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Die erste Wahl, die Trump nicht kannte

Von Konstanze Walther

Politik

Donald Trump hat William Barr als Justizminister nominiert. Barr hatte das Amt bereits unter George Bush sen. inne und sammelte damals Erfahrungen mit unliebsamen FBI-Direktoren. Heute sind die Mueller-Ermittlungen die Gretchenfrage.


Washington. William Barr ist laut US-Präsident Donald Trump seine erste Wahl. Barr sei ein "toller Mann, eine tolle Person, ein brillanter Mann", wirbt Trump für seine Nominierung für das Amt des Justizministers. Trump sagte allerdings auch, er habe Barr bis vor kurzem nicht gekannt.

Doch der 68-jährige Barr scheint für Trump wirklich die perfekte Wahl zu sein. Der Jurist kennt die Bürde des Amtes: Er war schon Justizminister unter George H.W. Bush Anfang der 1990er Jahre. In seine Amtszeit fallen die schwersten ethnischen Unruhen in den USA seit Jahrzehnten im Mai 1992 in Los Angeles, die sich an dem erstinstanzlichen Freispruch von Polizisten entzündet hatten, die einen schwarzen Autofahrer misshandelten - Rodney King.

Und Barrs Expertise reicht noch weiter: Er war die treibende Kraft hinter der Entlassung eines FBI-Direktors.

Der damalige FBI-Direktor, William Sessions (nicht verwandt mit dem kürzlich gefeuerten Justizminister Jeff Sessions) und Barr hatten eine offene Kontroverse. FBI-Direktor William Sessions sprach sich für einen Sonderermittler aus, der die Kreditvergabe einer Bank auf US-Territorium an den Irak untersuchen sollte, der mit dem Geld die Aufrüstung und schließlich den Einmarsch in Kuwait finanzierte. Angeblich wäre das US-Justizministerium davon informiert gewesen.

Das Absägen des FBI-Direktors

Daraufhin schrieb Justizminister Barr am Ende seiner Amtszeit ein Memorandum, in dem er William Sessions mehrerer Verstöße in Sachen Steuern sowie Disziplinarvergehen bezichtigte.

In einem TV-Interview vermutete Sessions damals, dass seine "Unabhängigkeit, vielleicht einige laufende Ermittlungen" des FBI, die Motive für die Untersuchungen gegen ihn seien. In der "New York Times" nannte der FBI-Direktor namentlich William Barr.

Da half es auch nicht, dass sich die Witwe des ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King, Coretta Scott King, sowie der frühere UN-Botschafter und Bürgermeister von Atlanta, Andrew Young, hinter William Sessions gestellt hatten. Dieser habe geholfen, die Differenzen zu überbrücken, die zwischen dem FBI und Menschenrechtsgruppen bestanden haben, erklärten King und Young.

Als Bill Clinton 1993 das Präsidentenamt übernahm, galt William Sessions als angezählt und untragbar - Sessions wurde der erste FBI-Direktor, der gefeuert wurde. (James Comey wurde 2017 der zweite, der gefeuert wurde. Diesmal selbstverständlich von Trump.)

Kurzum: William Barr hat genügend Erfahrung mit Diskussionen um Sonderermittler und unliebsame FBI-Direktoren. Das wird bei der Auswahl für den nächsten Justizminister durchaus eine Rolle gespielt haben - die Neubesetzung wurde notwendig, nachdem Trump eben auch Jeff Sessions vergangenes Jahr im November gefeuert hatte.

"Bob wird die Arbeit vollenden"

Die Gretchenfrage, die sich William Barr nun in dem zweitägigen Anhörungsverfahren vor dem US-Justizausschuss stellen lassen muss: Wie hält er es mit den Russland-Untersuchungen, die vom ehemaligen FBI-Direktor Robert Mueller als Sonderermittler geleitet werden?

Barr hat sich in der Vergangenheit kritisch zu Muellers Untersuchung geäußert. Vor dem US-Senat erklärte er am Dienstag diplomatisch, seines Erachtens sei es keine "Hexenjagd" auf Trump, denn dafür würde sich Robert Mueller doch nicht hergeben. Barr betonte auch, dass Jeff Sessions das Richtige getan habe, indem er sich bei den Russland-Untersuchungen für befangen erklärte und damit keinen Hebel mehr hatte, die Ermittlungen zu beeinflussen. Eine Tatsache, die Trump angeblich erzürnt hatte.

"Bob (Mueller, Anm.) wird erlaubt, seine Arbeit zu vollenden", erklärt Barr. Und Trump werde den Mueller-Report später nicht ändern können. Übrigens glaubt auch Barr, dass Russland sich bei den Wahlen 2016 ungebührlich eingemischt habe.

Allerdings schrieb Barr vergangenes Jahr einen Report, in dem er erklärte, die Mueller-Untersuchungen würden "von falschen Voraussetzungen ausgehen".

Eine Meinung Barrs hat sich inzwischen jedenfalls schon gewendet: Barr nannte ein Whistleblower-Gesetz ("False Claimes Act") eine "Scheußlichkeit", die gegen die Verfassung verstoße. Aber am Dienstag erklärte Barr, dass er das Gesetz selbstverständlich ehren werde.