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Wer ist der Stärkere?

Von Michael Schmölzer

Politik

US-Präsident Trump und die Demokraten liefern sich ein Kräftemessen der Extraklasse. Die Bürger staunen - und leiden.


Washington/Wien. Für Präsident Donald Trump liegt die Sache klar auf der Hand: Die US-Grenze zu Mexiko ist noch immer nicht von einer Mauer geschützt, "kriminelle Elemente", so Trump, könnten in Massen ungehindert ins Land strömen - eine Krise also. Das Recht zur Ausrufung des Nationalen Notstandes hat Trump und es gibt ihm unter Umständen auch die Möglichkeit, Geldmittel abzuzweigen, die er für den Mauerbau braucht. Mehr als 5 Milliarden Dollar hat der Präsident für das Bauwerk veranschlagt.

Die Demokraten wollen ihm den Betrag nicht zubilligen und weisen darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Ausrufung des Nationalen Notstandes nicht gegeben sind. Man werde, so die Trump-Gegner, einen derartigen Schritt nicht tolerieren und gerichtlich bekämpfen - was ein langes Verfahren nach sich zöge.

Wenig Spielraum

Beide Seiten, Präsident und Demokraten, haben sich in einen Stellungskrieg eingegraben. Der "Shutdown" zieht sich bedenklich in die Länge. Ein Teil der US-Behörden hat geschlossen, es werden den Beamten keine Gehälter gezahlt, bis man sich auf einen Kompromiss in Sachen Mauer geeinigt hat. Weder US-Präsident noch die Opposition machen allerdings Anstalten, sich auf den anderen zuzubewegen.

Daran dürfte sich so schnell nichts ändern, auch wenn der Stillstand in den kommenden Wochen beendet sein wird. Das aufgeheizte politische Klima lässt den innenpolitischen Kontrahenten keinen Spielraum für gemeinsame Entscheidungen. Bei den Demokraten bringen sich die ersten Kandidaten in Stellung, die Trump 2020 bei den Präsidentschaftswahlen herausfordern wollen. Da heißt es: Härte zeigen.

Schmerzhafter Lohnausfall

Rund 800.000 Staatsangestellte sind im Zwangsurlaub oder arbeiten, bekommen ihr Geld aber nicht. Das ist ein Problem, da sich viele Familien von Gehaltscheck zu Gehaltsscheck hanteln und nicht in der Lage sind, etwas zur Seite zu legen. Viele sind verschuldet, Bauern warten auf dringend benötigte Zuschüsse. Ob die sehnsüchtig erwarteten Steuerrückzahlungen rechtzeitig überwiesen werden können, ist ebenfalls unsicher. In New York kostet eine Durchschnittswohnung 3000 Euro pro Monat. Ein Gehaltsausfall bringt hier erhebliche Probleme mit sich.

Immobilien-Milliardär Trump, von Reportern befragt, ob er die Nöte der einfachen Menschen kenne, meinte, dass er sie nachvollziehen könne ("I can relate"). Viele der Betroffenen wären aber zu hundert Prozent in seinem Lager und hätten für die Maßnahmen Verständnis.

Es ist ein reines Kräftemessen, dass sich der US-Präsident und die Demokraten liefern. Ob ein Kompromiss gefunden wird und wie der aussehen könnte, bleibt unklar. Die Demokraten, die seit Jänner im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, können nicht einlenken - zu viele Wähler haben zu viele Hoffnungen in die Gegner des Präsidenten gesetzt. Und Donald Trump hat noch die Schlachtgesänge seiner Fans im Wahlkampf ("Build that wall!") im Ohr. Generell ist Einlenken nicht Trumps Sache, jetzt muss er hart bleiben, um sich vor der Wählerbasis keine Blöße zu geben. Dazu kommt, dass der US-Präsident eine Dekonstruktion des Staates immer begrüßt hat. So gesehen ist ein "Shutdown" das, was er und viele seiner Berater sich insgeheim oder ganz offen gewünscht haben.

Beobachter gehen davon aus, dass der Stillstand noch einige Zeit, aber nicht ewig andauern kann. Spätestens, wenn die US-Wirtschaft Schaden nimmt, wären die Streitparteien wohl zu einem Kompromiss genötigt. Noch ist das Chaos in den USA nicht ausgebrochen, vor allem deshalb, weil die Fluglotsen - noch - nicht streiken. Sie arbeiten vorerst, ohne ein Gehalt zu bekommen.

Krankmeldungen nehmen zu

Verschiedene US-Medien berichten aber, dass den Betroffenen langsam der Geduldsfaden reißt. Bei den Sicherheitskräften, die nicht streiken dürfen, mache sich ein "Sick-out" als Protest bemerkbar, heißt es. Die Transportsicherheitsbehörde TSA räumte ein, dass die Zahl der Krankmeldungen seit Weihnachten deutlich zugenommen habe. Der Sender CNN berichtet, dass es allein an New Yorks großem Flughafen John F. Kennedy Tag für Tag 170 Krankmeldungen gebe.

Nach dem Ende des "Shutdowns" sollen die Gehälter rückwirkend gezahlt werden.

Eine Umfrage, die von CNN zitiert wird, besagt, dass eine Mehrheit der US-Amerikaner Trump und die Republikaner für den Stillstand verantwortlich machen. Rund 55 sehen die Schuld bei Trump, 35 Prozent bei den Demokraten.

Trump hat angekündigt, dass er am Donnerstag direkt an die Grenze zu Mexiko fahren und mit Einsatzkräften sprechen wolle, die sich dort um Grenzsicherung kümmerten.