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Ein Mann für wirklich jeden Fall

Von Konstanze Walther

Politik

Jared Kushner, Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, soll nun Stabschef werden.


Washington. "You are fired!" Das Motto aus Donald Trumps Reality Show "The Apprentice", bei der in jeder Folge jemand gefeuert wurde, hat sich nahtlos als einzig konstanter roter Faden in Trumps Präsidentschaft durchgezogen.

Nur eine Personengruppe ist bisher von Trumps Daumen-nach-unten-Spielen verschont geblieben: seine Verwandtschaft. Die wurde schon während des Wahlkampfes mit allerlei Beraterposten versehen. (Sohnemann Donald Junior hatte sich etwa einst mit einer russischen Staatsangestellten getroffen, um Material gegen Kontrahentin Hillary Clinton zu erhalten. Das hat ihm den Vorwurf der geheimen Absprachen mit einer fremden Nation eingebracht und ist Gegenstand von Untersuchungen seitens des Teams um Robert Mueller.)

Den Vogel bei der Postenanschaffung schoss aber Jared Kushner ab. Der Mann von Ivanka Trump ist der am Papier meistbeschäftigte Mitarbeiter der Trump-Administration. Er ist zuständig für den Frieden im Nahen Osten. Für die Verhandlungen des neuen nordamerikanischen Freihandelsabkommens. Für den Bau der Mauer zu Mexiko. Für den Handelsstreit mit China. Kurzum: Immer, wenn es schwierig wird, aber nicht so offiziell, dass der Senat der Ernennung zustimmen müsste, darf Kushner quasi informell ran.

Der Alleskönner wirkt - ohne Ergebnisse - im Verborgenen

Über seine Fähigkeiten herrschen geteilte Meinungen: Trump lobt ihn über den grünen Klee. Kritiker weisen daraufhin, dass Kushner öffentliche Auftritte und Reden wie die Pest meidet, noch keine Ergebnisse in irgendeiner Richtung präsentiert hat und ansonsten überhaupt ein Phantom geblieben ist.

Apropos Phantom: Kushner unterhält zudem enge Verbindungen zum saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der wegen der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi international in die Kritik geraten ist.

Und nun soll Kushner in engeren Auswahl sein, der neue Stabschef von Trump zu werden. Das ist die wahrscheinlich mächtigste Position, die Trump im Alleingang füllen könnte, ohne die Entscheidung von einer Kammer absegnen lassen zu müssen. Aber dieser Posten ist zu einem heißen Stuhl geworden, der offenbar extrem unattraktiv ist.

Denn dass Donald Trump jedem, aber auch wirklich jedem signalisiert, er oder sie sei ersetzbar, weil stets kündbar, führte dazu, dass die Jobs im Weißen Haus nicht mehr so begehrt werden, wie das noch vor kurzem der Fall war. Zu viel Stress bei zu wenig Prestige, zu viel Verantwortung bei zu wenig Handschlagqualität. Denn Trump im Hintergrund kümmert sich um kein Versprechen, dass an seiner statt sein Personal gegeben hat. Darunter soll etwa der zweite Stabschef des Präsidenten, General John Kelly, sehr gelitten haben. Dem wurde die ständige Unterminierung zu viel: Er hat seinen Rücktritt mit Jahresende eingereicht. Kelly löste Reince Priebus im Sommer 2017 ab - Priebus war nach nur einem halben Jahr im Amt Machtspielen im Weißen Haus zum Opfer gefallen. Der damalige Sprecher des Weißen Hauses, Anthony Scaramucci, machte Priebus etwa für Leaks zur Presse verantwortlich. Scaramucci bekam ein "You are fired!" zehn Tage, nachdem er zum Pressesprecher ernannt wurde. Das war übrigens die erste Amtshandlung des damals gerade neu ernannten Chief of Staff - John Kelly.

Und nun, nachdem Kelly seinen Rücktritt eingereicht hat, wird der Pool derer, die sich für den Job als Stabschef interessieren, immer kleiner. Hatte der Vier-Sterne-General Kelly nicht zuletzt auch gesagt, es sei der härteste Job gewesen, den er je gehabt habe, und "es war nicht der beste Job", den er je hatte. Er hat zuletzt auch gewitzelt, er wolle gar nicht mehr ans Telefon gehen, wenn Trump anrufe.

Ex-Außenminister Tillerson war "dumm wie Brot"

Wie Trump mit seinen Untergebenen umgeht, zeigt nicht zuletzt sein Tweet vom 7. Dezember: Darin lobt er seinen jetzigen Außenminister Mike Pompeo (seit April im Amt) und beleidigt auf Vorschulniveau dessen Vorgänger Rex Tillerson. Der ehemalige Geschäftsführer des Erdölkonzern ExxonMobil bekam ein im März 2018 ein "You are fired". Tillerson hatte es gewagt, Russland vorzuwerfen, für instabile Verhältnisse zu sorgen.

Jetzt trat Trump noch einmal gehörig auf Twitter hinterher: "Pompeo macht einen großartigen Job. Sehr stolz auf ihn." Sein Vorgänger, Rex Tillerson, hätte nicht die notwendige mentale Kapazität. "Er war dumm wie Brot und ich konnte ihn gar nicht schnell genug loswerden. Er war auch unglaublich faul", twitterte Trump.

Es herrscht also eine Arbeitsatmosphäre in der Trump Administration, die zu wünschen übrig lässt. So verwundert es nicht, dass der bisherige Favorit für die Rolle des Stabschefs für Trump, nämlich der bisherige Stabschef von Vize-Präsident Mike Pence, Nick Ayres, absagte. Er wollte weder aufsteigen noch in der Nähe bleiben - denn er kündigte gleichzeitig seinen Rückzug aus dem Weißen Haus an. Auch der erzkonservative Abgeordnete Mark Meadows winkte ab: kein Interesse.

Da muss jetzt wohl die Familie ran.