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Trump im Irak: Weihnachtsgruß mit klarer Botschaft

Von WZ-Korrespondentin Birgit Svensson

Politik

Seit seinem Amtsantritt hatte sich Präsident Trump nicht bei US-Kampftruppen im Ausland blicken lassen - bis jetzt. Sein Besuch im Irak trägt eine klare Botschaft: Einen Rückzug der USA wird es dort nicht so schnell geben.


Bagdad. Die Stoßrichtung des US-Präsidenten ist klar: raus aus Syrien, rein in den Irak. Deutlicher hätte das Signal nicht ausfallen können, das Donald Trump an Weihnachten sendete, als er am Mittwochabend die amerikanischen Soldaten im Irak besuchte. Die Vereinigten Staaten "können nicht weiter der Weltpolizist sein", sagte er auf dem Luftwaffenstützpunkt Al-Asad in der Provinz Anbar, die im Nordwesten an Bagdad grenzt. In diesem Zusammenhang verteidigte Trump auch seine Pläne für einen vollständigen Abzug der US-Truppen aus Syrien. Dem Einsatz dort sei mittlerweile "genug Zeit" gegeben worden, so Trump. Außerdem sei die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien "weitgehend besiegt".

Dass dem nicht so ist, müsste auch Trump inzwischen erfahren haben. Gerade in Syrien kontrolliert der IS noch ein zusammenhängendes Territorium um Deir ez Zor, nahe der Grenze zum Irak. Im Irak selbst ist die Provinz Anbar, wo sich der Stützpunkt befindet, dem der US-Präsident seinen Besuch abstattete, wieder heftig umkämpft. Besonders an der Grenze zu Syrien um die Stadt Al Qa’im gibt es fast täglich wieder Überfälle und Angriffe der Dschihadisten. Beobachter sprechen von einem regen Austausch terroristischer Akteure zwischen Syrien und dem Irak.

Irak bleibt durchBodenschätze attraktiv

"Wir möchten nicht mehr von Ländern ausgenutzt werden, die uns und unser unglaubliches Militär nutzen, um sich zu schützen. Sie zahlen nicht dafür!", führte der Präsident seine Begründung für den Rückzug aus Syrien weiter aus. Es sei nicht fair, wenn allein die Vereinigten Staaten diese Last trügen. Mit Blick auf die zahlreichen US-Militäreinsätze in der Welt betonte Trump: "Wir sind auf der ganzen Welt verteilt. Wir sind in Ländern, von denen die meisten Menschen noch nicht einmal gehört haben. Ehrlich gesagt, es ist lächerlich."

In den ersten beiden Sätzen steckt der wahre Grund für den angekündigten Rückzug der US-Truppen aus Syrien, aber auch aus Afghanistan. Aus diesen Ländern ist nichts rauszuholen für die USA. Syrien ist weitgehend wieder in der Hand des Diktators Bashar al-Assad, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieser jemals einen Deal mit Washington vereinbaren wird. Außerdem ist Syrien nicht sehr reich an Bodenschätzen. Es gibt kaum Öl und Gas. Dieselbe Situation besteht in Afghanistan. Die Taliban breiten sich immer weiter aus, die Anschläge häufen sich, die Amerikaner sind in der Defensive. Insider berichten, dass Trump über eine deutliche Reduzierung der US-Truppen in Afghanistan nachdenke. Mehr als 5000 der 14.000 US-Soldaten dort könnten in ihre Heimat zurückkehren, hatte ein mit dem Vorhaben vertrauter Regierungsmitarbeiter kürzlich berichtet. Denn wie in Syrien gibt es auch in Afghanistan kaum etwas, das der Doktrin des Präsidenten - "America First" - entsprechen könnte.

Ganz anders im Irak. Das Land zwischen Euphrat und Tigris hat die zweitgrößten Ölvorkommen der Welt, und auch Gas ist reichlich vorhanden. Amerikanische Großkonzerne wie Exxon Mobil, Chevron und andere haben in letzter Zeit gewinnträchtige Verträge zur Öl- und Gasförderung unterschrieben, General Electric (GE) will einen Großauftrag zur Stromgewinnung an Land ziehen und so den Konzern vor dem Untergang retten. Dafür hat sich die Trump-Administration massiv eingesetzt, um den Konkurrenten Siemens auszubooten.

Dass jetzt der Chef persönlich, nebst First Lady in Bagdad vorbeischaut, zeigt das Gewicht, das Trump dem Auftrag beimisst. Der Präsident und Melania Trump seien in den Irak geflogen, um den US-Soldaten vor Ort "für ihr Engagement, ihren Erfolg und ihr Opfer zu danken und um ihnen Frohe Weihnachten zu wünschen", twitterte Trumps Sprecherin Sarah Sanders. So kaschiert man den wahren Grund. Kurz vor Weihnachten wurde bekannt, dass Siemens und GE sich geeinigt hätten: Die Deutschen machen Strom im Süden des Iraks, die Amerikaner im Norden. Ob es nach dem Besuch von Trump dabei bleibt, ist allerdings fraglich.

Iran profitiert vonTrumps Politik

Trump versicherte den Irakern, dass es für einen Rückzug amerikanischer Soldaten aus dem Irak keinerlei Pläne gebe, im Gegenteil. Man könne den Irak als Stützpunkt verwenden, falls die "USA etwas in Syrien unternehmen" müssten, sagte der Präsident. Dass für Trump rein wirtschaftliche Gründe für seine Entscheidungen ausschlaggebend sind, zeigt das Szenario im Nahen Osten nur zu deutlich.

Politische Beweggründe sind oft nur vorgeschoben. So ist es wenig vermittelbar, dass die Gegnerschaft zum Iran Trumps Entscheidungen leitet. Während er im Irak gewillt ist, den enormen Einfluss des Nachbarn zurückzudrängen, bewirkt sein Rückzug aus Syrien gerade das Gegenteil. Als Unterstützer Assads bekommt das Ajatollah-Regime aus Teheran noch mehr Gewicht, als es ohnehin schon hat. Eine verstärkte Bedrohung Israels durch iranische Truppen auf der syrischen Seite der Golanhöhen ist nicht mehr auszuschließen. Als ausgewiesener Freund des Judenstaates ist Trumps Entscheidung mit politischen Motiven daher nicht zu erklären.

Vor einer Woche ist US-Verteidigungsminister James Mattis im Streit mit Trump über dessen Politik zurückgetreten. Mattis hatte sich wiederholt für eine starke US-Präsenz in Afghanistan und gegen einen Rückzug aus Syrien ausgesprochen. Auf dem Rückflug aus dem Irak legte Trump einen Zwischenstopp in Deutschland ein. Die Air Force One landete am frühen Donnerstagmorgen auf dem Stützpunkt Ramstein der US-Luftwaffe in Rheinland-Pfalz.