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Schwer motiviert

Von Werner Reisinger

Politik

Gleichstellung, Demokratie und Umverteilung sollen die Schwerpunkte der SPÖ unter Pamela Rendi-Wagner werden.


Erstmals in ihrer 130-jährigen Geschichte steht eine Frau an der Spitze der SPÖ: Ab sofort ist Pamela Rendi-Wagner, ehemalige Gesundheitsministerin und Vertraute von Christian Kern, designierte und geschäftsführende Parteivorsitzende. Am 25. November soll sie dann auf dem – ursprünglich für Anfang Oktober geplanten – Reformparteitag in Wels offiziell von den Delegierten als Parteivorsitzende gewählt werden.

Dass die Topmedizinerin Rendi-Wagner künftig auch den SPÖ-Klub im Parlament im Alleingang führen will, sorgte am Dienstag unter Journalisten für Verwunderung und in der Partei für beträchtlichen Widerspruch. Acht Gegenstimmen soll es dem Vernehmen nach im Parlamentsklub gegen Rendi-Wagner als alleinige Klubchefin gegeben haben. Die steirischen SPÖ-Abgeordneten sollen sich bei der Abstimmung enthalten haben, war aus dem SPÖ-Umfeld am Dienstag zu hören.

Gleichstellung "unverhandelbar"

Rendi-Wagner krempelt also die SPÖ um – sie brauche für ihre Aufgaben "ein Team, das ich gut kenne und dem ich vertraue", sagte sie in ihrem knapp gehaltenen Statement am Dienstagabend in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße. Ihre Personalwünsche durchzusetzen ist aber der weitaus leichtere Teil der Übung. Wie sie die Partei aus der Krise führen will, lässt sich nach ihrem ersten Auftritt als designierte SPÖ-Chefin nur skizzenhaft hervorlesen: Nicht nur über die Gegnerschaft zur ÖVP-FPÖ-Koalition will sie die Politik der Sozialdemokratie definieren, sondern die eigene Linie schärfen. Auch wenn man die Sorgen der Bürger ernst nehmen müsse, sei es doch wichtiger, ihre Wünsche zu hören und ernst zu nehmen, sagte Rendi-Wagner: "Genau dort, bei ihren Wünschen und Erwartungen, werden wir die Leute abholen." Gleichheit, Solidarität und "ein Leistungsbegriff, wo alle beitragen, aber auch alle am Wohlstand profitieren" seien "unverhandelbare Prinzipien" der Parteilinie, hielt sie fest: "Das ist für mich die Gleichstellung von Mann und Frau und das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie", spielte Rendi-Wagner auf die europaweite Stärke von Rechtspopulisten und Rechtsextremen an.

Auch dass die Themen Frauen und Gleichstellung unter ihrer Führung wohl stark an Bedeutung gewinnen werden, machte Rendi-Wagner deutlich. Sie selbst sei "ein Kind der Siebziger" und Kind einer alleinerziehenden Mutter, betonte die neue SPÖ-Chefin demonstrativ: "Ich will nicht, dass unsere Gesellschaft einfach akzeptiert, dass Geburt und Herkunft über unsere Chancen entscheiden." Das sei die "entscheidende Frage, um die es geht, und um das es der Sozialdemokratie in Österreich geht". Oft sei sie von Frauen gefragt worden, was Rendi-Wagner ihnen bezüglich Karriere raten würde. "Im Zweifel ja sagen", das sei inzwischen diesbezüglich ihr Credo geworden.

Kucharowits soll Mandat erhalten

Dass nicht nur die Personalia der vergangenen Tage dem Image der Sozialdemokraten zusetzen, sondern neben inhaltlichen auch strategische Baustellen vorhanden sind, ist der neuen Parteichefin offenbar klar: "Es werden oft sehr viele Fragen gestellt, in der Partei aber auch in der Bevölkerung. Vielleicht haben wir zu selten klare Antworten gegeben." Die SPÖ solle "vielleicht mehr Mut haben, klare, einfache und verständliche Antworten auf diese Fragen zu geben", sagte Rendi-Wagner. Die Schwerpunkte sieht sie bei Gesundheit, Bildung, dem Arbeitsmarkt und nicht zuletzt beim Thema leistbares Wohnen.

Kerns europapolitische Ambitionen werden auch im Parlament für weitere Rochaden sorgen. So wurde am Rande der Pressekonferenz klar, dass auf Kerns Nationalratsmandat wohl Katharina Kucharowits von der Jungen Generation der SPÖ erneut in den Nationalrat einziehen wird.