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Hoher Besuch im Camp Haoush Er Rafqa

Von Thomas Seifert aus Beirut

Politik
Bundespräsident van der Bellen bei seinem Besuch im Lager.
© sei

Bundespräsident Alexander Van der Bellen macht sich im Libanon ein Bild von der Lage syrischer Flüchtlinge im Land.


Beirut. Haoush Er Rafqa, ein Flüchtlingslager wie zig andere im Libanon. Aus Zeltplanen und Holzgestellen gefertigte Notunterkünfte, Schotterpisten, Latrinen.

Montag ist ein besonderer Tag im Lager: Hoher Besuch ist angekündigt. Libanesische Soldaten im Tarnanzug, Spezialeinheiten in Schwarz, Fernsehteams, Journalisten, internationale Vertreter des Roten Kreuzes. Eine willkommene Abwechslung und ein willkommenes Zeichen, dass die Welt die syrischen Flüchtlinge noch nicht ganz vergessen hat.

Österreichs Bundespräsident Alexander van der Bellen besucht das Lager als ersten Programmpunkt seines dreitägigen Besuchs im Libanon, bei dem er am Dienstag politische Gespräche mit der Staats- und Regierungsspitze des Landes führt (darunter mit Präsident Michel Aoun) und am Mittwoch den rund 175 Bundesheer-Soldaten der UN-Blauhelmmission Unifil im Süden des Landes einen vorweihnachtlichen Besuch abstattet.

Es ist kalt im Lager, dunkle Wolken sind aufgezogen. Lisa Taschler, Chefin des Libanon-Büros des Österreichischen Roten Kreuzes, berichtet vom Schlamm im Winter und dass es vielleicht bald Schnee geben wird. In den Zelten werde mit Öfen eingeheizt, da komme es immer wieder zu gefährlichen Bränden.

Eine Million Flüchtlinge. Sechs Millionen Einwohner. 951.629 Schutzsuchende (zumeist aus dem benachbarten Syrien) hat das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR im Libanon gezählt, die in 217.034 Haushalten leben. Dabei hat das kleine Land am Mittelmeer nur rund 6,2 Millionen Einwohner. Kein Land der Welt hat pro Kopf mehr Menschen Zuflucht geboten als der Libanon. 71 Prozent dieser Flüchtlinge leben allerdings unter der Armutsgrenze, die im Libanon bei 3,84 Dollar pro Person und Tag angegeben wird - und das, obwohl auch das Rote Kreuz immer wieder finanzielle Unterstützung leistet.

Das 2015 errichteten Lager Haoush Er Rafqua ist ein kleiner Ausschnitt dieser Realität: Hier leben rund 400 Menschen - rund 90 Familien.

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Das österreichische Rote Kreuz sorgt mit Unterstützung der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeitsagentur (Austrian Development Agency/ADA) und gemeinsam mit seinen libanesischen Kollegen für Lagerinfrastruktur. Und so kommt es, dass man dem Bundespräsidenten eine Latrine zeigt: "Pro Familie gibt es eine Latrine, das ist auch eine Frage der Menschenwürde" und eine basismedizinische Betreuung.

Die medizinische Betreuung steht auch der libanesischen Bevölkerung zur Verfügung, "90 Prozent der Patienten machen syrische Flüchtlinge aus, 10 Prozent der Patienten kommen aus der lokalen Bevölkerung", berichtet Gerry Foitik, ein Vertreter des österreichischen Roten Kreuzes. Damit soll verhindert werden, dass es zu Spannungen zwischen den Einheimischen und den Flüchtlingen kommt.

Keine permanenten Camps

Die Libanesen - ein ethnisch-religiöses Mosaik (34 Prozent Schiiten, 22 Prohzent Sunniten, 22 Prozent maronitische Christen, sieben Prozent Drusen und sechs Prozent griechisch-orthodoxe Christen) stehen, so Foitik den schutzsuchenden Menschen aus dem Nachbarland Syrien durchaus "gastfreundlich" gegenüber, die Regierung möchte aber keine permanenten Flüchtlingscamps - wie sie etwa in Jordanien existieren.