "Run" auf die Ehe geben wird, kann auch Hallak nicht einschätzen. "Für viele war es entscheidend, die selben Rechte zu haben, dass man dann zwei Rechtsinstitute geschaffen hat, nur weil die ÖVP nicht wollte, dass auch wir es ‚Ehe‘ nennen, war für die Community nicht hinnehmbar", erklärt er. Der ÖVP-nahe Katholische Familienverband war am Freitag für die "Wiener Zeitung" nicht für eine Stellungnahme zum Thema erreichbar.

Dass wiederum heterosexuelle Paare verstärkt auf eine Eingetragene Partnerschaft und weniger auf die klassische Ehe setzen könnten, hält Ulrike Zartler-Griessl vom Institut für Soziologie an der Universität Wien eher für unwahrscheinlich. "Mit der Eingetragenen Partnerschaft und der Ehe haben wir nun zwei recht ähnliche Rechtsinstitute", sagt die Familiensoziologin. "Aus Untersuchungen wissen wir, dass das eigentliche Rechtsinstitut bei der Eheschließung bei vielen Menschen weniger eine Rolle spielt, dass stattdessen persönliche Fragen und Fragen der Beziehung im Vordergrund stehen", sagt Zartler-Griessl. Sie vermutet auf dieser Basis, dass auch in Zukunft Ehe- oder Verpartnerungswillige sich nicht intensiver mit den rechtlichen Rahmenbedingtungen der beiden Institute auseinandersetzen werden, als dies bisher der Fall war.