Wien. Der achtjährige Liam geht in die dritte Klasse Volksschule und ist ein Einser-Schüler - und das, obwohl er körperlich und sprachlich behindert ist. Er hat Athetose, eine schwere Form zerebraler Bewegungsstörungen. Wenn er im Rollstuhl sitzt, hat es den Anschein, als würde er ständig um sich schlagen. Dass er dennoch ganz normal lernen kann, verdankt er seinem augengesteuerten Sprachcomputer.

Diesen zu bekommen, war für Mutter Kerstin Weingartner aus Oberösterreich jedoch ein Spießrutenlauf von Behörde zu Behörde, wie sie bei der Antrittspressekonferenz der neuen Direktorin der evangelischen Diakonie, Maria Moser, am Mittwoch erzählt. Schließlich wurde das selbst ohne Software 6000 Euro teure Gerät vom Land Oberösterreich und der Gebietskrankenkasse zu zwei Drittel finanziert - die weitaus bessere Version hätte rund 17.000 Euro gekostet. Dass es die Möglichkeit eines Sprachcomputers überhaupt gibt, hatte Weingartner zuvor im Zuge mühsamer Internetrecherchen entdeckt. Denn der offizielle Hilfsmittelkatalog des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger für assistierende Technologien stammt aus 1994. Eine Zeit, in der es Sprachcomputer wie jenen, den Liam nun verwendet, noch gar nicht gab.

Zentrale Anlaufstelle gefordert

"Kein Mensch soll sprachlos sein", sagt Moser, die mit Liam und Kerstin Weingartner auf dem Podium Platz genommen hat. In Österreich sind laut Diakonie 63.000 Menschen in ihrer Kommunikation beeinträchtigt. Sie hätten ein Recht auf gleichberechtigten Zugang zu Information und Kommunikation - Letztere sei der Schlüssel zu Bildung, zur Teilhabe am Leben, sagt Moser, die vor etwa zwei Wochen die Leitung der Diakonie von Michael Chalupka übernommen hat.

Den ersten Schwerpunkt in ihrer neuen Funktion setzt sie daher auf das Thema Kinderrechte und fordert von der Regierung einen Rechtsanspruch auf assistierende Technologien für junge Menschen mit Behinderung. Zudem brauche es eine zentrale Anlaufstelle, um problemlos an diese Technologien und Fördermöglichkeiten zu gelangen, sagt sie. Und: Der Hilfsmittelkatalog gehöre aktualisiert.

Dieser Ansicht ist auch Behindertenanwalt Hansjörg Hofer. Er bezweifelt allerdings, dass das so schnell passieren wird, denn: "Ich glaube, dass es dann die Befürchtung gibt, dass von allen Seiten Forderungen nach Erweiterungen kommen - wenn man alles hineinreklamiert, was neu sein könnte, wird das eine größere Geschichte. Davor hat man Angst", sagt Hofer zur "Wiener Zeitung".

Dass die Aktualisierung des Hilfsmittelkatalogs derzeit offenbar keine Priorität hat, zeigt auch ein Anruf beim Hauptverband: Dort weiß man auf Nachfrage gar nicht, dass es einen solchen Katalog überhaupt gibt.