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So weit, so SPÖ

Von Jan Michael Marchart und Simon Rosner

Politik

Die erste Woche von Rendi-Wagner als SPÖ-Chefin war geprägt von Machtkämpfen und Befindlichkeiten.


Wien. Die erste Woche als designierte Vorsitzende der SPÖ hat Pamela Rendi-Wagner fast überstanden. Heute, Samstag, hat sie ihren ersten Auftritt vor den niederösterreichischen Genossen. Es wird nicht ihr letzter in den kommenden Tagen sein. Sie wird alle Landesparteien besuchen, um ihre Gunst zu erlangen. Und die wird sie noch brauchen. Schnell.

Der Parteiwechsel von Christian Kern auf Rendi-Wagner, seine Wunschkandidatin, hat riesige Gräben aufgerissen: erst Kerns plötzlicher Abgang, dann die vom Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser betriebene schnelle Inthronisierung der ehemaligen Gesundheitsministerin und nun diese Woche deren erste Personalentscheidungen.

Rendi-Wagner und ihr neuer Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda stehen vorerst relativ alleine an der Spitze der Partei, die sie gerade übernommen haben. Inhaltlich war bisher nicht viel. Rendi-Wagner ließ sich bei ihrer Antrittsrede nicht in ihre programmatischen Karten blicken und beantwortete im Anschluss auch keine Fragen. Auch die übrige Woche zog es sie vor, zu allem lieber nichts zu sagen. Statt Rendi-Wagner saß dann Drozda am Mittwoch in der "ZiB 2". Erst am Freitag ließ sie sich von der "ZiB" interviewen.

Mehrere offene Fronten

Wenn die Parteichefin nicht spricht, dann tun es eben die anderen. So weit, so SPÖ. Etwa der Chef der mächtigen Wiener Genossen, Michael Ludwig. Dieser sprach Rendi-Wagner öffentlich die Parteikenntnis ab und zweifelte daran, dass sie Vorsitz und Klubführung der SPÖ alleine stemmen wird können.

Rendi-Wagner sieht das anders. Bisher zumindest. Sie und Drozda sind jedoch noch nicht einmal ein Jahr im Parlament, und nicht nur Ludwig ersucht die neue Chefin, es sich noch einmal zu überlegen. Höflich formuliert. Auch erfahrene Mandatare halten ihre Doppelrolle für kaum machbar, da auf die SPÖ-Vorsitzende auch sehr viel Parteiarbeit wartet. Dazu kommt: Parlamentsklubs verstehen sich nicht bloß als Erweiterung der Parteizentralen.

Die Eigenständigkeit offenbart sich nicht immer so deutlich wie dieser Tage. Und das nicht nur bei der SPÖ. Erst am Donnerstag ließ der ÖVP-Abgeordnete Werner Amon Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) recht eindeutig eine Warnung zukommen ("Vertrauen erschöpft sich dadurch, dass man es in Anspruch nimmt"). Auch Reinhold Mitterlehner hatte sich im internen Kampf mit dem ÖVP-Klub und dessen damaligem Chef Reinhold Lopatka schwer verschätzt.

Rendi-Wagner hat sich in der SPÖ binnen weniger Tage gleich mehrere Fronten aufgemacht, zumal sie das klubeigene Statut missachtete. Der Klubchef wird demnach immer für die gesamte Legislaturperiode gewählt und kann von der Parteiführung auch nicht abgesetzt werden. Da Rendi-Wagner den Klub alleine führen will, hätte sie formal gegen den jetzigen geschäftsführenden Klubchef Andreas Schieder bei einer internen Abstimmung kandidieren müssen. Das wäre in dieser heiklen Situation aber eher keine gute Idee gewesen. So verzichtete Schieder bei der Klubsitzung am Dienstag von sich aus und kündigte seinen Abschied an. Dass Rendi-Wagner an diesem Treffen gar nicht teilnahm, sorgte auch für Ärger bei den Abgeordneten.

Doch nicht alleine?

Ludwig sowie in weiten Teilen der Klub wollen Rendi-Wagner dazu bewegen, doch wieder die alte Ordnung herzustellen, die Chance dafür böte die nächste Klubsitzung in eineinhalb Wochen. Das Problem: Dieser Flip-Flop wäre der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln. Tatsächlich hat sich die SPÖ - und damit ihre neue Vorsitzende - binnen zwei Wochen in eine prekäre Lage manövriert.

Viele Genossen misstrauen der gegenwärtigen Situation mit einem parlamentarisch unerfahrenen Mini-Team an der Spitze. In den kommenden Wochen wird Rendi-Wagner daher alles daransetzen müssen, dass sich diese Skepsis zerstreut. Persönliche Kontakte und Auftritte wie jener am Samstag in Niederösterreich werden dafür nicht reichen. Sie wird auch das parlamentarische Problem lösen müssen.

In der Bundespartei gibt man sich hinsichtlich dieser Gerüchte wortkarg, verweist nur darauf, dass nur die Vorsitzende darüber entscheidet, wer in ihrem Team ist und wer nicht. Aus Schieders Büro heißt es, dass sich der ehemalige geschäftsführende Klubobmann und Wiener Bürgermeisterkandidat zu den aktuellen Gerüchten nicht äußern möchte. Ob Schieder nach den Vorkommnissen der vergangenen Woche überhaupt noch zur Verfügung steht, konnte am Freitag nicht abschließend beantwortet werden.