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Umleitung für Junge in die Lehre

Von Karl Ettinger

Politik

Jobgipfel der Regierung: 60.000 Junge unter 25 sollen Arbeit finden. Die Zumutbarkeitsbestimmungen bei der Jobsuche werden verschärft.


Wien. Ein Mangel an Fachkräften, volle Auftragsbücher der Unternehmen und gleichzeitig knapp 350.000 Arbeitslose: Um Auswege aus diesem Dilemma zu finden, trafen - überschattet vom EU-Gipfel in Salzburg und den SPÖ-Krisensitzungen - am Mittwoch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) mit Sozialpartnervertretern und der Führung des Arbeitsmarktservice (AMS) zusammen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung setzt speziell darauf, Jugendliche, die bisher wenig rosige Aussichten haben, auf den Arbeitsmarkt zu bringen.

Die Kernpunkte des Pakets listete Schramböck im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" folgendermaßen auf: 60.000 Junge unter 25 ohne Beschäftigung sollen ins Berufsleben geholt werden, 10.000 aus überbetrieblichen Lehrwerkstätten künftig Pflichtpraktika in Privatunternehmen absolvieren. Eine ausgeweitete Standortentwicklungsagentur solle künftig Fachkräfte aus dem EU-Raum rekrutieren. Und Hartinger-Klein brachte vor Journalisten - entgegen der ursprünglichen Regierungsregie - auch strengere Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose aufs Tapet.

Pflichtpraktikafür Jugendliche

Schramböck kam mit einem detaillierten dreistufigen Konzept im Gepäck: für Österreich, den EU-Raum und außerhalb der EU. "Wir haben das Potenzial von 60.000 jungen Menschen, die derzeit nicht in einem Job sind", rechnete sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" vor. 30.000 unter 25 Jahren seien arbeitslos gemeldet, weitere 30.000 in Schulungen. Diese Gruppe möchte sie für Lehrberufe gewinnen.

Speziell im Auge habe die Regierung jene rund 10.000 Jugendlichen, die in überbetrieblichen Lehrwerkstätten eine berufliche Ausbildung erhalten, 4000 davon seien es in Wien. Schramböck beklagte, dass diese 10.000 "in drei Jahren teilweise kein Unternehmen sehen". Nach Schramböcks Angaben würden bislang nur rund 400 ein Praktikum in einem Privatunternehmen absolvieren: "Das muss besser werden." Künftig solle das verpflichtend sein. Die Wirtschaftsministerin starte jedenfalls einen Aufruf an Privatunternehmen, Praktikanten aus Lehrwerkstätten aufzunehmen. Die Arbeitnehmervertreter räumen allerdings ein, dass die wenigen Praktika auf zu wenige Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, zurückzuführen seien.

Um die Integration von Lehrlingen mit ausländischen Wurzeln voranzutreiben, plant Schramböck, die Mittel von bislang zehn auf 20 Millionen Euro zu verdoppeln. Damit würden beispielsweise Deutsch- oder auch Mathematikkurse finanziert. Dem steht freilich gegenüber, dass das AMS Mittel für Integration reduzieren musste.

Neue Agentur zum Anwerben von "Talenten" aus EU-Ländern

Fix ist außerdem, wie Österreich verstärkt in anderen EU-Staaten um mehr Fachkräfte buhlen möchte. Zu diesem Zweck werde die Austria Business Agency zur Standortentwicklungsagentur ausgebaut. Sie soll damit nicht mehr nur Investitionen, sondern "auch Talente nach Österreich holen", die es in Portugal und in anderen EU-Ländern gebe.

Auch aus Drittländern außerhalb der EU will Schramböck Fachkräfte in heimische Betriebe holen. Deshalb solle die Liste an Mangelberufen ab 1. Jänner regional gestaltet werden, um etwa die in Westösterreich für den Tourismus dringend benötigten Köche aus Drittländern holen zu können. Denn: "In Wien ist kein Beruf ein Mangelberuf", begründete Schramböck diese Maßnahme. Gewerkschaft und Arbeiterkammer laufen dagegen Sturm. Sie befürchten, dass noch mehr billige Beschäftigte kommen.

Weiterer Gipfelmit Bildungsminister

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein blieb anders als Schramböck beim Pressestatement vage. Sie sagte zum Beispiel, dass Frauen nach der Karenz vermehrt in den Job eingegliedert werden sollen. Am konkretesten war noch, dass beim nächsten Jobgipfel in rund sechs Monaten - davor tagen Arbeitsgruppen - Bildungsminister Heinz Faßmann eingebunden wird, weil Bildung die Jobchancen erhöhe.

Aufhorchen ließ sie die FPÖ-Ressortchefin jedoch mit der Aussage, man wolle auch die "Zumutbarkeitsbestimmungen überdenken", um die Bereitschaft zur Mobilität junger Arbeitsloser zu erhöhen. Auf Nachfrage meinte sie, man wolle "neue Anreize" für die Jobannahme schaffen. Näheres würde aber erst besprochen.

Der Vorstoß Hartinger-Kleins kam unerwartet. Denn in der Sitzung seien die Zumutbarkeitsbestimmungen nicht von der Ministerin, sondern nach Informationen der "Wiener Zeitung" von Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karlheinz Kopf angesprochen worden.

Die Sozialministerin hatte die im Regierungsprogramm vermerkte Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen mit der Reform von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Mindestsicherung angekündigt. Weil der Fokus des Gipfels eigentlich bei jungen Arbeitslosen lag, wurde sie gefragt, ob man auf Ältere vergessen habe. Dazu Hartinger: "Nein, haben wir nicht."