Zum Hauptinhalt springen

Rekordandrang auf Altersteilzeit

Von Karl Ettinger

Politik

Wegen der Frühpensionsverschärfung und mehr älteren Beschäftigten hat sich die Zahl seit 2014 auf 40.000 verdoppelt.


Wien. Ab Jänner kommenden Jahres wird der Zugang erschwert, aber derzeit ist die Altersteilzeit als eine Art gleitender Übergang in die Pension äußerst beliebt. Dabei kann jemand beruflich kürzertreten bei einem teilweisen Lohnausgleich. Auffallend ist ein regelrechter Boom, seit 2014 der Zugang zur Hacklerfrühpension und der Invaliditätspension erschwert wurde. Von 18.214 Personen im Jahr 2014 ist die Zahl der Personen in Altersteilzeit laut Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS), die der "Wiener Zeitung" vorliegen, auf vorläufig 40.575 (siehe Grafik) heuer im September hochgeschnellt.

Neben der Verschärfung bei Frühpensionen wird von Experten vor allem auch die demografische Entwicklung als Hauptgrund für den starken Zulauf zur Altersteilzeit gesehen. Denn mit der Bevölkerungsgruppe der einstigen Babyboomer steigt inzwischen auch die Zahl älterer Beschäftigter, die dem Pensionsalter näherrücken.

Anhebung um zwei Jahre

Derzeit ist es möglich, dass Frauen ab 53 und Männer ab 58 Jahren die Altersteilzeit für fünf Jahre in Anspruch nehmen. Die ÖVP-FPÖ-Koalition hat aber als Begleitmaßnahme zum Budget die Hürde für den Antritt schrittweise erhöht. Das Zugangsalter zur Altersteilzeit wird 2019 und 2020 um je ein Jahr auf dann 55 Jahre für Frauen und 60 Jahre für Männer angehoben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent zu reduzieren. Die Hälfte der entstehenden Gehaltseinbuße wird per AMS-Zuschuss ausgeglichen.

Einen zusätzlichen Ansturm auf die Altersteilzeit vor der Verschärfung wird in den AMS-Geschäftsstellen zwar nicht registriert. Aber die Schar der Personen ist heuer und im Vorjahr noch deutlich größer geworden, der Trend hatte zuvor bereits drei Jahre lang nach oben gezeigt. Im Jahr 2016 waren 27.712 Personen in Altersteilzeit. Im Dezember des Vorjahres nutzten dann 35.956 ältere Beschäftigte diese staatlich geförderte Variante. Im September 2018 war es schon 40.575.

Der Arbeitsmarktexperte am Institut für Höhere Studien (IHS), Helmut Hofer, befürwortet die Anhebung des Zugangsalters zur Altersteilzeit, weil es näher an das gesetzliche Pensionsalter herangerückt wird. "Ich finde es durchaus systemkonform." Schließlich ist die Koalition bemüht, das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche von 60 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer im ASVG heranzuführen.

Es gibt zwei Varianten für die fünfjährige Altersteilzeit. Bei einem Modell wird die Arbeitszeit kontinuierlich während der Dauer reduziert. Bei der zweiten sogenannten Blockvariante wird zuerst weitergearbeitet und dann die Freizeit als Block in Anspruch genommen.

"Bei der Blockvariante bin ich sehr kritisch, weil es nichts anderes ist als eine Form der Frühpension", betont Hofer. Was die andere Möglichkeit einer kontinuierlichen Arbeitszeitreduktion betrifft, stellt er fest: "Wenn die Person wirklich nur mehr Teilzeit arbeiten kann, ist es vernünftig." Denn damit bleibt sie berufstätig. Anders sei es aber, wenn jemand nicht mehr Vollzeit arbeiten will und das lasse man "auch noch durch den Staat subventionieren", meint Hofer: "Das ist nicht der Sinn." Wenn man das Ziel habe, dass man die Lebensarbeitszeit verlängern wolle, wäre es seine "Idee", bei Teilzeit dann ein Jahr länger zu arbeiten.

Die lange Zeit besonders beliebte Blockvariante wurde 2013 von der SPÖ-ÖVP-Koalition schon einmal verschärft. Ab der Freizeitphase einer Person in Altersteilzeit muss seither eine Ersatzarbeitskraft (Arbeitsloser, Lehrling) eingestellt werden. Damit sollte dieses Modell auch für Unternehmen weniger attraktiv werden. Das hat dazu geführt, dass nur noch ein Drittel der Bezieher die Blockvariante in Anspruch nehmen, etwa zwei Drittel das Modell mit kontinuierlicher Arbeitszeitreduktion.

Heuer 434 Millionen an Kosten

Neben dem Aspekt, das Antrittsalter für die Altersteilzeit näher an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen, hat die amtierende ÖVP-FPÖ-Bundesregierung vor allem aus finanziellen Gründen das Zugangsalter schrittweise ab Anfang 2019 angehoben. Denn mit der steigenden Zahl an Personen in Altersteilzeit sind auch die Kosten in den vergangenen Jahren stark nach oben gegangen. Im Jahr 2010 lagen die Aufwendungen dafür bei 255 Millionen Euro. Inzwischen ist es deutlich mehr geworden.

Für das heurige Jahr hat das Arbeitsmarktservice die Kosten für die Altersteilzeit bereits mit 434 Millionen Euro veranschlagt. Damit werden die Gesamtausgaben für diese Maßnahme für ältere Beschäftigte seit der Einführung im Jahr 2000 bis Ende dieses Jahres auf insgesamt 5,9 Milliarden Euro steigen, wie im AMS errechnet wurde.

Weil die Maßnahmen für jene, die bereits in Altersteilzeit sind, noch bis zu fünf Jahre weiterlaufen, hat das Arbeitsmarktservice auch die Höhe der Vorbelastungen für die kommenden Jahre errechnet. Diese liegen von 2019 bis 2024 bei weiteren rund 1,2 Milliarden Euro.